Er wolle schnellstmöglich "Ruhe und Ordnung" in die Signa bringen, verkündete der deutsche Sanierungsexperte Arndt Geiwitz, als er am Mittwoch die Macht im Konzern des Gründers René Benko übernahm.

Baustopp beim Signa-Projekt Nürnberger Straße in Berlin
Baustopp beim Signa-Projekt Nürnberger Straße in Berlin.
IMAGO/Jochen Eckel

Vorerst geht es aber eher turbulent weiter. Wie die Berliner Medien Tagesspiegel und RBB (Rundfunk Berlin-Brandenburg) berichten, liegen nun auch in Berlin alle Signa-Vorhaben auf Eis. Betroffen ist etwa das einstige Parkhaus P1 gegenüber dem legendären KaDeWe, das ebenso der Signa gehört. Ebenfalls nicht mehr weitergehen soll es laut Tagesspiegel in der Nürnberger Straße, wo Signa das frühere Ellington-Hotel zu einem Gebäude mit gemischter Nutzung umbauen will. Weiters betroffen sind unter anderem das Büroprojekt Glance an der Franklinstraße und einige alte Karstadt-Warenhäuser, deren Umbau sich noch in Planung befindet.

Zuvor hatte bereits der Baustopp beim Elbtower in Hamburg für Schlagzeilen gesorgt. In Wien freilich laufen die Bauarbeiten, etwa beim Kaufhaus Lamarr in der Mariahilfer Straße, plangemäß weiter – zumindest vorerst.

Lamarr läuft weiter

Aber nicht nur bei hochkarätigen Bauprojekten in Wien und Berlin stellen sich Fragen nach der Zukunft, sondern auch beim Konzern allgemein. Zwar verlautbarte die Signa am Mittwoch, dass sich Benko zugunsten von Geiwitz zurückziehe. Darüber hinaus bleiben aber Fragen offen. Aus der Aussendung ging etwa nicht hervor, ob die Investoren rund um den Bauunternehmer Hans Peter Haselsteiner mit ihrer Forderung durchgekommen sind, Benko müsse auch seine Stimmrechte übertragen.

Tatsächlich dürfe Geiwitz sie faktisch ausüben, ohne dass sie ihm formal übertragen worden seien, wie es heißt. Sanierer Geiwitz hat zwar das volle Entscheidungspouvoir eingeräumt bekommen – einer rechtlichen Übertragung der Stimmrechte standen aber sogenannte Change-of-Control-Klauseln entgegen. Das bedeutet im Wesentlichen, dass alle Investoren das Recht auf Rückzug haben, sollte es bei den Stimmrechten zu großen Verschiebungen kommen. Zudem hätte sich ein Stimmrechtswechsel steuerlich ausgewirkt, weil in dem Fall Grunderwerbssteuer fällig würde, wie ein Insider erklärt.

Wie viel Geld fließt hinein?

Offen ist noch, wie viel Geld die Investoren – und allenfalls auch Benko selbst – in die Signa werden einschießen müssen, um dem Konzern das wirtschaftliche Überleben zu sichern. Bevor das feststeht, muss Geiwitz einen genauen Überblick über die finanzielle Lage der Gesellschaften gewonnen haben – und das ist angesichts der komplexen Firmenstruktur nicht einfach.

Die Investoren würden dann jenen Betrag zahlen, den Geiwitz anfordert, wie es heißt. Wenn er schließlich den Überblick hat, wird es auch für die Gläubiger der Signa Gruppe wieder ernst werden: Sobald der Geldbedarf feststeht, dürfte die Signa Anträge auf Zahlungsaufschub stellen – und das wird vor allem die finanzierenden Banken treffen, heißt es in Insiderkreisen.

Eine höhere Zahlung kommt in jedem Fall bald auf die Signa zu: Die Gruppe hat sich gegenüber dem Masseverwalter der insolventen Kika/Leiner-Gruppe verpflichtet, in vier Tranchen 20 Millionen Euro in den Insolvenztopf einzuzahlen. Kika/Leiner war im Sommer von Signa an zwei neue Eigentümer verkauft worden; nur Tage darauf folgte der Konkurs der Handelskette.

Die erste Rate von fünf Millionen Euro ist bereits geflossen, die nächste wird Ende Dezember fällig. Wobei die mit der Sache Befassten davon ausgehen, dass dieses Geld wohl lockergemacht werden kann; wegen solcher Beträge wolle wohl niemand eine Signa-Insolvenz heraufbeschwören, wie es heißt.

Und wie wild war der Konflikt zuletzt? Wie nahm Signa-Gründer Benko seinen erzwungenen Rückzug aus der Signa auf? Dazu ist wenig zu erfahren. Es sei ihm "nicht leichtgefallen", drückt es ein Informierter vorsichtig aus. (Birgit Baumann, Renate Graber, 9.11.2023)