Es hätte eine Art Befreiungsschlag werden sollen: Vor wenigen Wochen holte René Benko den deutschen Sanierungsexperten Arndt Geiwitz zu Signa, damit er beim dringend notwendigen Umbau der Immobilien- und Handelsgruppe beratend tätig werde. Doch die turbulenten Ereignisse der darauffolgenden Wochen haben gezeigt, dass es bei diesem Beratungsjob für Geiwitz nicht bleiben wird.

In der Wiener Signa-Zentrale auf der Freyung wurde in den letzten Tagen intensiv verhandelt.
In der Wiener Signa-Zentrale auf der Freyung wurde in den letzten Tagen intensiv verhandelt.
EPA/CHRISTIAN BRUNA

Ende voriger Woche spitzte sich die Lage dann zu: Benkos Mitinvestoren rund um den Bauunternehmer Hans Peter Haselsteiner forderten nicht weniger als Benkos Entmachtung. Nach tagelangen, harten Verhandlungen gab es Mittwochmittag ein Ergebnis: Benko übergibt an Geiwitz. Letzterer wird sowohl Beiratsvorsitzender der Signa als auch Vorsitzender des Gesellschafterkomitees. Was Benko bleibt, ist das Mehrheitseigentum an der Gruppe, das er über seine Stiftungen hält.

Video: Benko gibt Vorsitz im Signa-Beirat an Geiwitz ab
APA

"Es gilt nun, Vertrauen wiederherzustellen, dazu will ich meinen Beitrag leisten", ließ Benko via Aussendung wissen. Geiwitz sekundierte, dass es jetzt "Ruhe und Ordnung" brauche, "um langfristige Lösungen zu finden". Beide forderten alle "Stakeholder" auf, die Signa zu "unterstützen".

Pleitegefahr

Laut Medienberichten benötigt Benkos Signa heuer noch rund 400 Millionen Euro, um nicht pleitezugehen. Geiwitz jedenfalls wird nun alle Geschäftsbereiche der Signa "mit Hochdruck" überprüfen, wie es in einer Aussendung hieß. Dafür hat die Signa auch externe Berater engagiert, die "ein ganzheitliches Konzept für die Gruppe erarbeiten" sollen.

Ein wichtiger Punkt in den Verhandlungen war, wie mit Benkos Stimmrechten verfahren werden soll. Über seine Stiftungen und Gesellschaften hält der 46-jährige Tiroler die Mehrheit am Konzern, im Gespräch war eine Stimmübertragung an Geiwitz, allenfalls befristet auf zwei Jahre.

Tatsächlich hat der Sanierer nun das Sagen, Benko ist raus – obwohl Geiwitz weder Benkos Stimmrechte noch dessen Anteile übertragen bekommen haben soll. Eine komplexe rechtliche Lösung sorgt dafür, dass Geiwitz Benkos Stimmrechte repräsentiert, auch ohne Übertragung. Eine zeitliche Limitierung gibt es dabei nicht, wie Insider dem STANDARD erklären.

Investoren wollten raus

Offen bleibt die Frage, wie viel Geld die Investoren nun der Signa zukommen lassen. Immerhin war Benkos Rücktritt die Bedingung der Investoren, um Liquidität zuzuschießen, die die Gruppe zur Sicherung ihrer Existenz braucht. Zuletzt hatten deutsche Medien berichtet, dass sich einzelne Geldgeber wie der Unternehmensberater Roland Berger auszahlen lassen wollen, statt der Signa Geld zu geben. Wie viel nun fließen soll, bleibt unklar.

Die extrem intransparente Signa hatte zuletzt eine Bilanzsumme von rund 27 Milliarden Euro und war einer der schnellstwachsenden Immobilien- und Handelskonzerne Europas. Die Krise im Handel, sinkende Immobilienpreise und daraus resultierende Abwertungen bei steigenden Zinsen waren das giftige Gebräu, das die Signa in wilde Probleme führte.

Benko selbst hat seit seinem Ausstieg aus allen offiziellen Unternehmensfunktionen im Jahr 2013 stets betont, nicht mehr ins operative Geschäft involviert zu sein. Er sei nur noch Beiratsvorsitzender – und als solcher quasi nur noch beratend tätig.

Beirat schweigt

Tatsächlich ist die Rolle des Beirats, dessen Vorsitz nun an Geiwitz geht, unklar. Um ein offizielles Unternehmensorgan handelt es sich nicht, aber laut Website um einen "strategischen Beraterkreis". Er ist hochkarätig besetzt, unter anderem mit Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ), Wüstenrot-Chefin und Ex-Vizekanzlerin Susanne Riess-Hahn (FPÖ), Ex-Casinos-Austria-Chef Karl Stoss oder Ex-RBI-Banker Karl Sevelda. Ein Insider nennt den Berater "ein beratendes Organ für jene, die beraten werden wollen". Im Übrigen habe das Gremium als solches nie getagt; Vorsitzender Benko habe vielmehr Einzelgespräche mit seinen Mitgliedern geführt.

Bis zum Schluss haben die hochrangigen Beiratsmitglieder das geschäftliche Talent Benkos über alle Maßen gelobt, zuletzt noch in der ORF-Doku Der talentierte Herr Benko. Heute hüllen sie sich in Schweigen. (Renate Graber, Joseph Gepp, 8.11.2023)