Kleider machen Leute: Nachtgewandartige Rüschenkleider für die Damen, gewichste Stiefel und akkurate Jacketts für die arretierfreudigen Herren und Meister.
Kleider machen Leute: Nachtgewandartige Rüschenkleider für die Damen, gewichste Stiefel und akkurate Jacketts für die arretierfreudigen Herren und Meister.
Herwig Prammer

Man muss es dem Schustersohn Wendelin Pfrim (Julian Sigl) nachsehen, dass er überall Gespenster sieht. Der junge Mann wird in Nestroys Posse von der titelgebenden schieren Höllenangst (1849) geplagt. Überall Intrigen und faule Spielchen. Der Himmel blitzt und donnert. Und als dann ein Herr im roten Futteral durch die Dachluke plumpst, ist die Sache klar: Der Teufel will einen Deal.

Dieser "Teufel" ist in Wahrheit aber nur der auf der Flucht befindliche Oberrichter von Thurming (Jan Nikolaus Cerha), der in Dominique Schnizers Linzer Inszenierung in beflissenen Schachzügen seine geliebte Adele aus den Fängen ihres Vormundes zu retten versucht. Seinen Geldsack wirft er Wendelin zu Füßen und eilt davon. Angesichts der Dukaten nimmt der Handel mit dem Beelzebub vielversprechende Züge an. Ein Leben in Saus und Braus scheint Wendelin möglich. Und nach circa zehn Jahren könne man ja, wie der katholisch geschulte Papa Pfrim (Horst Heiss) vorschlägt, immer noch den Bußgang nach Rom antreten.

Die Frau als Pfand

Der Nestroy-versierte Regisseur Schnizer – er hat in Graz Talisman und Jux, in Linz Liebesgeschichten und Heiratssachen inszeniert – setzt im Schauspielhaus des Landestheaters auf eine karikierend-historisierende Erzählweise, in der Aberglaube und Bigotterie, Unterwürfigkeit oder Widerspenstigkeit überspitzt ausagiert werden.

So ist Mutter Pfrim (Eva-Maria Aichner) eine sich an Stoßgebeten nährende Gottesfürchtige und der geldgierige Stromberg (Sebastian Hufschmidt) ein auffrisierter Wichtigtuer. Die verwaiste Baronesse Adele (Theresa Palfi) performt ihr Dasein als lebendes Pfand für Reichtum in einer mit vielen Seufzern und Schluchzern einhergehenden überzeichneten Hilflosigkeitsperformance in weißen Schühchen und mit Riesenmasche im Haar (Kostüm und Bühne: Christin Treunert). Während ihre Zofe Rosalie (Lorena Emmi Mayer) in ähnlichem Rüschenkleid die proletoide Antipodin darstellt, gegen deren Liebeserklärungen man sich wappnen sollte.

Tim-Burton-Façon

Dieser mit großem Ensemble auftrumpfenden Inszenierung fehlt zwar der Überbau, sie glänzt aber in Figurendetails, etwa durch Benedikt Steiner als Diener Ignaz: Mit spitzen Knien und nestelnden Fingern stakst er unter einer steil gescheitelten Perücke als formvollendete Tim-Burton-Figur einher, die wie ein Gecko lispelt.

Sarah Anna Fernbachs Couplettexte, begleitet von einer Liveband, hätten es verdient, klarer zur Geltung zu kommen: "Scho wieder wird g’heirat, mir ’is‘s einerlei, / ois Frau wirst beim Nestroy nur ’s Beiwagerl sei, / wenigstens hob i a lässig’s Kostüm, / zum Glück derf i boid wieder Jelinek spü’n." (Margarete Affenzeller, 5.12.2023)