Krankenhaus Wien, leeres Spitalsbett
Stand Montag waren knapp 16 Prozent der verfügbaren Spitalsbetten in den Wiener Krankenhäusern gesperrt.

Die Personalsituation in den Wiener Spitälern bleibt angespannt. Zu den vorhandenen Engpässen kommt aktuell auch noch eine Erkältungs- und Corona-Welle dazu. Diese sorgt nicht nur für mehr Patientinnen und Patienten, sondern auch beim medizinischen Personal für Krankheitsausfälle. Stand Montag waren im Wiener Gesundheitsverbund (Wigev) aus verschiedenen Gründen 915 Betten gesperrt. Damit waren knapp 16 Prozent der 5761 systemisierten Betten nicht verfügbar. Gleichzeitig hieß es auch, dass exklusive AKH 1059 Betten frei waren. Die Zahl der gesperrten Betten sei laut Wigev kein Indikator für die Versorgung der Patientinnen und Patienten.

Mit der Zunahme von Covid-Infektionen hat sich der städtische Spitalsträger auch dazu entschlossen, einige Vorsichtsmaßnahmen einzuführen. So werden Patientinnen und Patienten mit Symptomen getestet – selbst wenn diese nur mild sind. Positiv Getestete werden isoliert oder in Kohorten untergebracht. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Kontakt mit möglicherweise Infizierten haben, sollen Masken tragen. Eine generelle Verpflichtung zur Maske oder zu Covid-Tests gibt es aber nicht, hält der Wigev fest. Das AKH gab bekannt, dass ab Dienstag bei allen stationären Aufnahmen getestet wird, sofern Betroffene dem auch zustimmen.

Das Covid-19-Abwassermonitoring in Österreich zeigt derzeit einen "nationalen Rekordwert an SARS-CoV-2 Konzentration", wie der Molekularbiologe Ulrich Elling auf X (vormals Twitter) schrieb.

Prekärer Pflegebereich

Der Engpass beim medizinischen Spitalspersonal ist vor allem im Pflegebereich prekär. Und hier dürfte sich die Situation weiter verschlechtern: Der Wigev gibt zwar trotz Anfrage keine genauen Zahlen zu den offenen Stellen mehr bekannt. Ende September 2023 hieß es aber, dass rund 94 Prozent der Stellen besetzt und demnach sechs Prozent unbesetzt sind. Auf eine aktuelle STANDARD-Anfrage wurde mitgeteilt, dass derzeit knapp 92 Prozent besetzt sind. Offen sind also bereits mehr als acht Prozent.

Diese Entwicklung zeichnete sich schon im ersten Halbjahr ab: Von Jänner bis Juli haben 455 Pflegekräfte neu in den Spitälern begonnen. Im gleichen Zeitraum gab es 637 Austritte, ein großer Teil davon waren Pensionierungen. Damit betrug das Minus im ersten Halbjahr 182 Personen.

Der Wigev versucht hier gegenzusteuern und verweist auf Maßnahmen zur Rekrutierung von händeringend gesuchtem Fachkräftepersonal. So seien die Ausbildungsplätze im Pflege- und Ärztebereich massiv ausgeweitet worden. 1550 Personen seien in einer Pflegeausbildung, 1400 in der Ausbildung zu einem Arzt oder einer Ärztin. Vergangene Woche gab die Stadt zudem bekannt, die Zulagen für alle Berufsgruppen in den Spitälern ab 1. Februar 2024 zu erhöhen. Das betrifft Sonn- und Feiertagsdienste, Nachtdienste oder Einspringerprämien. 150 Millionen Euro werden bereitgestellt. 2024 sollen Verhandlungen zu einem neuen Gehaltsschema aufgenommen werden.

Wigev-Bedienstete, die Personen für den städtischen Spitalsträger anwerben, haben auch Anspruch auf eine 1000-Euro-Prämie, sofern die neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mindestens sechs Monate bleiben. Bisher konnten 460 Personen angeworben werden.

Ärztekammer mit Kritik

Auch im Bereich der Ärztinnen und Ärzte können zahlreiche offene Stellen nicht besetzt werden. Derzeit sind 93 Prozent der Posten besetzt und demnach sieben Prozent offen, gab der Wigev bekannt. Die Anzahl der Ärztinnen und Ärzte in Ausbildung habe man zuletzt etwas erhöhen können.

Die Wiener Ärztekammer bleibt bei ihrer massiven Kritik am Wigev und der Stadtregierung. Die Erhöhung der Zulagen oder die Einspringerprämien seien eine "Nebelgranate", sagte Vizepräsident Stefan Ferenci. Er bemängelt, dass es für Hotspots wie die Zentralen Notaufnahmen (ZNA) keine Verbesserungen gibt. Auch der Lohnabschluss mit einem Plus von 9,15 Prozent sei nicht ausreichend.

Der Protestmarsch am 4. Dezember in der Wiener Innenstadt werde stattfinden. Gestartet wird ab 13.30 Uhr beim Neuen Markt, die Route führt beim Rathaus vorbei. Gegen 16 Uhr ist eine Abschlusskundgebung am Stock-im-Eisen-Platz geplant. Gefordert werden 30 Prozent mehr Gehalt, 30 Prozent mehr Personal und weniger Bürokratie.

Sondergemeinderat am Mittwoch

Am Mittwoch ist die angespannte Situation in den Wiener Krankenhäusern erneut Thema im Gemeinderat: Die Sondersitzung findet auf Antrag der Grünen statt. Die Oppositionspartei verweist in einer Aussendung vorab auch darauf, dass der Personalstand im Wigev seit Jahren rückläufig sei und Stellen monatelang unbesetzt bleiben würden. "Durch die chronische Personalnot vor allem im Pflegebereich erhöhen sich die Wartezeiten bzw. müssen zahlreiche wichtige Operationen verschoben werden", heißt es. Dem entgegnete der Wigev: "Im OP-Bereich läuft derzeit alles normal", wie es in einer Stellungnahme zum STANDARD heißt. Wenn es akut sei, "wird immer sofort operiert". Ansonsten erfolge eine Reihung nach Dringlichkeit. Die aktuelle OP-Warteliste mit Informationen zu den Eingriffen "Knieersatz, Grauer Star, Bandscheiben-OP und Hüftersatz" findet sich hier. (David Krutzler, 28.11.2023)