"Die Zeit der Witze ist vorbei", unkt Andreas Vitásek.
Valerie Loudon

Er sei kleiner geworden – wie alle Menschen es mit dem Alter würden, sagt Andreas Vitásek: Männer, Frauen und die 72 dazwischen. Ein bisschen dauert es, dann sickert der Schmäh im Wiener Rabenhof auch bis ins Publikum durch: Ah, Gender! Dort stellte der Kabarettist am Dienstag sein neues Programm Spätlese vor – wegen Corona um zwei Wochen verschoben.

Corona spielt auch eine Rolle im Programm, respektive an dessen Ende. Demnach können sich jetzt Schwurbler wieder alle möglichen Impfungen reinjagen lassen, ohne zu fragen, was drin ist – genau wie zuvor. In Blöcken klappert Vitásek (67) über zwei Stunden lang mal gesellschaftskritisch und mal mehr mit beiden Beinen im Alltag Themen wie Urlaub (einst mit den Eltern in "Tschesolo", jetzt mit der Frau in St. Pölten), die deutsche Staatsbürgerschaft einer seiner Töchter (MA 35!), das strenge Mülltrennregime in seinem Haushalt ("Wir leben zwischen Mistkübeln. Wie die Ratten!") ab.

Tiere erlösen

"Spätlese" steht beim Wein für reife Tropfen mit mehr Süße. Als Programm wirkt Vitáseks Spätlese indes etwas zusammengeklaubt. Man weiß oft nicht: Will er auf etwas hinaus? Kurz tangiert er die Inflation und stichelt gegen die ÖVP, dass ein roter Paprika im Supermarkt inzwischen mehr koste als das "Nehammer-Menü", dann vermerkt er nostalgisch, dass Favoriten zu seiner Schulzeit demografisch anders ausgeschaut habe als heute. Dazwischen fordert er "Schluss mit Boomer-Bashing" und isst er Fleisch aus Massentierhaltung, weil für diese Tiere der Tod ja Erlösung sei. Sexwitze? Ziehen! Etwa über die Werbung mit dem Raketenvergleich für Erektionspillen – die findet er blöd.

"Die Zeit der Witze ist vorbei", klagt er einmal. Zuweilen scheint’s, Vitásek ziehe aus, um die vermeintlichen Grenzen des Sagbaren zu sichern. An sich süffig, ist diese Spätlese dann leider schlecht temperiert. (Michael Wurmitzer, 23.11.2023)