Wien – Arbeiterkammer-Präsidentin Renate Anderl hat sich am Sonntag in der ORF-"Pressestunde" ganz auf SPÖ- und Arbeitnehmerlinie gezeigt. Bei den Metallerverhandlungen forderte sie Wertschätzung und einen fairen Abschluss, bei der Arbeitszeit eine Verkürzung, bei den Steuern eine auf Vermögen und beim gesetzlichen Pensionsalter keine Erhöhung. Die zuletzt von der Wiener SPÖ geforderte Abschaffung von Schulnoten und Alternativen zur Matura unterstützte sie.

Pressestunde: Harte Lohnverhandlungen
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Angesichts der Metallerstreiks und der am Montag weitergehenden Kollektivvertragsverhandlungen verteidigte Anderl die Arbeitnehmerforderung nach 11,6 Prozent Lohnplus. Nach der hohen Inflation der vergangenen zwei Jahren verlangten diese einen gerechten Lohn. Ihre Proteste erfolgten nicht aus Jux und Tollerei, und die von den Arbeitgebern gebotenen Einmalzahlungen könnten "nur der Schnittlauch am Brot sein".

Pressestunde: Kritik an der Bundesregierung
Die Metaller streiken, der Handel ist kurz davor und Einigungen sind nicht in Sicht. Die Inflationsrate sinkt zwar wieder, doch die Arbeitnehmer wollen das vergangene Jahr abgegolten haben. Das sei zu teuer, sagen die Arbeitgeber. In Österreich ist wieder die Rede vom ?Arbeitskampf?. Renate Anderl, Präsidentin der Bundesarbeitskammer, zählt zur Spitze der Sozialpartnerschaft. Wo sieht sie Raum für Kompromisse? Kann eine Einigung zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern überhaupt gelingen? Österreichs Wirtschaft rutscht in eine Rezession. Welche Maßnahmen fordert Anderl, um den Wirtschaftsmotor wieder anzukurbeln? Was muss die Regierung tun? Die SPÖ hat am vergangenen Parteitag ihr Programm überarbeitet. Stimmen die Schwerpunkte für SPÖ-Mitglied Anderl? Die Fragen stellen: Hubert Patterer (Kleine Zeitung) und Regina Pöll ()ORF
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Hohe Abschlüsse für die hohe Teuerung verantwortlich zu machen, lehnte Anderl ab: "Wir haben keine Lohn-Preis-Spirale, wir haben eine Preis-Lohn-Spirale." Dass von den Arbeitnehmern verlangt würde, auch die Hilfszahlungen der öffentlichen Hand zu berücksichtigen, nannte sie "verwunderlich". Es seien gerade die Betriebe gewesen, die in der Pandemie unterstützt und auch überfördert worden seien.

AK-Präsidentin Renate Anderl
Anderl wünscht sich, dass eine Vermögenssteuerforderung bei der SPÖ-Agenda ganz oben stehen solle.
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Fokus auf Kinderarmut

Anderl stellte sich auch hinter den Leitantrag des SPÖ-Bundesparteitags, inklusive Arbeitszeitreduktion. In der Geschichte habe es immer wieder eine solche gegeben, "also so ein Luftballon ist es nicht". Den Fokus auf Kinderarmut und andere Lücken im Sozialstaat bekräftigte sie, denn "es gibt viele Baustellen im Land". Auch die Vermögenssteuerforderung sah sie als berechtigt an: "Ich würde mir wünschen, dass die SPÖ das ganz oben auf der Agenda hat."

Beim Thema Pensionen wandte sie sich gegen eine Erhöhung des gesetzlichen Antrittsalters. Wichtiger sei es, den Menschen einen Verbleib im Arbeitsleben zu ermöglichen. "Was nützt mit 67, wenn die Leute trotzdem mit 63 in Pension gehen?", fragte sie. Wer länger erwerbstätig bleibe, zahle auch Pensionsbeiträge, betonte sie zur Frage der Finanzierbarkeit der Pensionen.

Pressestunde: Änderungen im Bildungssystem
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Ebenso auf Linie zeigte sich die AK-Chefin in Bildungsfragen. Dass die Wiener SPÖ sich am Samstag für Projektarbeit statt Matura und gegen Noten ausgesprochen hatte, werde nun auch sicher in der Bundespartei diskutiert werden. Die Matura als Schlüssel zu weiterer Bildung habe an Bedeutung verloren. Die Schülerinnen und Schüler bekämen ohnehin ein Zeugnis ihrer Abschlussklasse. "Also warum noch einmal?", so Anderl.

FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch wertete Anderls Auftritt in einer Aussendung als Lehrbeispiel für rotes Bonzentum und Sonntagsreden-Politik. Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker kritisierte, dass die AK-Präsidentin die steigenden Kosten des Pensionssystems ignoriere. Zufrieden war nur SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Sandra Breiteneder, eine Parteikollegin Anderls. Von ihr gab es volle Unterstützung für die Forderung nach einer Millionärssteuer. Zufrieden war nur SPÖ-Bundesgeschäftsführerin Sandra Breiteneder, eine Parteikollegin Anderls. Von ihr gab es volle Unterstützung für die Forderung nach einer Millionärssteuer. (APA, red, 19.11.2023)