Die Bergstation auf dem Dachstein wird komplett renoviert und erhält eine Glasfassade.
DER STANDARD/Stefanie Ruep

Die Dachstein-Seilbahn ist wegen Bauarbeiten außer Betrieb. Von der Talstation im steirischen Ramsau bei Schladming aus ist der Grund dafür zu erkennen. Ein 42 Meter hoher Kran ragt über der Bergstation auf rund 2.700 Meter Höhe. Es ist die höchste Baustelle Österreichs. Links daneben reiht sich das Dachstein-Dreigestirn Hoher Dachstein, Mitterspitz und Torstein ein. Die mächtigen Felswände sind bereits ordentlich angezuckert mit Schnee und wirken vor dem fetzblauen Himmel noch ein bisschen eindrucksvoller.

Seilbahn-Chef Georg Bliem öffnet die Hintertür der Talstation. Ein Stockwerk höher, wo sonst die Seilbahn-Tickets gescannt werden, ist eine provisorische Küche eingerichtet. "Unsere Satellitenküche", sagt Bliem mit einem Augenzwinkern. Die alte Küche der Bergstation wurde vorübergehend in der Talstation untergebracht, damit die Mitarbeiter jeden Tag ein warmes Mittagessen bekommen, das per Seilbahn auf die Bergstation geliefert wird. Bis zu hundert Menschen arbeiten jeden Tag auf der nicht alltäglichen Baustelle. 30 verschiedene Firmen vorwiegend aus der Umgebung sind im Einsatz. Seit dem Baustart am 6. September stand die Baustelle noch keinen einzigen Tag still.

Betriebsleiter Martin Perhab erklärt die aufwendige Logistik einer Baustelle in dieser Höhe.
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In der gelben Gondel der Dachstein-Seilbahn, in der normalerweise bis zu 50 Menschen Platz finden, stehen heute zwei Eisenwagen für Transporte auf die Baustelle. Mit an Bord ist auch Betriebsleiter Martin Perhab. "Die Logistik ist enorm. Wir haben alles mit der Seilbahn hinauf- und hinuntertransportiert. Nur wenig mit dem Hubschrauber", erklärt er die größte Herausforderung einer Baustelle in dieser Höhe. Die zweispurige Pendelbahn führt ohne Stütze und mit einem Bodenabstand von bis zu 210 Metern zur Bergstation, die genau auf der Landesgrenze zwischen der Steiermark und Oberösterreich liegt. Bei der Errichtung vor 54 Jahren wurde der Gipfel des Hunerkogels weggesprengt. "Das wäre heute undenkbar", sagt Bliem in der Gondel, die in sieben Minuten 1.000 Höhenmeter überwindet.

Oben angekommen, steht gleich beim Ausstieg aus der Seilbahn der Kran, der das Baumaterial verteilt. Der Turmdrehkran wurde in 38 Einzelteile zerlegt. Jedes Kranmodul wurde einzeln mit einem Transporthubschrauber von Heli Austria zur Bergstation geflogen und aufgebaut. Bereits im August wurden die Fundamente in einen 90-Grad-Felsen betoniert. Seit Baustart ist der Kran jeden Tag zwölf Stunden im Einsatz. Der Kranführer sei ein Profi und komme nicht einmal zum Mittagessen herunter, sagt der Planai-Geschäftsführer. Sein Essen werde an den Haken gehängt – und er ziehe es hoch. In der Kabine habe er auch eine Toilette.

Über die Materialseilbahn ist das Abbruchmaterial ins Tal transportiert worden.
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Bliem und der Betriebsleiter steigen auf die neue Restaurantterrasse mit perfekter Aussicht auf den Dachstein-Gipfel, die künftig 140 Sitzplätze haben wird. Von hier aus ist auch der bereits fertig verglaste Teil der Außenfassade an der Nordseite gut zu sehen. Das restliche Glas werde als eines der wenigen Bauteile noch hochgeflogen, sagt Betriebsleiter Perhab. Anderes Baumaterial und Maschinen wurden mit der Gletscherbahn oder der Materialseilbahn hochgebracht. 2.500 Tonnen an Abbruchmaterial wurden bereits nach unten transportiert und an der Talstation in verschiedene Container getrennt. Die größte Hürde hätte das Wetter werden können, sagt Peham. Starker Sturm oder Niederschläge hätten den Baufortschritt verzögern können. Doch mit dem beständigen Herbstwetter habe man ein enormes Glück gehabt, sagt der Betriebsleiter.

An der Westseite der Fassade sind bereits die Haken für die Photovoltaikanlage angebracht. Denn abgesehen von der Fensterfront wird die gesamte Fassade der Bergstation mit 338 PV-Modulen mit einer Fläche von 633 Quadratmetern verbaut. Mit einer erwarteten Jahresleistung von 100.000 Kilowattstunden sei es möglich, bis zu 80 Prozent der benötigten Energie für die Bergstation selbst zu erzeugen, sagt Bliem.

Die Fassade wird mit Photovoltaikmodulen verkleidet, um 80 Prozent des Energiebedarfs der Bergstation abzudecken.
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Mit dem Neubau der Bergstation beginnt gleichzeitig eine neue Ära. Denn seit dem Vorjahr ist auch der Skibetrieb am Dachsteingletscher eingestellt. Vor Ort sieht man sofort, warum: Der Gletscher ist bereits so weit zurückgegangen, dass dort, wo früher die Skipiste entlangging, nun gewaltige Felsbrocken herausragen. "Es ist einfach nicht mehr gegangen", erklärt Bliem. Zudem hätten die Skifahrerinnen und Skifahrer zuletzt im Winter nur noch 18 Prozent der Gäste ausgemacht. Nun setze die Plainai neben den Ausflugsgästen, die die Aussicht genießen wollen, auf Skitourengeher, Langläufer und Winterwanderer. "Der Winter hat noch viel Potenzial", sagt der Seilbahn-Chef.

Weihnachtsausnahme

Mehr Besucherinnen und Besucher will der Planai-Geschäftsführer jedoch nicht anlocken. Rund 300.000 Menschen pro Jahr transportiert die Seilbahn. Mehr als 2.500 pro Tag kommen jedoch nicht rauf. 2014 wurde ein Online-Buchungssystem eingeführt, das Wartezeiten verhindert, aber gleichzeitig die Anzahl der Gäste beschränkt. Das solle auch so bleiben, versichert Bliem, auch wenn die Nachfrage höher wäre. Bis zur geplanten Fertigstellung der neuen Bergstation im Mai bleibt die Gletscherbahn eingestellt. Mit einer Ausnahme: In den Weihnachtsferien und in den Semesterferien soll es einen eingeschränkten Publikumsbetrieb geben. Dann können sich Dachstein-Fans selbst ein Bild von Österreichs höchster Baustelle machen. (Stefanie Ruep, 15.11.2023)