Fünf Milliarden Euro. So hoch liegen die Verbindlichkeiten der Signa Holding, die vergangene Woche Insolvenz anmeldete. Laut Financial Times lag die Höhe der Schulden noch Ende 2022 bei lediglich knapp zwei Milliarden – sie sind also richtiggehend explodiert.

Doch die Holding, also die Dachgesellschaft, ist nur ein kleiner Teil des gesamten Konzerns. Das große Immobilienvermögen – wie auch noch höhere Schulden – finden sich bei wichtigen Tochtergesellschaften, die (zumindest vorerst) nicht insolvent sind.

Da wären vor allem die Signa Prime Selection AG und Development AG, die Luxusimmobilien- und die Immobilienentwicklungssparte des Benko-Konglomerats. Deren Schulden betragen laut Kurier in Summe 14,31 Milliarden Euro.

Lage unübersichtlich

Was weiß man über die Schulden des Signa-Konzerns? Die Lage ist wegen der extremen Intransparenz unübersichtlich. Fest steht: Ein hoher Teil der Schulden – dem Vernehmen nach 1,3 der fünf Milliarden Euro bei der Holding – liegt bei verbundenen Unternehmen, also bei Töchtern. Andererseits gehen die Schulden offenbar kreuz und quer im Konzern: Laut Financial Times sollen Prime und Development ihrerseits wiederum mit rund einer Dreiviertelmilliarde Euro bei anderen Signa-Einheiten verschuldet sein.

Das Hotel Bauer in Venedig zählt zu den Schmuckstücken der Signa Prime. Finanziert hat den Ankauf im Jahr 2020 die Raiffeisenlandesbank Niederösterreich Wien.
Das Hotel Bauer in Venedig zählt zu den Schmuckstücken der Signa Prime. Finanziert hat den Ankauf im Jahr 2020 die Raiffeisenlandesbank Niederösterreich Wien.
imago images/Juan Antonio Alonso

Auf der Gläubigerliste der Signa Holding finden sich unter anderem besagte Prime und Development und die Signa-eigene deutsche Warenhauskette Galeria Kaufhof. Dazu gibt es unter den Gläubigern interessanterweise wichtige Gesellschafter des Signa-Konzerns, die im Einflussbereich René Benkos stehen: Da wären etwa die Familie Benko Privatstiftung, das Luxushotel Villa Eden am Gardasee und die Supraholding GmbH (letztere beide zählen zum Einflussbereich Benkos und von dessen Stiftungen). Wie es dazu kommt, dass die Holding hier ihren bedeutendsten Gesellschaftern Geld schuldet, bleibt vorerst unklar.

60 Prozent besichert

Von den grob geschätzt knapp 20 Milliarden Euro, die der Signa-Konzern an Schulden hat, entfallen rund 2,2 Milliarden auf österreichische Banken. Das geht unter anderem aus einem dem STANDARD vorliegenden Brief von Nationalbankgouverneur Robert Holzmann an Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) von Anfang November hervor, in dem Holzmann das Risiko für die heimischen Banken darlegt. 60 Prozent der Kredite von Österreichs Banken an die Signa sind laut Holzmann demnach besichert. Besonders viel an die Signa verborgt hat der Raiffeisen-Sektor, allein bei der Raiffeisen Bank International (RBI) etwa sind es laut STANDARD-Informationen rund 750 Millionen Euro.

Laut einer Analyse der US-Investmentbank JP Morgan ist ein beträchtlicher Teil der Signa-Schulden variabel verzinst. Bei den wichtigen Töchtern Prime und Development sollen diese variabel verzinsten Verbindlichkeiten demnach mehr als vier Milliarden Euro betragen. Die besonders hohen Kostensteigerungen bei variablen Krediten, die derzeit viele Hausbauer zu spüren bekommt, erklären also auch bei der Signa ein Stück weit den rasanten Schuldenanstieg innerhalb kurzer Zeit.

Variabel verzinst

Rückschlüsse darauf, wie die Finanzierung von Signa-Projekten konkret und im Einzelnen aussieht, ermöglicht die Bilanz des Hotels Bauer in Venedig für das Jahr 2022, die dem STANDARD vorliegt. Es handelt es sich um eines der Schmuckstücke der Signa Prime: ein traditionsreiches Luxushotel, eröffnet im Jahr 1880. 2020 kaufte es die Signa von einem US-Hedgefonds.

Wie wird so etwas nun finanziert? Für den Kauf des Hotels hat die Prime-Unternehmenstochter Venedig Beteiligung GmbH, die das Hotel betreibt, im März 2020 eine Kredit in Höhe von 135 Millionen Euro aufgenommen, geht aus der Bilanz hervor. Der Kreditgeber: die Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien. Österreichische Banken waren also derart wichtig im Benko-Reich, dass sie auch Projekte im Ausland finanzierten.

Der Kredit ist bis März 2025 zurückzuzahlen. Die Verzinsung ist variabel: 2,5 Prozent plus der Dreimonats-Euribor. Besichert ist der Kredit-Deal mit dem Hotel selbst sowie mit mehreren Pfandrechten, unter anderem auf Bankkonten des verschuldeten Unternehmens. (Joseph Gepp, 5.12.2023)