Baustelle beim Elbtower in Hamburg
Der Bau des Elbtowers in Hamburg steht derzeit still. Grund sind die Turbulenzen bei der Signa.
IMAGO/Chris Emil Janssen

In den vergangenen Tagen hat es sich bereits abgezeichnet, nun ist es fix: Die Signa Holding des österreichischen Milliardärs René Benko stellt einen Insolvenzantrag. Doch worum geht bei einer Insolvenz eigentlich? Und was bedeutet die Insolvenz der Muttergesellschaft für andere Gesellschaften des verschachtelten Signa-Konzerns?

Frage: Wann ist ein Unternehmen insolvent?

Antwort: Ein Unternehmen ist insolvent, wenn es überschuldet oder zahlungsunfähig ist. Vereinfacht gesagt bedeutet das, dass das Unternehmen nicht mehr in der Lage ist, alle seine Schulden bei Geldgebern zu begleichen.

Frage: Welchen Sinn hat das Insolvenzverfahren?

Antwort: Das Verfahren soll sicherstellen, dass das übriggebliebene Vermögen gerecht unter den Geldgebern, die man auch Gläubiger nennt, aufgeteilt wird. Es soll also verhindern, dass einer der Geldgeber bevorzugt wird und andere leer ausgehen. Ein Beispiel: Zwei Geldgeber leihen einem Unternehmen je 100 Euro, also insgesamt 200 Euro. Das Unternehmen hat aber nur noch ein Vermögen von 100 Euro. Das Insolvenzverfahren sorgt dafür, dass beide 50 Euro bekommen.

Video: Signa Holding reicht Insolvenzantrag am Handelsgericht Wien ein.
APA

Frage: Bedeutet die Insolvenz automatisch das Ende des Unternehmens?

Antwort: Nein, ein Insolvenzverfahren kann im Wesentlichen auf zwei unterschiedliche Arten beendet werden. Option eins: Das Unternehmen wird aufgelöst und das übriggebliebene Vermögen vollständig aufgeteilt. Option zwei: ein Sanierungsverfahren. Das Unternehmen wird dabei zu einem gewissen Grad von seinen Schulden befreit und dann fortgeführt. Für Geldgeber ist Option zwei oft besser, weil ein fortbestehendes Unternehmen eher in der Lage ist, die Schulden zurückzuzahlen. In der Insolvenz von Kika/Leiner läuft derzeit ein Sanierungsverfahren. Auch die Signa Holding strebt ein Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung an. Ob es dazu kommt, hängt nun vom Gericht und von der Zustimmung der Geldgeber ab.

Frage: Was ist die Besonderheit bei der Signa?

Antwort: Die Signa ist nicht ein einzelnes Unternehmen, sondern ein verschachtelter Konzern, der sich aus hunderten einzelnen Unternehmensgesellschaften zusammensetzt. Dazu kommt, dass diese einzelnen Gesellschaften ihren Sitz in unterschiedlichen Staaten mit unterschiedlichen Rechtsordnungen haben.

Frage: Was würde das Insolvenzverfahren bei der Signa Holding für andere Konzerngesellschaften bedeuten?

Antwort: Grundsätzlich ist es so, dass die einzelnen Gesellschaften jeweils einzeln in Insolvenz gehen müssten. Eine gemeinsame Insolvenz des gesamten Konzerns ist in Österreich nicht vorgeschrieben und prinzipiell auch nicht vorgesehen. Die Insolvenz der Muttergesellschaft Signa Holding bedeutet also nicht zwangsläufig, dass auch die Tochtergesellschaften insolvent werden. Ein Teil des Konzerns könnte theoretisch normal weiterarbeiten.

Frage: Ist das auch realistisch?

Antwort: Das hängt vor allem davon ab, inwiefern es zwischen den Gesellschaften finanzielle Abhängigkeiten gibt – etwa weil sich die Gesellschaften untereinander Geld schulden oder gegenseitige Zusicherungen gemacht haben. Deutlich dürften diese Auswirkungen zum Beispiel bei der Galeria Karstadt Kaufhof werden. Das Handelsunternehmen befindet sich derzeit in einem Sanierungsverfahren, das unter der Bedingung genehmigt wurde, dass die Signa-Mutter 200 Millionen Euro zuschießt. Ob das Geld nun fließen kann, steht infrage.

Frage: Können die Geldgeber auch Geld von den Eigentümern hinter der Signa verlangen? Also von Benko und Co?

Antwort: Nur in sehr eingeschränktem Umfang. Bei Kapitalgesellschaften wie GmbHs und AGs gilt das sogenannte Trennungsprinzip. Das bedeutet, dass die Eigentümer nicht unbegrenzt für die Schulden des Unternehmens haften. Sie haften vielmehr nur für ihre Einlage – also mit jenem Vermögen, das sie in die Gesellschaft einbezahlt haben. Ausnahmen davon gibt es nur bei Verfehlungen der Eigentümer – zum Beispiel dann, wenn es zu einer Vermögensvermischung gekommen ist und deshalb gar nicht klar ist, ob es sich um Gesellschafts- oder Privatvermögen handelt.

Frage: Bleibt Benko also trotz Insolvenz sein Reichtum?

Antwort: Das kommt auf die Betrachtungsweise an. Laut dem Magazin "Forbes" ist das Vermögen Benkos in den letzten Monaten um die Hälfte geschrumpft. Gemeint sind damit aber hauptsächlich dessen Anteile am Signa-Konzern, die freilich deutlich an Wert verloren haben. Sein Barvermögen ist dagegen nicht direkt betroffen. Darunter fällt etwa jenes Geld, das ihm der Konzern in den letzten Jahrzehnten als Gewinn ausgeschüttet hat. Um eine Insolvenz zu verhindern, steht es den Eigentümern natürlich frei, zusätzliches Kapital an die Gesellschaft zu überweisen. Zum Teil ist das im Fall der Signa auch passiert. (Jakob Pflügl, 29.11.2023)