Andreas Schieder
EU-Spitzenkandidat Andreas Schieder (SPÖ) während des SPÖ Bundesparteitags am Sonntag in Graz.
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Wien/Graz – Andreas Schieder wird die SPÖ wieder als Spitzenkandidat in die EU-Wahl führen. Die Delegierten haben der Kandidatenliste am zweiten Tag des SPÖ-Bundesparteitags in Graz am Sonntag grünes Licht gegeben. Schieder erhielt 89,8 Prozent. Auf dem zweiten Platz der Liste für die Wahl im Juni steht wieder die Vizepräsidentin des EU-Parlaments Evelyn Regner, sie bekam 96,9 Prozent.

Auf den vorderen und damit sicheren Plätzen finden sich weiters wieder Günther Sidl an dritter Stelle und Hannes Heide an fünfter Stelle, neu auf Platz vier ist die Steirerin Elisabeth Grossmann. Alle erhielten deutlich über 90 Prozent. Derzeit verfügt die SPÖ über fünf Mandate im EU-Parlament. Nummer sechs auf der Liste mit der derzeitigen Bundesratspräsidentin Claudia Arpa dürfte also als Kampfmandat gelten. Im Vorfeld hatte es ein Gerangel um die Listenplätze gegeben, was die burgenländische Landesorganisation letztlich sogar zu einem Kandidatenverzicht motivierte. 2019 war die SPÖ knapp am schlechtesten Ergebnis bei einer EU-Wahl vorbeigeschrammt.

Parteichef Andreas Babler blickt jedoch zuversichtlich in die Zukunft, umso mehr als am Samstag während seiner Rede 45 Mitglieder in die SPÖ eingetreten seien: "Die Sozialdemokratie ist wieder da, sie ist wieder zurück, sie ist entschlossen, das Land zu verbessern", bilanzierte er in seinen Abschlussworten zum Parteitag. Wenn die SPÖ die Leidenschaft ausstrahle, das Land zu verändern, sei es das, was bei den Menschen ankomme: "Es muss spürbar sein, dass wir dieses Land besser gestalten werden."

Schieder: "Demokratie gegenüber Rechtspopulisten verteidigen"

Schieder hatte am Vormittag mit einer Rede um Zustimmung der Delegierten geworben. Er will mit einem starken Ergebnis bei der Europawahl auch die politische Wende in Österreich einleiten: "Es geht um Europa aber auch darum, den ersten Schritt zum Einläuten des Endes dieser Bundesregierung zu machen."

Man müsse sich fragen, warum die Zustimmung zur EU in Österreich am geringsten sei. Hier sei einiges ins Rutschen gekommen. Die Menschen könnten sich ihren Alltag nicht mehr leisten: "Das ist etwas, das die Demokratie gefährdet, die Grundfesten unserer Demokratie."

Das Problem mit einer unfähigen Regierung sei, dass Menschen das Vertrauen in das politische System verlieren würden, meinte Schieder. Das bedeute wiederum ein Einfallstor für rechtsextreme und populistische Parteien: "Wir müssen die europäische Demokratie gegenüber den Rechtspopulisten verteidigen."

In der Nahost-Politik verurteilte Schieder die Hamas scharf. Das Leid der Palästinenser sei deren Lebensgrundlage. Die Angriffe in Israel seien kein Aufbegehren gegen eine Besatzung oder eine rechtsgerichtete Regierung gewesen. Diese Taten seien geprägt gewesen von purem Hass auf das jüdische Volk.

Es sei nicht auszuschließen, dass dieser Konflikt zu einem Flächenbrand werde. Da stelle sich die Frage, warum eigentlich nur die US-Politik aktiv und Europa so beschämend abwesend sei: "Wo ist die gemeinsame europäische Außenpolitik, die unsere Werte weltweit verteidigt und vertritt." Nichts fürchteten die Diktatoren mehr als eine offene und demokratische Gesellschaft.

Regner betont raues Klima in Gesellschaft

"Wir sind die Europa-Partei", betonte Evelyn Regner. Die derzeitige Vizepräsidentin des EU-Parlaments erinnerte daran, dass das gesellschaftliche Klima seit der letzten Wahl rauer geworden sei, man erlebe Klimakrise, Krieg, Frauenhass und Teuerung. Während die Schlangen vor den Sozialmärkten länger würden, würden die Reichen immer reicher – "das ist Gift für unsere Demokratie", unterstrich Regner. Wie Schieder warnte auch sie vor einem Rechtsruck, und "die schwarz-grüne Bundesregierung ist nicht nur schmähstad, sie befeuert diesen Rechtsruck noch", konstatierte sie.

Evelyn Regner
"Wir sind die Europa-Partei", betonte Evelyn Regner.
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Regner verwies auch auf ihre Arbeit in den vergangenen Jahren, so habe sie hart an Verbesserungen für Frauen mitgewirkt, erwähnte sie etwa eine EU-Richtlinie, um die Lohnschere zwischen Männern und Frauen "ein für alle Mal" zu schließen. Es gebe aber noch "unendlich viel zu tun", und man wolle die europäische Arbeit weiterführen. Die SPÖ stehe für ein starkes, solidarisches Europa. "Schaffen wir ein Europa der Mutigen, der Visionäre und der Macherinnen", warb Regner.

Babler für Neutralität

Auch der gestern mit 88,8 Prozent bestätigte Parteivorsitzende Andreas Babler ergriff das Wort, um zu betonen, dass die EU-Wahlen "Hauptwahlen für die Sozialdemokratie" seien. Die EU sei eigentlich ein zutiefst sozialdemokratisches Projekt, gehe es doch um die "Vision, dass wir gemeinsam stärker sind".

Andreas Babler
SPÖ-Chef Andreas Babler wurde am Samstag mit 88,8 Prozent als Vorsitzender bestätigt.
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Babler ging auch auf die Neutralität ein: Die SPÖ habe von Anfang an die russische Invasion in der Ukraine klar verurteilt, man stehe für die Sanktionen gegen Russland und für Unabhängigkeit von russischem Gas. Man müsse auch die humanitäre Hilfe ausbauen, "hier stehen wir felsenfest, wir schwanken nicht", auch in der Frage der Neutralität. Von militärischer Unterstützung der EU müssten neutrale Staaten ausgenommen sein, forderte er, das hindere aber nicht daran, politisch Position zu beziehen und für das höchste Ziel, nämlich Frieden, einzutreten. (APA, 12.11.2023)