Kriege kosten Menschenleben, auch weit entfernt vom Kriegsschauplatz und lange nach dem Ende des Kriegs. Denn Kriege tragen zum Klimawandel bei und verursachen so indirekt den Tod von Menschen rund um den Globus durch Hitzestress, Wassermangel, Überschwemmungen, Mangelernährung, aber auch durch die Zunahme von durch Tiere auf Menschen übertragbare Krankheiten und noch andere Faktoren. Jede Million Tonnen zusätzlicher Treibhausgase über dem Wert von 2020 verursacht, wie Daniel Bressler von der Columbia Climate School berechnet hat, bis zur Jahrhundertwende 223 zusätzliche Tote, die durch die Folgen der Klimaerhitzung sterben werden.

Laut den Berechnung von Lennart de Klerk, einem Experten für Treibhausgasvermeidung, die das Umweltministerium der Ukraine beim letzten Klimagipfel präsentiert hat, verursachten die ersten sieben Monate des Ukrainekriegs Emissionen von 82,8 Millionen Tonnen CO2e (Das sind CO2-Äquivalente. Die Wirkungen verschiedener Treibhausgase sind unterschiedlich, daher entspricht zum Beispiel eine Tonne Methan 28 Tonnen CO2). Die ersten Monate des Kriegs haben also fast doppelt so viele Emissionen bewirkt, wie Österreich im selben Zeitraum verursacht hat. In diesen ersten sieben Monaten wurden mindestens 9.700 Zivilist:innen getötet. Und fast doppelt so viele, nämlich 18.532 Menschen werden in diesem Jahrhundert noch an den Folgen dieser ersten sieben Monate Krieg sterben. Irgendwo auf der Welt. Weit entfernt vom Schlachtfeld.

Flugzeug über Rauchwolken
F-14A Tomcat über von irakischen Truppen in Brand gesetzten Ölfeldern in Kuwait 1991.
Lt. Steve Gozzo, USN, via US National Archives, unrestricted use

Aufgeschlüsselt betragen die Emissionen dieser sieben Monate Krieg: 1,4 Millionen Tonnen CO2e durch Flüchtlingsbewegungen, 8,9 Millionen Tonnen durch militärische Operationen, 23,8 Millionen durch Waldbrände und andere Feuer, und 48,7 Millionen Tonnen für den künftigen Wiederaufbau zerstörter Gebäude und Infrastruktur.

Krieg als Klimafaktor auf vielen Ebenen

Wenn die Militärs der Welt ein Land wären, hätten sie den viertgrößten CO2-Fußabdruck, größer als der Russlands. Eine neue Studie von Stuart Parkinson (Scientists for Global Responsiblity, SGR) und Linsey Cottrell (Conflict and Environment Obervatory, CEOBS) ergibt, dass wahrscheinlich 5,5 Prozent der globalen CO2-Emissionen den Militärs der Welt- und der Rüstungsindustrie zuzurechnen sind.

Neta C. Crawford, die den Lehrstuhl für Politikwissenschaften an der Boston University innehat, hat 2019 eine Studie veröffentlicht: "Pentagon Fuel Use, Climate Change, and the Costs of War". Das Verteidigungsministerium der USA, schreibt Crawford, ist der größte Verbraucher von Erdöl in der Welt und der größte Emittent von Treibhausgasen. 2017 war der Ausstoß größer als der von Industrieländern wie Schweden oder Portugal. Das Pentagon und die gesamte US-Rüstungsindustrie zusammen stoßen mehr CO2 aus als Argentinien. Wären sie ein Land, würden sie an 21. Stelle in der Liste der CO2-Verschmutzer stehen.

Kriege tragen auf vielfältige Weise zum Klimawandel bei:

Klimafolgen am Beispiel des zweiten Irak-Kriegs

Nikki Reisch, Leiterin des Klima- und Energieprogramms des Center for International Environmental Law, in Washington – und Steve Kretzmann, Leiter des Thinktanks Oil Change International, – veröffentlichten 2008 die Studie "A Climate of War" über die Klimafolgen des zweiten Irak-Kriegs. Dieser Krieg dauerte offiziell von 20. März bis 1. Mai 2003. Darauf folgten jedoch noch acht Jahre Besatzung durch die USA und Großbritannien. Der Krieg hat auf irakischer Seite 460.000 Menschenleben gekostet und auf amerikanischer Seite 4.800.

Der Krieg verursachte Emissionen von 141 Millionen Tonnen CO2e: Das entspricht dem, was ein Land wie Neuseeland oder Kuba in einem Jahr verursacht. Treibstoff allein war verantwortlich für 100 Millionen Tonnen CO2e. Bei den Kriegshandlungen selber wurden 49 Millionen Tonnen freigesetzt, und fast genau so viel, nämlich 47 Millionen Tonnen, beim Transport des Treibstoffs zum Kriegsschauplatz. Der Transport der Truppen von den USA und zurück war für drei Millionen Tonnen CO2e verantwortlich. Reisch und Kretzmann berechneten, dass die direkten Ausgaben der US-Regierung für den Krieg ausgereicht hätten, um ein Viertel der Energieproduktion der USA durch Windkraft zu ersetzen und so die Emissionen der USA um ein Sechstel (1 Milliarde Tonnen CO2e) zu senken.

Militärische Emissionen werden versteckt

Die Daten für militärische Treibhausgasemissionen sind laut CEOBS oft unvollständig, sie werden in allgemeinen Kategorien versteckt, oder gar nicht erst erhoben. In den Berichten der Länder gemäß der Klimarahmenkonvention UNFCCC klaffen große Lücken. Das ist, so meinen die Autor:inen der Studie mit ein Grund, warum die Klimawissenschaft diesen Faktor großteils übersieht. Im aktuellen, sechsten Sachstandsbericht des IPCC wird der Beitrag des Militärs zum Klimawandel kaum behandelt.

Die Forschenden betonen, dass die militärischen Emissionen zu jenen gehören, die eine Regierung über ihre Militärausgaben, aber auch durch Vorschriften unmittelbar beeinflussen kann. Doch dazu müssen militärische Emissionen erst einmal gemessen werden. Das CEOBS hat dazu ein Rahmenwerk für die Erfassung militärischer Emissionen im Rahmen des UNFCCC ausgearbeitet.

Verschiedene Militärs unternehmen Anstrengungen, ihren Verbrauch an fossilen Brennstoffen zu verringern, vor allem aus taktischen Gründen. Treibstofftransporte zum Kriegsschauplatz zum Beispiel bieten ein Angriffsziel für den Gegner. Stützpunkte, die mit Solarenergie betrieben werden, sind unabhängiger. Doch die Einsparungen, die sie erzielen, sind minimal. Darum ist eine aktive Friedenspolitik der beste Weg, den Beitrag der Militärs zur Klimakatastrophe zu verringern.(Martin Auer, 24.11.203)