Die Ohrfeige sitzt. Unbarmherzig schlägt einem die heiße Luft aus dem Gebläse über der Schiebetür entgegen. Schnell die Haube runter. Zu spät: Ein Schweißausbruch kündigt sich an.

Eine Heißluftwatsche markiert im Winter den Beginn vieler Einkäufe. Wenn auch nicht angenehm, hat sie dennoch eine wichtige Funktion für die Temperatur von Shoppingcentern und Geschäften. Diese haben meist Türen, die sich automatisch öffnen – an frequenzstarken Tagen wie dem 8. Dezember besonders häufig. Um da warme Luft drinnen zu behalten, braucht es die heiße Luft aus dem Gebläse: Sie bildet eine Art Barriere zur kühlen Luft im Freien.

Um die 20 Grad sind die angestrebte Temperatur im Einkaufszentrum The Mall. Die Kundschaft solle sich im Mantel nicht "daschwitzen".
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Der Temperaturschock am Eingang ist die Spitze klimatischer Unwägbarkeiten, die ein Einkaufstag bergen kann. Mit einem Schweißausbruch ist es mitunter nicht getan: Weiter drinnen in den Shoppingcentern und Geschäften ist es zwar nicht ganz so heiß, aber für so manche dick eingepackte Einkäuferinnen und Einkäufer immer noch zu warm. Doch wie wird eigentlich festgelegt, wie warm genau?

Richtschnur für die Temperatur auf Handelsflächen sind rechtliche Vorgaben. Die orientieren sich am Personal, das deutlich mehr Zeit in Einkaufszentren oder Geschäften verbringt als die Kundschaft. Im Verkauf sind zwischen 18 und 24 Grad Raumtemperatur vorgeschrieben – also eine doch große Spanne.

Beschwerden vor allem von Personal

In der Lugner City am Neubaugürtel werden "22, maximal 23 Grad" angepeilt, sagt Josip Vujica, technischer Betriebsleiter. Dies fuße auf einer Empfehlung des Austrian Council of Shopping Places, einer Interessenvertretung, von 2022. Da wurde Energiesparen wegen der hohen Strom- und Gaspreise für große Liegenschaften wie Einkaufscenter ein großes Thema.

Die richtige Temperatur zu finden, erfordere Fingerspitzengefühl, sagt Vujica. Das generieren er und seine Mitarbeiter, indem sie durchs Haus gehen: "Passt etwas nicht, werden wir angesprochen." Wobei Anregungen zur Temperatur kaum von der Kundschaft, sondern vor allem vom Personal kämen: "Dem ist es meistens zu kalt."

Unterschied zu draußen spielt Rolle

Auf eine Mischung aus "Erfahrungswerten und Energieeffizienz" setzt Florian Richter beim Finden einer angenehmen Temperatur für The Mall in Wien-Mitte: "Wir versuchen, den Spagat zu schaffen, dass man sich bei uns im Wintermantel nicht daschwitzt", sagt der Liegenschaftsmanager von CC Real. Das Temperieren großer Gebäude sei komplex: "Das ist nicht wie daheim, wo man die Heizung aufdreht, und es ist warm." Mitunter dauere es Tage, um den angestrebten Wert zu erreichen.

Der betrage um die 20 Grad. Entscheidend dafür, ob die Innentemperatur als behaglich empfunden wird, sei der Unterschied zu draußen: "Wenn es im Freien minus fünf Grad hat, muss man drinnen mit einer etwas anderen Zieltemperatur arbeiten, als wenn es zehn Grad hat."

Licht und Kundschaft wärmen

Ins Auhofcenter unweit der Westausfahrt werde morgens 20 Grad warme Luft eingeblasen, sagt Besitzer und Betreiber Peter Schaider. Durch die Wärme, die die Kundschaft und die Beleuchtung abstrahlen, steige die Raumtemperatur dann noch etwas an. Ab 22 Grad schalte sich die Heizung automatisch aus, ab 23 Grad werde mit Frischluft gekühlt.

Ausschlaggebend seien ökologische Überlegungen und das Kundenbefinden: "Die Leute wollen es eher kühler haben, nicht zu heiß", sagt Schaider. Besonders relevant sei das in Modegeschäften: "Man will ja nicht verschwitzt etwas probieren."

Ausziehen, ausziehen!

Und was kann man selbst tun? Umweltmediziner Hans-Peter Hutter von der Med-Uni Wien rät, Oberbekleidung in Einkaufszentren auszuziehen – auch wenn das lästig sein mag: "Ob es sehr angenehm ist, den Mantel herumzuschleppen, ist natürlich die Frage." Man könne dem Körper damit ein Stück der Arbeit, die das Abführen von Hitze für ihn bedeutet, ersparen.

Wer das ständige Heiß-Kalt beim Einkaufen anstrengend findet, bildet sich das nicht ein: "Unser Organismus muss sich immer an die Umgebungstemperatur anpassen. Das ist für das Herz-Kreislauf-System mit einer gewissen Belastung verbunden."

Die gute Nachricht sei, dass der Winter mehr Chancen biete, sich zu helfen, als die warmen Monate: "Im Sommer hat man eher keinen Pullover dabei, den man überziehen kann, wenn man in ein unterkühltes Geschäft geht. Im Winter zieht man sich halt aus. Aber dafür muss man nicht Medizin studiert haben."

Um gerade nicht benötigte Mäntel verstauen zu können, bieten viele Einkaufszentren Schließfächer an. Das Auhofcenter habe erst wenige, "das ist noch ein gewisses Defizit", sagt Inhaber Schaider. Aber eines, das behoben wird: "Wir planen den Bereich gerade neu." (Stefanie Rachbauer, 4.12.2023)