Lehrling im Trockenbau
Lehrlinge wollen sich zwar aktiv einbringen, ihre Freizeit soll aber nicht darunter leiden.
IMAGO/Sven Simon

Mehr junge Menschen in eine Lehre zu bringen wird für viele Firmen immer wichtiger. Der akute Fachkräftemangel macht es unumgänglich, Lehrstellen attraktiv zu gestalten und gute Chancen zu bieten – quer durch alle Branchen. "Österreichs Unternehmen stellen deutlich mehr Lehrlinge ein, dennoch konnten mit Ende des ersten Quartals viele Tausend Lehrstellen nicht besetzt werden", betonte im April Mariana Kühnel, stellvertretende Generalsekretärin der Wirtschaftskammer Österreich. Es gebe einen regelrechten Lehrlingsmangel.

Um den Mangel irgendwann auszugleichen, braucht es auch ein Verständnis dafür, was Lehrlinge in der Ausbildung wirklich brauchen und was sie an eine Lehrstelle binden kann. Daran, das zu erforschen, hat sich nun die ÖBB zusammen mit dem Meinungsforschungsinstitut "Das Zielgruppen Büro" in einer Lehrlingsstudie gewagt.

Über 1.700 Jugendliche – darunter ÖBB-Lehrlinge und auch Jugendliche ohne Firmenbezug – wurden dazu befragt, was ihnen bei Ausbildung und Beruf wichtig ist und was sie von einem Arbeitgeber heutzutage erwarten. Mit der Untersuchung sollte ein Bild von den Wünschen und Anliegen von Jugendlichen in Ausbildung und im Berufsleben gewonnen werden.

Krisenfest angestellt

Eine solide Ausbildung in einem krisenfesten Unternehmen ist für die befragten Jugendlichen der Grundstein, um sich in Zukunft und am Arbeitsmarkt sicher zu fühlen. Wichtig ist ihnen laut Ergebnissen ein wertschätzendes Arbeitsumfeld und ein gutes Verhältnis zu Kolleginnen und Ausbildnern. Sie zeigen eine hohe Bereitschaft, sich in Ausbildung und Beruf zu engagieren, legen jedoch besonders großen Wert darauf, eine klare Grenze zwischen Beruf und Freizeit zu ziehen.

Die ÖBB ortet durch die Studie bei sich eine hohe Zufriedenheit, drei Viertel der befragten Lehrlinge würden auch nach der Lehre bei dem Konzern bleiben wollen. Trotzdem soll weiter an der Zufriedenheit der aktiven Lehrlinge gearbeitet werden: Mit nur 21 Prozent weiblichen Lehrlingen wäre hier noch Verbesserungsbedarf, sagt ÖBB-Infrastruktur-Vorständin Silvia Angelo.

Vor allem um die Generation Alpha (ab 2010 Geborene) werden Unternehmen nun immer stärker buhlen müssen. In einer Untersuchung widmeten sich die Jobplattform Hokify und die Wirtschafts-Uni Wien den Wünschen dieser Generation in Hinblick auf den Arbeitsmarkt. Das Projekt zeigt, dass Alphas hyperdigital und hyperflexibel sind und Erfüllung in ihrer Arbeit suchen. Sie arbeiten gern kreativ und können gut mit vielseitigen Umständen wie technologischen Neuerungen und interkultureller Zusammenarbeit umgehen. Auch legen sie Wert auf Flexibilität und zwischenmenschliche Beziehungen.

Bessere Bezahlung

Auch das Institut für Markt- und Sozialanalyse (Imas) hat im Auftrag der Initiative Zukunft.Lehre.Österreich. (Z.L.Ö.) im Frühjahr ähnliche Ergebnisse bei einer Umfrage bekommen. Grundsätzlich seien sie mit ihrer Ausbildungswahl zufrieden, zentrale Motive für ihren Ausbildungsweg seien Freiheit und finanzielle Unabhängigkeit.

"Die Möglichkeiten, die sich nach Abschluss der Lehre auftun, werden als vielfältig wahrgenommen. Gleichzeitig ist aber auch die Annahme, dass andere Schultypen immer noch einen besseren Aufstieg ermöglichen, fest in den Köpfen der Lehrlinge verankert", heißt es von Paul Eiselsberg, Senior Research Director Imas. Neben dem Image gibt es aus Sicht der Lehrlinge Verbesserungspotenzial bei der Bezahlung, aber auch bei der Qualifikation der Ausbildnerinnen und Ausbildner.

In einer zweiten Studie wurden die Ausbildnerinnen und Ausbildner zu ihrer Wahrnehmung bei der Lehrlingsausbildung befragt. Auch hier zeigte sich, dass "gutes Betriebsklima, eine sinnvolle Tätigkeit, aber auch attraktives Entgelt ausschlaggebend sind, um Fachkräfte auch nach der Lehre in den Betrieben halten zu können", ergänzt Eiselsberg.

Die große Herausforderung aus Sicht der Ausbildner seien die oft zu gering ausgeprägte Lern- und Leistungsbereitschaft sowie häufig auch fehlendes Engagement der Lehrlinge. In Bezug auf die eigenen Bereiche zeigt die Studie eine hohe Weiterbildungsbereitschaft bei den Lehrlingsverantwortlichen. Vor allem wie Inhalte Jugendlichen am besten vermittelt werden können, steht ganz oben auf der Weiterbildungsliste. (red, 10.11.2023)