Die Ambermed-Ambulanz in Wien ermöglicht Menschen ohne Versicherung medizinische Hilfe und ist Vorbild für die Virgilambulanz in Salzburg.
Heribert Corn

Ein lange geplantes Projekt wird im kommenden Jahr in Salzburg realisiert: Ab Juni bekommen Obdachlose und Menschen ohne Versicherung kostenlose medizinische Hilfe in der Virgilambulanz in Parsch. Die Caritas leitet das Ambulatorium, in dem ein fix angestellter Arzt sowie eine diplomierte Pflegekraft und eine Assistenz ordinieren werden. Nach Bedarf werden auch Sozialarbeiter und Dolmetscher vor Ort sein, kündigt Caritas-Direktor Johannes Dines im Gespräch mit dem STANDARD an.

In Österreich leben geschätzt 27.000 Menschen, die aus verschiedensten Gründen nicht krankenversichert sind. Das entspricht fast der Einwohnerzahl von Bregenz. Die Betroffenen sind von den meisten medizinischen Versorgungseinrichtungen ausgeschlossen, da sie die Leistungen selbst bezahlen müssten, aber in den allermeisten Fällen kein Geld dafür haben.

Vom Bus in die Praxis

In Salzburg fährt sei dem ersten Advent 2014 jeden Sonntagabend eine Arztpraxis auf vier Rädern, um Menschen ohne Krankenversicherung und Obdachlose medizinisch zu versorgen. Rund 30 Ärzte ordinieren freiwillig abwechselnd im sogenannten Virgilbus. Die aufsuchende niederschwellige Betreuung mit dem Bus ist aber immer nur als Akutbetreuung vorgesehen gewesen.

Dem Initiator, Internisten und ehemaligen Landtagspräsidenten der Neos, Sebastian Huber, schwebte seit Jahren vor, eine Ambulanz zu eröffnen. Denn Patienten mit chronischen Erkrankungen wie etwa Diabetes, Hauterkrankungen oder offenen Wunden bräuchten eine durchgängige Behandlung. Eine Ambulanz kann auch präventiv tätig werden, Beratung und Aufklärung für die Patientinnen und Patienten bieten, um etwa schwere Folgeerkrankungen zu vermeiden. Doch bisher fand sich kein geeigneter Ort für die Praxis.

Die Caritas Salzburg setzt das Projekt nun im Albertus-Magnus-Haus im Salzburger Stadtteil Parsch um. In den oberen Stockwerken leben Menschen ab 45 Jahren mit chronisch-psychischen Erkrankungen im betreuten Wohnen. Viele von ihnen waren früher obdachlos. Im Kellergeschoß, das über einen eigenen Eingang verfügt, wird derzeit die Ordination eingebaut.

"Dass der Bedarf da ist, wissen wir vom Virgilbus", sagt Caritas-Direktor Dines. In der Virgilambulanz werden, wenn nötig zudem Sozialarbeit und Übersetzung vor Ort angeboten. Neben dem Kernteam werden sich auch ehrenamtliche Ärztinnen und Ärzte einbringen und auch eine fachärztliche Beratung aus der Kardiologie oder Gynäkologie angeboten. Die jährlichen Kosten von rund 480.000 Euro tragen das Land und die Stadt Salzburg, mit der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) würden noch Gespräche laufen, sagt Dines.

Frühe Behandlung entscheidend

"Ziel ist es, dass die Menschen möglichst früh behandelt werden", sagt der Caritas-Direktor. Das sei nicht nur volkswirtschaftlich günstiger und entlaste den Ambulanzbetrieb im Krankenhaus, sondern verhindere auch, dass die Menschen chronische Erkrankungen entwickeln.

Die Suche nach einem geeigneten Standort gestaltete sich nicht so leicht. Zunächst wurde in der Bahnhofsgegend nach Räumlichkeiten gesucht, aber nichts gefunden, was leistbar und geeignet gewesen wäre. Dann war zwischenzeitlich das Borromäum im Gespräch, doch dort fehlte ein eigener, vom erzbischöflichen Privatgymnasium getrennter Eingang. Die Lösung im Albertus-Magnus-Heim sei nicht nur in einem Caritas-Haus, es würden sich auch Synergieeffekte mit dem Seniorenwohnen im Haus ergeben.

Der Virgilbus soll anfangs jedenfalls noch parallel betrieben werden, versichert Dines. "Bis Sommer wird der Betrieb aufrechterhalten, und dann werden wir schauen, wie sich der Bedarf entwickelt." Das Hilfsangebot werde in die Ambulanz integriert.

Angebote in Graz, Wien und Innsbruck

Vorbild für die Virgilambulanz ist etwa die Marienambulanz in Graz. Dort wurde bereits vor 25 Jahren eine niederschwellige Praxis für Menschen ohne Krankenversicherung eröffnet. In Wien gibt es drei Anlaufstationen für unversicherte Menschen: die kostenlose Ambulanz Ambermed der Diakonie, in der zwischen 50 und 80 Ärztinnen und Ärzte ehrenamtlich arbeiten. Im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Wien werden ebenso unversicherte oder mittellose Personen medizinisch versorgt. Wohnungslose können sich auch an das Gesundheitszentrum des Wiener Neunerhauses wenden, wo Allgemeinmediziner und Zahnärzte Nichtversicherte betreuen. In Innsbruck nimmt die Medcare-Ambulanz des Roten Kreuzes und der Caritas Patientinnen und Patienten ohne Krankenversicherung auf.

"Wir lernen von denen und müssen das Stück für Stück aufbauen", sagt der Caritas-Direktor. In Salzburg gebe es aber unterschiedliche Anforderungen zu den großen Städten wie Wien und Graz, und auch die Zielgruppen seien teilweise anders. (Stefanie Ruep, 18.12.2023)