Wolodymyr Selenskyj im September zu Besuch bei Joe Biden im Weißen Haus.
Im September war Wolodymyr Selenskyj zuletzt in Washington und hat dabei auch seinen US-Amtskollegen Joe Biden im Weißen Haus getroffen. Nun wird er per Video zugeschaltet, um mit Senatorinnen und Senatoren zu reden.
AP/Evan Vucci

Es war schon länger absehbar, nun aber ist es tatsächlich fünf vor zwölf: Shalanda Young, Direktorin des nationalen Haushaltsamts in den USA, erklärte in einem Brief an die Führung der beiden Kongresskammern, dass die bewilligten Gelder zur Unterstützung der Ukraine bis Ende des Jahres aufgebraucht sein werden. Es gebe "keinen magischen Topf", aus dem Mittel abgezapft werden können, warnte sie. Deshalb rief Young den Kongress zu raschem Handeln auf: "Wir haben kein Geld mehr – und fast keine Zeit mehr."

Absehbar war die Situation deshalb, weil es bei den Republikanern, die die Mehrheit im Repräsentantenhaus haben, mehr und mehr kritische Stimmen gegenüber der Ukraine-Unterstützung gibt. Deshalb ist auch das von Präsident Joe Biden im Oktober eingebrachte 61,4-Milliarden-Dollar-Hilfspaket für die Ukraine noch nicht abgesegnet worden. Zwar gäbe es unter den Republikanern auch weiterhin ausreichend Ukraine-Unterstützer, um eine Mehrheit für Hilfen in beiden Kammern hinzubekommen. Allerdings kommt es erst gar nicht zur Abstimmung, denn radikalere Mitglieder der Fraktion fordern als Gegenleistung unter anderem eine verschärfte Migrationspolitik an der Grenze zu Mexiko. Speaker Mike Johnson – selbst einer der ihren – hat ihnen zugesagt, bis zum Vorliegen von Zugeständnissen keine Abstimmung zuzulassen.

Trump wäre für einen Deal

Ex-Präsident Donald Trump, der für die Wahlen im nächsten Jahr wieder aussichtsreichster Kandidat für die Republikaner ist, hatte schon mehrmals erklärt, den Ukraine-Krieg im Fall einer Rückkehr ins Weiße Haus prompt beenden zu können. Er würde Selenskyj und Kreml-Chef Wladimir Putin einen Deal ausverhandeln lassen.

Das will Selenskyj bekanntermaßen nicht – stattdessen kämpft er weiter um eine Fortsetzung der US-Unterstützung. Schon Ende September versuchte er, die Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger bei einer Washington-Visite davon zu überzeugen. Nun wird er am Dienstag per Video im US-Senat zugeschaltet. In einer nichtöffentlichen Sitzung möchte er deutlich machen, was auf dem Spiel steht und was passiert, sollten die USA tatsächlich ihre Hilfe einstellen.

Chuck Schumer, demokratischer Mehrheitsführer im Senat, erklärte vorab: "Autokraten und Diktatoren führen einen Krieg gegen Demokratie, gegen unsere Werte, unseren Lebensstil, deshalb ist es so wichtig, dieses Unterstützungspaket zu bewilligen." Erwartet wird, dass auch Außenminister Antony Blinken und Verteidigungsminister Lloyd Austin die Senatorinnen und Senatoren am Dienstag über den Ernst der Lage in der Ukraine informieren werden.

Orbán mit Brief an Michel

Auch in der EU ist man sich alles andere als einig in Sachen Ukraine-Unterstützung. Geht es nach Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán, sollten die Mitgliedsländer beim bevorstehenden EU-Gipfel am 14. und 15. Dezember nicht versuchen, eine Entscheidung über EU-Beitrittsgespräche mit der Ukraine herbeizuführen. In einem Brief an EU-Ratspräsident Charles Michel schrieb Orbán, "der offensichtliche Mangel an Konsens" würde "unweigerlich zum Scheitern führen". Orbán, der einen guten Draht zu Putin hat, hat sich bei Unterstützung für die Ukraine schon öfter quergelegt. (Kim Son Hoang, 5.12.2023)