Wiens Bürgermeister Michael Ludwig und Parteichef Andreas Babler in der Vorwoche beim SPÖ-Bundesparteitag in Graz.
Heribert Corn

Für einen Sturm der Entrüstung sorgte am Wochenende die Wiener SPÖ. Im Rahmen ihrer "Wiener Konferenz" – es handelt sich dabei um einen Landesparteitag in abgespeckter Form – hatten die roten Delegierten einen Antrag zur Abschaffung von Schulnoten und Matura beschlossen. Die Reaktionen auf die Initiative – ÖVP und FPÖ sprachen von "Hirngespinsten linker SPÖ-Träumer" und "Unfug aus dem linken Antileistungsfundus der SPÖ" – zeigen einmal mehr, wie ideologiegetrieben die Debatten in der Bildungspolitik noch immer verlaufen. Bitter notwendige progressive Reformen im verstaubten Bildungswesen werden dadurch verunmöglicht.

Roter Antrag lässt tief blicken

Der Antrag lässt aber auch tief blicken, wie es um die Geschlossenheit innerhalb der SPÖ steht. Denn mit der Bundespartei dürfte die Wiener Landespartei diesen nicht abgesprochen haben. Die Bundes-SPÖ trage zwar eine Reform der Matura mit, nicht aber die Abschaffung von Noten, heißt es. Und überhaupt habe man derzeit andere Prioritäten.

Wie die Bundespartei zum Antrag steht, dürfte Bürgermeister und Landeschef Michael Ludwig aber ohnehin nicht groß tangieren. Zuletzt stemmte dieser sich gegen die Statutenreform von Parteichef Andreas Babler und kehrte den Bundesgremien den Rücken. Ludwig geht seinen "Wiener Weg" – unbeirrt und ungeachtet dessen, welchen Weg die SPÖ im Bund geht. Wer Wahlen gewinnen will, sollte aber im Gleichschritt gehen – davon ist die SPÖ meilenweit entfernt. (Sandra Schieder, 19.11.2023)