Der rasante Anstieg der Zinsen hat die Wohnbauförderung des Landes Niederösterreich gehörig ins Wanken gebracht. Das Land hat im Geschoßwohnbau nämlich schon vor ein paar Jahren auf sogenannte Zinscaps umgestellt: Stiegen die Kreditzinsen für die Bauträger über ein bestimmtes vorher festgelegtes Maß, übernahm das Land die Mehrkosten. Das konnte nicht gutgehen.

Mehrere Rohbauten
Die Wohnbauförderung in Niederösterreich wird umgebaut.
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Im heurigen Jahr kam es deshalb zu einem De-facto-Förderstopp: Im Neubau wurde heuer in Niederösterreich noch keine Wohnbauförderung zugesagt, für keine einzige Wohneinheit. Zwischen der ÖVP, die das Land seit März gemeinsam mit Juniorpartner FPÖ regiert, und der SPÖ, die zwar wegen des Proporzsystems mitregiert, de facto aber in Opposition ist, entbrannte deshalb schon im Frühjahr ein Streit. Das Land habe den geförderten Wohnbau "eingestellt", kritisierte SP-NÖ-Chef Sven Hergovich lautstark und mehrmals. Stimme doch gar nicht, konterten Vertreterinnen und Vertreter der ÖVP: Es seien mehrere Tausend geförderte Wohnungen in Niederösterreich in Bau.

Genau so wurde auch am Donnerstag argumentiert, als die zuständige Landesrätin Christiane Teschl-Hofmeister (ÖVP) vor die Medien trat und die Eckpunkte einer neuen niederösterreichischen Wohnbauförderung bekanntgab. "Wir haben nie aufgehört zu bauen", sagte sie laut Presseaussendung. Der anwesende Landesobmann der Gemeinnützigen, Manfred Damberger, konkretisierte: Es seien aktuell rund 5.000 Wohneinheiten in Bau und davon etwa 2.000 Einheiten auch schon in Fertigstellung.

"Außergewöhnlich hohe Belastung des Budgets"

Dass die Zinscaps ein riesiges Problem für das Land wurden, räumte Teschl-Hofmeister in der Pressekonferenz ein. Der Pressekonferenz war deshalb, wie der STANDARD erfuhr, eine "Krisensitzung" mit gemeinnützigen Bauträgern vorausgegangen.

Das bestehende Modell sei "während der Null- und Niedrigzinsphase für alle Beteiligten attraktiv gewesen", sagte Teschl-Hofmeister. Nun sei es aber aufgrund der aktuellen Zinsentwicklung "alles andere als attraktiv", weil es "zu einer außergewöhnlich hohen Belastung des Budgets und zu einer Nichtkalkulierbarkeit" geführt habe. Man müsse die niederösterreichische Geschoßwohnbau-Förderung wieder "zukunftsfit" machen. "Gemeinsam mit Expertinnen und Experten aus dem Bereich der Finanz, Verwaltung, dem Bankenwesen und der Bauträgerschaft" habe man an einem neuen flexiblen Modell gearbeitet, "das Projekte, bei generell weniger Bautätigkeit und unter schwierigen Rahmenbedingungen, besser fördern soll, um leistbare Mieten zu erhalten".

Das Land werde künftig ein Förderungsdarlehen eines Wohnbauförderungsfonds "zu fixen und planbaren Zinsen und einen Zuschuss auf 20 Jahre, mit einem degressiven Zinssatz von 4,5 Prozent", gewähren. Bauträgern werden Direktdarlehen mit drei Prozent Fixverzinsung auf 40 Jahre angeboten, davon 35 tilgungsfrei. Dafür würden nun jährlich bis zu 134 Millionen Euro aus dem Wohnbaufördertopf bereitstehen. Dieses Modell werde nun für die kommenden drei Jahre gelten, pro Jahr soll es bis zu 1.800 Wohneinheiten finanzieren.

"Deutschpflicht" kommt

Die weiteren Eckpunkte der neuen Wohnbauförderung, die nun im Detail ausgearbeitet wird: "Mehr Sanierung im Sinne von weniger Bodenverbrauch", hier soll mit höheren Förderungen das Sanieren unterstützt werden. Hierfür werden die Annuitätenzuschüsse in einem ersten Schritt von zwei bzw. drei Prozent (mit bzw. ohne Energieausweis) auf vier Prozent angehoben.

Weiters werde man weiterhin einen Fokus auf leistbares "junges Wohnen" legen, mit einem eigenen Fördermodell speziell für Menschen bis 35 Jahre. Und als vierten Punkt nannte Teschl-Hofmeister den Ausbau der Förderung für sozial schwächere Haushalte. Die Einkommensgrenzen bei der Wohnbeihilfe bzw. dem Wohnzuschuss werden an die Inflation angepasst.

Die ersten Änderungen sollen bereits in der neuen Wohnungsförderungsrichtlinie noch im November in der Landesregierung beschlossen werden. Ein Punkt wird darin wohl auch sein, dass die Vergabe von Wohnungen an ein gewisses Deutschniveau geknüpft wird – das ist dem Koalitionspartner FPÖ ein großes Anliegen. Vorbild dafür ist Oberösterreich, wo seit 2020 zum Nachweis von Deutschkenntnissen im Bereich der Wohnbauförderung etwa die Absolvierung einer Integrationsprüfung oder eine Bestätigung über das Sprachniveau A2 erforderlich ist. Außerdem setzt die Landesrätin eine Expertenarbeitsgruppe ein, die sich mit der Thematik des gesamten Wohnbaus in Niederösterreich auseinandersetzen und bis Sommer 2024 Empfehlungen ausarbeiten soll.

"Fragwürdiges Finanzvehikel"

Für die niederösterreichische SPÖ ist das schwarz-blaue Wohnprogramm ein "Bankenförderungsprogramm". Selbst wenn die schwarz-blaue Regierung "nach Monaten jetzt wieder einige wenige Wohnungen baut, ist das viel zu wenig", schreibt Hergovich in einer Aussendung. "Offenbar ist geplant, einen Teil der Wohnbaugelder in Zukunft an einen Fonds auszulagern. Die Budgetlage ist wohl so dramatisch, dass man eine Bank ein fragwürdiges, geheimnisvolles Finanzvehikel erfinden lässt."(Martin Putschögl, 18.11.2023)