Das Bild zeigt mehrere junge Leute, die ein Smartphone benutzen.
Eine neue Studie stellt die wachsende Zahl von Forschungen infrage, die den Beginn des Smartphone-Zeitalters mit steigenden Fällen von Angstzuständen und Depressionen in Verbindung bringen.
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Das Internet im Allgemeinen und Social Media oder Online-Gaming im Besonderen stehen seit Jahren unter Verdacht, das mentale Wohlbefinden der Nutzerinnen und Nutzer negativ zu beeinflussen. Insbesondere die Auswirkungen von hohem Internetkonsum auf Jugendliche rücken immer wieder in den Mittelpunkt gesellschaftlicher Debatten. Eine aktuelle Studie der Universität Oxford ist daher in diesem Zusammenhang umso bemerkenswerter: Sie kommt zu dem Schluss, dass keine relevante Beeinträchtigung festgestellt werden kann.

Kein eindeutiger Zusammenhang

Entgegen der landläufigen Meinung zeigten die Ergebnisse keine substanziellen Beweise dafür, dass das Internet und damit verbundene Technologien wie Smartphones global betrachtet erhebliche Auswirkungen auf das Wohlbefinden oder die psychische Gesundheit haben. Sie zeigten vielmehr, dass sowohl positive als auch negative Erfahrungen zugenommen haben, es jedoch wenig bis keine Beweise dafür gibt, dass diese Veränderungen direkt mit der Internetnutzung zusammenhängen.

"Wir haben sehr intensiv nach einem eindeutigen Beleg gesucht, der einen Zusammenhang zwischen Technologie und Wohlbefinden herstellt, ihn aber nicht gefunden", sagt der Sozialwissenschafter Andrew Przybylski vom Oxford Internet Institute. Gemeinsam mit dem Psychologen Matti Vuorre von der Universität Tilburg analysierte er die Daten auch unter Berücksichtigung unterschiedlicher Faktoren wie Alter und Geschlecht. Die Wissenschafter konnten jedoch keine Hinweise finden, die Rückschlüsse auf Beeinträchtigungen zuließen. Tatsächlich zeigte sich in der Studie, dass die allgemeine Lebenszufriedenheit von Frauen in den vergangenen zwei Jahrzehnten sogar zugenommen hat.

Kritik an der Forschung

Die Studie, die unter dem Titel "Global Well-Being and Mental Health in the Internet Age" im Fachjournal "Clinical Psychological Science" erschienen ist, stellt damit auch eine wachsende Zahl von Forschungen infrage, die den Beginn des Smartphone-Zeitalters mit steigenden Fällen von Angstzuständen und Depressionen in Verbindung bringen, insbesondere unter Teenager-Mädchen.

Wie "Ars Technica" berichtet, soll Przybylski bekannt für seine Haltung gegenüber alarmistischen Ansichten über soziale Schäden sein, die das Internet anrichten soll. Konkret kritisierte er wieder, dass viele der bestehenden Studien zu dem Verhältnis von Technologie und psychischer Gesundheit oder Wohlbefinden zwar Aufmerksamkeit erzeugten, aber "die Standards für Beweise ziemlich schlecht" seien. Die Mehrheit der Studien konzentriere sich beispielsweise auf englischsprachige Länder, während mehr als 90 Prozent der Jugendlichen außerhalb Nordamerikas und Europas lebten.

Detailliertere Daten notwendig

In der bisher größten Studie zu dem Thema wurde das psychische Wohlbefinden von mehr als zwei Millionen Menschen in 168 Ländern im Zeitraum von 2005 bis 2022 beobachtet, das den landesspezifischen Statistiken zur Internet- und Mobilfunknutzung gegenübergestellt wurde.

Für die Beurteilung des Wohlbefindens wurden Daten aus persönlichen und telefonischen Umfragen verwendet, während die psychische Gesundheit anhand statistischer Schätzungen über depressive Störungen, Angstzustände und Selbstverletzungen aus rund 200 Ländern von 2000 bis 2019 bewertet wurde. Das sind Schätzungen, die auf Gesundheitsdaten der Mitgliedstaaten der Weltgesundheitsorganisation basieren.

Przybylski wies auch darauf hin, dass man erst die richtigen Daten benötige, die für eine Diagnose erforderlich seien, bevor man Lösungen oder Behandlungen vorschlage. Er verglich regulatorische Vorschläge wie das Verbot der Handynutzung für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren oder das Einschränken des Zugangs zu bestimmten sozialen Medien-Apps, mit "Sicherheitskontrollen an Flughäfen" – sie seien seiner Ansicht nach nur "Theater".

In der Studie betonen die Forscher jedenfalls, dass es wichtig sei, detailliertere und transparentere Daten von Technologieunternehmen zu erhalten, um die Auswirkungen der Internetnutzung tiefgreifend beurteilen zu können. Sie bemängelten, dass die für die Forschung dringend benötigten Daten von Technologieunternehmen und Onlineplattformen zwar oft gesammelt, aber zurückgehalten würden. (red, 29.11.2023)