Neu gebaute Einfamilienhäuser verbrauchen wertvollen Boden und fördern Zersiedelung und umweltschädliche Mobilität. Doch für viele Menschen sind sie ihr größter Lebenstraum, und nachhaltige Alternativen gibt es in Österreich kaum.

Rohbau Einfamilienhaus grüne Wiese
Mitten im Grünen wohnen – das wünschen sich viele.
imago images/MiS

Pro

Um den Elefanten im Raum gleich anzusprechen: Ja, neue Handels- und Gewerbegebiete sind auch arge Bodenfresser. Auch hier gehört ein Riegel vorgeschoben, denn ansonsten feiert nur der Whataboutism fröhliche Urständ'. Schuld sind der Wettbewerb der Gemeinden um Betriebsansiedlungen und die damit einhergehenden Forderungen nach immer mehr Straßen.

Die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos. Gegen Betriebsgebiete stellen sich mittlerweile vielerorts Bürgerinitiativen. Hier ist die Sensibilisierung weit fortgeschritten, sie wird aber – wenn man das große Ganze in den Blick nimmt – bisweilen von einer Not-in-my-backyard-Attitüde überlagert. Hier bitte kein Betriebsgebiet, anderswo ist es mir wurscht.

Mit den Einfamilienhäusern ist es komplizierter. Viele Leute wollen selbst eines, und vor allem in kleineren Gemeinden ist das auch die unter Politikerinnen und Politikern beliebteste Wohnform. Die Widmung neuer Einfamilienhaussiedlungen erfordert relativ wenig raumplanerisches Know-how und auch wenig Überzeugungskraft.

Vor allem die Widmung von Gebieten für freistehende Einfamilienhäuser. Denn diese sind das eigentliche Grundübel in diesem Land, das immer stärker zersiedelt wird. Tag für Tag werden Millionen an Kilometern mit Autos gefahren, die bei vernünftiger städtebaulicher Planung verhindert werden könnten. Das lässt sich vor Volksschulen und Fachmarktzentren jeden Tag beobachten. Zudem stehen von den mehr als 1,5 Millionen Einfamilienhäusern in Österreich mittlerweile viele leer. Ebenso wie es sehr viele unbebaute Baugründe gibt. Genau hier müsste man ansetzen: ein Widmungsstopp für freistehende Einfamilienhäuser und Maßnahmen, um den Bestand zu mobilisieren. (Martin Putschögl, 1.1.2024)

Kontra

Wo steht der Esstisch, wo liegt die Terrasse, wie soll das Bad aussehen? Für viele in Österreich ist es ihr größter Lebenswunsch, ihr Eigenheim selbst zu planen. Dazu zählt nicht nur das Einrichten, sondern auch das Mitbestimmen bei der Architektur. Ein solches Projekt lässt sich nur auf der grünen Wiese umsetzen.

Vor Sanierungen schrecken viele zurück. Tatsächlich kann es eine Mammutaufgabe sein, ein passendes Haus zu finden. Dieses muss nicht nur den eigenen Vorstellungen entsprechen, für Laien ist auch der Zustand eines gebrauchten Hauses schwer einschätzbar. Ganz abgesehen von den Kosten, diese sind bei Renovierungen alter Häuser oft unvorhersehbar.

Sanierungen werden einem in Österreich noch dazu nicht unbedingt leicht gemacht. Immer wieder ist die Rede von einem regelrechten Förderdschungel. Viele schreckt das ab, sie wollen lieber von Grund auf neu bauen.

Natürlich befeuern neue Einfamilienhäuser den Bodenverbrauch, aber man muss auch ehrlich sagen: Es fehlen gute Alternativen, die die Bedürfnisse der Häuslbauerinnen und Häuslbauer ebenfalls erfüllen könnten. Ideen gibt es freilich: Nicht immer muss es das freistehende Einfamilienhaus sein. Geschlossene Bebauungen würden Errichtungs- und Infrastrukturkosten sowie Flächen schonen.

Auch Baugruppen wären eine Option. Wer sich ein Einfamilienhaus wünscht, sehnt sich oft nicht unbedingt nach Abgeschiedenheit, sondern wünscht sich ein Arbeitszimmer, eine Werkstatt oder einen Garten. Solche Dinge wären auch in Wohnprojekten umsetzbar, nur gibt es diese leider kaum. Wer also nach einem Aus für neue Einfamilienhäuser schreit, sollte zunächst einen guten Plan B im Angebot haben. (Bernadette Redl, 1.1.2024)