Die nächste Klimakonferenz steht vor der Tür: Ende des Monats werden Verhandlerinnen und Verhandler aus aller Welt in Dubai zusammentreffen, um darüber zu diskutieren, wie die Erderhitzung möglichst bei 1,5 Grad eingedämmt werden kann. Die Ausgangslage ist miserabel: Die weltweit bis 2030 geplanten Fördermengen an fossilen Brennstoffen sind doppelt so hoch, wie sie mit der Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels vereinbar wären. Das ist das Fazit eines am Mittwoch veröffentlichten Berichts des UN-Umweltprogramms Unep.

Damit handeln die Regierungen diametral zu ihren eigentlichen Versprechen: Weltweit haben sich 151 Länder zur Klimaneutralität bekannt – und auch schon Initiativen gestartet, um ihre Emissionen zu reduzieren. Doch keiner der 20 analysierten Staaten hat sich laut dem Bericht verpflichtet, die Produktion und Verwendung fossiler Brennstoffe so weit zu reduzieren, dass sie mit dem 1,5-Grad-Ziel vereinbar wären. Demnach wird die Kohleproduktion noch bis 2030 weiter ansteigen, die globale Öl- und Gasförderung noch bis Mitte des Jahrhunderts zunehmen. Die untersuchten Länder sind zusammen für mehr als 80 Prozent der Produktion und 73 Prozent des Konsums fossiler Rohstoffe verantwortlich.

Eine Ölförderanlage ist im Sonnenuntergang zu sehen.
Die Förderung von Öl, Kohle und Gas hat nach wie vor nicht ihren Höhepunkt erreicht.
AP/Matthew Brown

"Die Pläne der Regierungen, die Produktion fossiler Brennstoffe auszuweiten, untergraben die Energiewende, die notwendig ist, um Netto-Null-Emissionen zu erreichen, schaffen wirtschaftliche Risiken und stellen die Zukunft der Menschheit infrage", kritisiert Unep-Direktorin Inger Andersen. Viele Staaten würden auf Gas als Überbrückungstechnologie setzen – ohne einen konkreten Plan zu haben, wie man davon wieder wegkommen solle.

Wie wichtig die Energiewende nicht nur für das Klima, sondern auch für die Umwelt ist, zeigt eine aktuelle Erhebung der Boston Consulting Group (BCG) und des WWF. Darin wurde anhand bestehender Studien verglichen, wie das Jahr 2050 aussehen könnte – je nachdem, ob weitergemacht wird, wie bisher oder eine rasche Energiewende stattfindet. Die Autorinnen und Autoren orten "eklatante Unterschiede" zwischen den Modellen.

Zwei Szenarien

Im Business-as-usual-Szenario, bei dem sich der Planet um rund 3,2 Grad bis zum Ende des Jahrhunderts erhitzen würde, wären viele Tiere und Pflanzen vom Aussterben bedroht. Im zweiten Szenario, bei dem die Erhitzung bei 1,5 Grad begrenzt und eine entsprechend schnelle Energiewende stattgefunden hätte, wären die Risiken für die Biodiversität um 76 Prozent geringer, heißt es in dem Papier. Der starke Temperaturanstieg würde demnach zu viermal mehr Artenverlust führen als in dem klimafreundlichen Szenario. In dem würde erneuerbare Energie 85 Prozent der globalen Primärenergieversorgung ausmachen.

Das zweite Szenario würde aus Sicht der Autorinnen und Autoren viele gesellschaftliche Vorteile mit sich bringen. Bis 2050 würden so 36 Millionen mehr Jobs im Energiebereich entstehen – 2,6-mal mehr als im ersten Szenario. Zudem wäre das Armutsrisiko signifikant niedriger wie auch das Risiko von Hitzestress oder die Zahl jener Menschen, die zu wenig Zugang zu Wasser haben.

Darüber hinaus würde das zweite Szenario zu einer Verbesserung der Luft- und Wasserqualität führen. Und auch Bodenverlust und Bodendegradation durch Klimafolgen würden um 50 Prozent sinken.

Mehr seltene Erden notwendig

In diesem zweiten Szenario wäre allerdings die Nachfrage nach seltenen Erden, etwa nach Lithium oder Kobalt, um zwei- bis 15-mal höher. Das mache Regeln notwendig, damit der Abbau ökologisch und sozial nachhaltig geschehen kann. Dazu zählen die Autoren etwa ZertifizierungsStandards im Bergbau oder verstärktes Recycling.

Ob jenes klimafreundliche Szenario durch die Konferenz in Dubai näherrücken könnte, bleibt offen. UN-Generalsekretär António Guterres forderte Regierungschefs angesichts der anstehenden Konferenz einmal mehr zum Handeln auf: "Wir können die Klimakatastrophe nicht bewältigen, ohne ihre Grundursache anzugehen: die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen", sagte er am Mittwoch. (Nora Laufer, 8.11.2023)