hamakom furchtblasen
Valentin (Ludwig Wendelin Weißenberger) trimmt sich in "Furchtblasen" zum Proud Boy.
Marcel Köhler

Man kann nie wissen, auf wen man zu Weihnachten treffen wird, selbst dann, wenn es die eigene Familie ist. Menschen verändern sich, und angesichts emotional geführter Debatten und verhärteter Fronten in öffentlichen Diskursen kann das heute schnell gehen. Furchtblasen, ein für die Reihe Sam’s Bar im Theater Hamakom entwickeltes Stück von Regisseur Thyl Hanscho und dem Ensemble, zeichnet die Veränderungen einer vierköpfigen Familie von 2019 bis heute nach. Drei erwachsene Geschwister finden sich alljährlich zu Weihnachten bei ihrem Vater (Florentin Groll) ein. Jedes Jahr in etwas veränderter Façon.

Streift die ältere Schwester (Birgit Stöger) mehr und mehr die Fürsorgerolle ab und rächt sich als hemmungslose Influencer-Kapitalistin für die Jahre der Kinderbetreuung, so baut der kleine, wenig selbstbewusste Bruder (Ludwig Wendelin Weißenberger) seine Männerrolle allmählich in Richtung Proud Boy aus. Die Dritte (Aline-Sarah Kunisch) sieht sich mit ihren politisch korrekten Ansichten allein zurückgelassen und wird melancholisch (untermalt von Belle and Sebastian).

"Hier kleb' ich!"

Ein Kleiderständer gibt an den jeweiligen konfrontativen Weihnachtsabenden den geschmückten Baum ab, der einmal auf der Podestbühne, dann wieder mitten im Saal steht. Sam’s Bar ist ein Format unter Vergnügungsetablissement-Bedingungen. Das Publikum sitzt an Tischen und kann konsumieren. Szenen spielen sich im ganzen Raum ab, auch hinten an der Bar, also Hälse wenden!

Wie im Zeitraffer treibt Regisseur Hanscho die Veränderungen voran. Auch am Vater geht die Zeit nicht spurlos vorüber, er wird zum Klima-Opa. "Hier kleb’ ich!", ruft er seinen eintrudelnden Kindern zu. Ein knackiges Stück zum Thema der Stunde, ebenso flott inszeniert. (Margarete Affenzeller, 14.12.2023)