Das Logo der chinesischen Bank ICBC
Der einst zweite Mann an der Spitze der Bank ICBC, Zhang Hongli, wurde verhaftet. Er ist nicht der erste Geschäftsmann, der in China verhaftet wird oder zeitweise verschwindet.
REUTERS/Florence Lo

Die "kontinuierliche Revolution" war ein Konzept Mao Tse-tungs, um sich seine Macht gegen interne Konkurrenten zu sichern. Die Gesellschaft sollte nie Ruhe finden, sondern sich in einem permanenten Zustand der "Säuberung" befinden. Das China Xi Jinpings hat zwar mit den 1970er-Jahren nicht mehr viel zu tun. Die vielen Verhaftungen aber deuten darauf hin, dass der chinesische Präsident dem Konzept durchaus etwas abgewinnen kann. Das chinesische Wirtschaftsgeschehen ist derzeit geprägt von sich widersprechenden Tendenzen und Entwicklungen. Anfang der Woche wurde – mal wieder – ein hochrangiger Geschäftsmann festgenommen. Dieses Mal erwischte es Zhang Hongli, der von 2012 bis 2018 der zweite Mann an der Spitze der Industrial and Commercial Bank of China, kurz ICBC, war. Die staatliche Bank gilt mit einer Marktkapitalisierung von 300 Milliarden US-Dollar als eine der größten der Welt. 2018 begann Zhang für den Vermögensverwalter Hopu Investment zu arbeiten.

Festgenommen wurde im Juli auch Zhao Bingxian, der als "Chinas Warren Buffet" bekannt ist. Zhaos Inhaftierung wurde erst in den vergangenen Tagen bekannt. Auch der Gründer des angeschlagenen Immobilienkonzerns Evergrande ist aktuell in Haft.

Wirtschaftsgranden "verschwinden"

Immer wieder wurden in den vergangenen Jahren wichtige Geschäftsleute verhaftet beziehungsweise als "verschwunden" gemeldet. Der prominenteste ist Alibaba-Gründer Jack Ma, der bei einer Rede im Herbst 2020 den Unmut des traditionellen Bankensektors auf sich gezogen hatte. Ma tauchte einige Monate später "geläutert" wieder auf und tritt seitdem nur noch als Privatmann in Erscheinung. Xi Jinping hatte seine Amtszeit 2013 mit einer großen Antikorruptionskampagne begonnen. Der fielen damals vor allem politische Gegner zum Opfer. In den folgenden Jahren blieb es zunächst ruhig, bis die Verhaftungen jüngst wieder an Fahrt aufgenommen haben.

Nicht nur wegen der geopolitischen Spannungen, sondern auch aufgrund der unsicheren Rechtslage zieht sich ausländisches Kapital vermehrt aus China zurück: Im dritten Quartal dieses Jahres verließen 11,8 Milliarden US-Dollar das Land. Zum ersten Mal seit 1998 waren die Abflüsse größer als die Zuflüsse. Allein im Oktober sollen internationale Investmentfonds drei Milliarden an chinesischen Vermögenswerten verkauft haben. Und laut einer Umfrage der Europäischen Zentralbank wollen rund die Hälfte der befragten Großkonzerne ihr Engagement in der Volksrepublik verringern.

Entspannung zwischen USA und China?

Gleichzeitig sind da Silberstreifen am Horizont: Zwar ist es noch nicht offiziell bestätigt, höchstwahrscheinlich aber dürfte Xi kommende Woche zum Apec-Treffen nach San Francisco reisen. Dies gilt als Zeichen der Entspannung zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt. Der Internationale Währungsfonds hat zudem seine Wachstumsprognose für China um 0,5 Punkte auf 5,4 Prozent für dieses Jahr angehoben. Die Nachrichten aus China sind dieser Tage gemischt und widersprüchlich. Aber genau das entspricht ziemlich genau dem Konzept der kontinuierlichen Revolution. (Philipp Mattheis, 8.11.2023)