Nationalrat Plenarsaal
Neben den Budgets für Kanzleramt und oberste Organe werden am Dienstag Inneres, Äußeres, Justiz sowie Kunst und Kultur behandelt.
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Wien – Mit Eigenlob der Regierung und scharfer Kritik der Opposition hat am Dienstag der Budgetmarathon des Nationalrats begonnen. Beschlossen werden soll am ersten Tag das Budgetbegleitgesetz, das etwa die Finanzierung von 100 Stellen für Kassenärzte sicherstellen soll. Das Budget selbst soll erst am Donnerstag verabschiedet werden.

ÖVP-Klubobmann August Wöginger lobte etwa eine verbesserte Kaufkraft und die sinkende Inflation in Österreich. Anders sah das offensichtlich ein Besucher, der von der Galerie ein Hemd in die ÖVP-Reihen warf und dabei "Schande" rief. Es sei sein "letztes Hemd", meinte der Mann – laut Aussendung ein Mindestpensionist und Mitglied der Partei Wandel. Es dürfte derselbe Mann sein, der sich im Frühjahr diesen Jahres auf den umstrittenen goldenen Bösendorfer-Flügel im Parlament geklebt hatte.

"Es ist eine gute Entwicklung, die wir nehmen", meinte Wöginger nichtsdestotrotz. Die Regierung investiere weiterhin in "Zukunftsbereiche" wie Kinderbetreuung, Wissenschaft und Transformation der Wirtschaft.

Video: Nationalrat - Budgetdebatte zwischen Eigenlob und Kritik.
APA/mhr

ÖVP und Grüne loben Budget

Auch Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer fand naturgemäß viel Lob für das Budget. Dieses setze Schwerpunkte auf die Themen Klima und Transformation. "Es macht einen Unterschied, ob die Grünen regieren", meinte Maurer. Sie lobte nachhaltige Investitionen in die Wirtschaft und unter anderem gestiegene Budgets für Justiz und Demokratie sowie Frauen.

Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) meinte, es gebe Grund, optimistisch in die Zukunft zu schauen. Er verwies darauf, dass Prognosen für kommendes Jahr schon wieder Wachstum vorsehen würden. Die Entlastungsmaßnahmen gegen die Inflation hätten gewirkt. Gleichzeitig würdigte er den vor Abschluss stehenden Finanzausgleich mit mehr Geld etwa für Gesundheit und Pflege. Zudem beweise die Regierung, wie man Klima- und Wirtschaftspolitik in Einklang bringen könne.

Kritik von Opposition

Ganz anders sehen das die Oppositionsparteien, die sich vor allem auf die neuen Schulden einschossen. Der Haushaltsentwurf des Budgets sieht für 2024 Ausgaben von 123,5 Milliarden Euro und Einnahmen von 102,6 Milliarden Euro vor. Das ergibt ein Minus von 20,9 Milliarden Euro.

SPÖ-Klubobmann Philip Kucher sprach von Rekordinflation und Rekordschulden und kritisierte, dass die Regierung im Zuge der Teuerung nicht mit preissenkenden Maßnahmen in den Markt eingegriffen habe. "Zukunftsvergessen" nannte Neos-Vorsitzende Beate Meinl-Reisinger das Budget und kritisierte die "Gießkannen"-Politik der Regierung. Auch die Klimaziele würden mit dem Budget verfehlt werden.

Kickl am Rednerpult im Nationalrat
FPÖ-Obmann Herbert Kickl ortete ein "Harakiri-Budget"-
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FPÖ-Obmann Herbert Kickl ortete ein "Harakiri-Budget" und den "größten Schuldenberg aller Zeiten". In einem Rundumschlag gegen die politische Konkurrenz warf er etwa der SPÖ vor, mit ihrer Politik die Inflation zu befeuern. Für die Äußerung, Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) sei wegen seiner Tätigkeit in der von René Benko gegründeten Signa Holding eine "fette dicke rote Spinne" in dessen Netzwerk, handelte sich Kickl einen Ordnungsruf ein.

Beschluss folgt am Donnerstag

Neben der Finanzierung der Kassenstellen ist im am Dienstag diskutierten Budgetbegleitgesetz auch eine Entschädigung für Menschen, die in der Zweiten Republik wegen einvernehmlicher gleichgeschlechtlicher Sexualkontakte strafrechtlich verfolgt wurden enthalten. Die geplante Neugestaltung und Sanierung der KZ-Gedenkstätte Gusen wird finanziell abgesichert. 31 Gesetzesvorhaben mit Budgetrelevanz sind darin insgesamt gebündelt.

Danach werden die einzelnen Budgetkapitel durchgearbeitet. Neben jenen für Kanzleramt und oberste Organe werden am Dienstag Inneres, Äußeres, Justiz sowie Kunst und Kultur behandelt. Am Mittwoch soll es primär um Soziales und Konsumentenschutz gehen, in dem Bereich ist ein Anstieg auf 5,9 Milliarden Euro – und damit ein Plus von 846 Millionen Euro – vorgesehen. Der Beschluss des Budgets ist für Donnerstag angesetzt, wenn etwa die Bereiche Familien, Frauen und Verteidigung beschlossen werden sollen. Für die meisten Ministerien ist mehr Geld vorgesehen.

Für Wifo-Ökonomin ist Budget "nachvollziehbar"

Kritik gab es von der Opposition schon vor Start der Debatte: "Wenn es für dieses Budget einen passenden Titel gibt, dann lautet dieser 'Nach uns die Sintflut'!", verlautbarte der geschäftsführenden SPÖ-Klubchef Kucher. Man sehe eine Rekordinflation auf der einen und einen Rekordschuldenstand auf der anderen Seite, weil die Bundesregierung zwar etliche Milliarden in verpuffte Einmalzahlungen gesteckt, aber dabei die Preise nicht gesenkt habe.

"Die Bundesregierung denkt nicht an Sparen, der Ausgabenhahn bleibt weiter aufgedreht, als gäbe es kein Morgen", sagte FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker am Montag. Bei den Neos wiederum kritisierten der stellvertretende Klubobmann Gerald Loacker und die pinke Budgetsprecherin Karin Doppelbauer, dass die "Zukunftsquote" unter das Niveau von vor der Pandemie falle, und forderten eine Rückkehr zu einem nachhaltigen Budgetpfad. Am Budget könne man ablesen, dass die Regierungsparteien lediglich an die Wahl im kommenden Jahr denken.

Laut der Ökonomin Margit Schratzenstaller vom Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo) ist das Budget "nachvollziehbar", wie sie dem Ö1-"Morgenjournal" sagte. Es handle sich um ein "vorsichtiges Budget", allerdings sei auch bemerkbar, dass 2024 ein Wahlkampfjahr sei, da die Regierung auf Ausgaben auf weiter Front setze und Effizienzreformen nicht angehe. (red, APA, 21.11.2023)