Präsident Andrzej Duda überreicht dem amtierenden Premier Mateusz Morawiecki die Ernennungsurkunde.
Präsident Andrzej Duda (links) überreichte dem amtierenden Premier Mateusz Morawiecki die Ernennungsurkunde.
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Der Rahmen war gewohnt festlich, doch wirkliche Feierlaune wollte nicht aufkommen. Und auch sonst hatte die Angelobung der neuen polnischen Regierung am Montagabend nicht viel gemein mit dem Amtsantritt eines normalen Kabinetts. Die Vertrauensabstimmung im Sejm nämlich, dem Abgeordnetenhaus des Parlaments, muss nun innerhalb von 14 Tagen stattfinden. Die Chancen auf ein positives Ergebnis für Premier Mateusz Morawiecki von der nationalkonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) gelten dabei als verschwindend gering. In Polen werden Morawiecki und sein Team daher bereits jetzt spöttisch als "Zwei-Wochen-Regierung" bezeichnet.

Morawiecki war als amtierender Premierminister in die Parlamentswahl Mitte Oktober gegangen. Bei dieser blieb die PiS zwar stimmenstärkste Partei, verlor aber ihre Mehrheit: Im Sejm verfügt sie nur noch über 194 der insgesamt 460 Sitze. Ein bereits vor der Wahl geschmiedetes Oppositionsbündnis hingegen, bestehend aus der liberalen Bürgerplattform (PO) von Ex-Premier Donald Tusk, dem konservativ-zentristischen "Dritten Weg" und der Linken (Lewica), kommt auf 248 Mandate – und hat damit im Unterschied zur PiS neben einem bereits fertig unterschriebenen Koalitionsvertrag auch eine Regierungsmehrheit.

Die restlichen 18 Mandate gingen bei der Wahl an die libertäre Rechts-außen-Partei Konfederacja. Selbst gemeinsam mit ihr käme die PiS auf keine Mehrheit. Abgesehen davon hat die Konfederacja wiederholt erklärt, mit der PiS in keine Koalition gehen zu wollen, unter anderem, weil sie deren sozialpolitische Umverteilungsmaßnahmen ablehnt, von denen vorwiegend Pensionistinnen und Pensionisten sowie Familien mit Kindern profitieren.

Tiefe Gräben

Trotz allem hatte Präsident Duda, der selbst aus den Reihen der PiS stammt, Morawiecki nach der Wahl erneut mit der Regierungsbildung beauftragt. Viele in Polen werfen der Partei nun vor, sich bloß ein wenig länger im Amt halten zu wollen, um schnell noch wichtige Posten zu besetzen oder die Zeit zu nutzen, um der Nachfolgeregierung durch Erlässe und administrative Maßnahmen die Suppe zu versalzen. Andere meinen, die PiS wolle versuchen, doch noch genügend Abgeordnete auf ihre Seite zu ziehen, um weiter regieren zu können. Immerhin hatte PiS-Chef Jarosław Kaczyński den ehemaligen EU-Ratspräsidenten Tusk, den das liberale Oppositionsbündnis als Premier vorschlägt, im Wahlkampf als "Personifizierung des Bösen" bezeichnet. Die Gräben im Land sind also tief.

Für Stirnrunzeln sorgt in Polen auch die Zusammensetzung der neuen Regierung. Nur Premier Morawiecki selbst und Verteidigungsminister Mariusz Błaszczak behielten ihre Posten. Die meisten neuen Regierungsmitglieder sind in der polnischen Öffentlichkeit weitgehend unbekannt. Eine Ausnahme bildet der bisherige Europaminister Szymon Szynkowski vel Sęk, er ist nun Außenminister – "wahrscheinlich" nur für zwei Wochen, wie selbst aus der PiS zu hören ist. (Gerald Schubert, 28.11.2023)