Seit einigen Jahren gibt es wieder einen gesunden Enthusiasmus für analoge Fotografie. Für einen Fotoliebhaber wie mich eine schöne Entwicklung und Grund genug, den heutigen Beitrag dem Comeback der klassischen Filmfotografie zu widmen, der sich schon seit einigen Jahren abzeichnet.

Mein Ziel soll es sein, ein wenig "Ursachenforschung" zu betreiben und zu klären, warum es trotz Digitalisierung und technischer Innovationen der letzten 15 Jahre in der Fotografie heute wieder hip ist, mit Kameras des vergangenen Jahrhunderts zu fotografieren. Zur Hilfe habe ich mir einen Experten für analoge Fotografie geholt. Jo Geier ist nicht nur Geschäftsführer des Vintagekamera-Shops "Jo Geier – Mint & Rare" in der Wiener Westbahnstraße, sondern auch Experte für klassische analoge Sammlerstücke bei den Wetzlar Camera Auctions.

Vintage-Kamera Experte Jo Geier
Vintagekamera-Experte Jo Geier.
Jo Geier

Zusammen mit Jo möchte ich im Folgenden gerne analysieren, warum es zu der Renaissance der analogen Fotografie in den letzten Jahren gekommen ist.

Passion für analoge Fotografie

Jo arbeitet schon seit seinem achten Lebensjahr mit Kameras. Sein Vater Karl Geier nahm ihn regelmäßig mit auf Fotobörsen, wo er damals in jungen Jahren etwas Geld verdienen konnte. Sein Vater schenkte ihm dann seine erste Kamera, eine Yashica FX-D, die er ausgiebig in seiner Freizeit und während mehrerer Urlaube verwendete, bis er in Griechenland 45 Bilder auf einem einzigen 35-mm-Film schoss. Da sich leider kein Film in der Kamera befand, entschied er, sich eher mit der "Hardware" als mit der "Software" zu befassen.

Mit 15 Jahren begann er dann, im Einzelhandel zu arbeiten. Es dauerte nicht lange, bis sein Großvater ihm seine Leica M6 lieh und es ihm unheimlich Spaß machte, damit zu fotografieren. Nachdem er seine Ausbildung nach zweieinhalb Jahren abgebrochen hatte, begann er im Fachgeschäft zu arbeiten, wo er seine Lehre abschloss und insgesamt zehn Jahre verweilte, ehe er im Oktober 2014 seinen Traum "Mint & Rare" erfüllte und seinen eigenen Kamera-Shop eröffnete.

Von Kodaks Insolvenz bis zum Comeback

2012 hat der größte Filmproduzent Kodak Insolvenz angemeldet. Heute ist die analoge Fotografie wieder voll im Trend, und Filmhersteller verzeichnen erhöhte Nachfrage. Es werden sogar wieder neue Produkte im Bereich der analogen Fotografie auf den Markt gebracht.

Jo meint, dass nach der rasanten Entwicklung der Digitalkameras in den letzten 20 bis 30 Jahren seine Kundinnen und Kunden wieder etwas Entschleunigtes möchten, etwas, womit man sich in der Tiefe beschäftigen kann. Ein Hobby, bei dem man mehr machen muss, als einen Knopf zu drücken. Sie wollen etwas fühlen und selbst "erschaffen". Seiner Meinung nach ist das etwas, das mit einem Handy nicht möglich ist.

Film-Fotografie ist wieder angesagt
Filmfotografie ist wieder angesagt.
Jo Geier

Seit einigen Jahren sind es auf jeden Fall vermehrt junge Menschen zwischen 15 und 30 Jahren, die sich für die analoge Fotografie begeistern. Diese Generation kommt aus dem digitalen Zeitalter und ist nach dem erneuten Boom der Sofortbildkamera einen Schritt weiter zur analogen Kamera mit Filmwechsel gegangen.

Welche Produkte sind in Österreich beliebt?

Fujifilm verkaufte in den letzten Jahren in Deutschland zwei Millionen ihrer Sofortbildkamera Instax. Polaroid hat ein ähnlich erfolgreiches Produkt am Markt. Leica hat unlängst bei der Sofortbildkamera nachgezogen und letztes Jahr schon seine beliebte analoge Messsucherkamera, die Leica M6, wieder auf den Markt gebracht. Es tut sich auf jeden Fall etwas im Sinne neuer Produkte!

Sofortbildkamera
Sofortbildkamera
Sofortbildkamera.
Jo Geier

Ich habe Jo gebeten, mir zu verraten, welche Produkte im Bereich analoge Fotografie in Österreich beliebt sind und welche Kamera er mir empfehlen würde, wenn ich heute mit dem analogen Fotografieren anfangen möchte. Nach Jos Erfahrung sind auf jeden Fall nach wie vor die bereits erwähnten Sofortbildkameras sehr beliebt. Ebenso aber auch qualitativ hochwertige Kompaktkameras, sogenannte "Point & Shoot"-Kameras, und Kameras mit Wechselobjektiven, Spiegelreflexkameras sowie Messsucherkameras.

Point & Shoot Kameras
Point & Shoot Kameras
"Point & Shoot"-Kameras.
Jo Geier

Der Anspruch an einen besonders guten Erhaltungszustand hat sich in den letzten Jahren verstärkt. Seine Empfehlung wäre heute, entsprechend der individuellen Wünsche der Käuferin oder des Käufers, sich eine rein mechanische Kamera anzuschaffen, die ohne Batterie funktioniert. Solche Kameras werden auch noch in 50 bis 100 Jahren reparierbar sein und somit auch dann noch funktionieren.

Ein nachhaltiger Trend?

Was mich noch interessierte, war, ob Jo glaubt, dass der Trend der analogen Fotografie nachhaltig ist, besonders in Hinblick auf die stetigen Preiseanstiege für analoge Filme, oder ob es sich nur um einen kurz- oder mittelfristigen Trend handelt. Jo meint dazu, dass Trends kommen und gehen, aber solange es die analoge Fotografie zu einem erschwinglichen Preis gibt (Filme, Entwicklung und Kameras), dieser Trend auch anhalten wird. Er und sein Team in seinem Shop bemühen sich stets, gefragte Kameras und Objektive in frisch serviciertem und besonders gutem Zustand lagernd zu haben und somit eine breite Palette an Kameras anbieten zu können.

Gut servicierte Kameras sind gefragt
Gut servicierte Kameras sind gefragt.
Jo Geier

Der Reiz analoger Sammlerstücke

Neben der Tätigkeit als Geschäftsführer in seinem Shop ist Jo Geier auch Experte bei den Wetzlar Camera Auctions und daran beteiligt, das hochwertige Sammlerstücke neue Besitzerinnen und Besitzer finden. Zu guter Letzt wollte ich noch von Jo wissen, was die Besonderheiten dieser klassischen analogen Kameras sind und wer solche Sammlerstücke kauft.

Besonders sind laut Jo natürlich seltene Stücke in authentischem Zustand. Zuletzt konnte er bei den Wetzlar Camera Auctions eine Leica-0-Serie zum Preis von 3.500.000 Euro inklusive Aufgeld versteigern. Die Kamera stammte aus einer italienischen Privatsammlung und war zuletzt vor 30 Jahren dorthin verkauft worden.

Leica 0-Serie
Leica-0-Serie.
Jo Geier

Zwei Jahre vor der Markteinführung der Leica entstanden für Erprobungszwecke 22 bis 25 dieser Kameras, von denen derzeit weltweit nur noch 16 Exemplare bekannt sind. Aufgrund der Beurteilung der Leica-0-Serie durch die beteiligten Fachleute entschied Ernst Leitz II. im Jahr 1924, die von Oskar Barnack konstruierte Kamera in Serie zu fertigen. Die dadurch eingeleitete "Revolution in der Fotografie" nahm damit ihren Lauf. Es handelt sich bei der Leica-0-Serie daher nicht nur um die Prototypen der Leica, sondern um die Prototypen aller Kleinbildkameras bis heute. Der glückliche Besitzer möchte nicht genannt werden, aber nicht selten kommen Käufer solcher Raritäten aus Asien oder Amerika.

Eine Nische, die bleibt

Ich bedanke mich bei Jo Geier für den spannenden Erfahrungsaustausch. Ich selbst bin vor kurzem übrigens ebenso dem Trend der analogen Fotografie gefolgt und habe mir eine gebrauchte Leica M6 aus dem Jahre 1991 zugelegt, die ich für meine private Zwecke nutze. Ich finde es unglaublich schön, sich wieder mit einer etwas langsameren Form der Fotografie zu beschäftigen und freue mich jedes Mal, wenn ich einen Film vom Entwickeln hole, den ich dann zu Hause selbst scanne.

In diesem Sinne hoffe ich, dass der Trend der analogen Fotografie erhalten bleibt und seinen Platz als Nische in der Fotografie dauerhaft einnimmt. Aber eigentlich bin ich überzeugt, dass das bereits passiert ist! Ich hoffe, Ihnen hat mein Beitrag gefallen. Ich freue mich sehr über Ihre Kommentare und eine Unterstützung meines Instagram-Profils, in dem ich nicht nur meine abstrakte Straßenfotografie vorstelle, sondern auch auf zukünftige Beiträge hier in meinem Gastblog im STANDARD verweise. (Stefan Czurda, 24.11.2023)