Nachtzüge, Flugreisen, Preis
Lediglich auf einigen wenigen Strecken können direkte Nachtzugverbindungen mit den Preisen von Flügen mithalten.
IMAGO/Andreas Stroh

Viele Menschen in Österreich denken darüber nach, in der Weihnachtszeit ihre Familien im Ausland zu besuchen oder in den Urlaub zu fahren. Sei es eine Reise in den meist wärmeren Süden, beispielsweise nach Spanien, oder in die (hoffentlich) verschneite Landschaft Nordeuropas, um doch noch weiße Weihnachten zu erleben. Insgesamt 250 Millionen Menschen in Europa – also jeder Dritte – reisen rund um die Feiertage in den Urlaub oder zu seiner Familie im Ausland. Durchschnittlich 500 Kilometer legen die Reisenden dabei zurück. Das Verkehrsmittel der Wahl für viele: das Flugzeug.

Kein Wunder – ist doch das Fliegen auch in der Weihnachtszeit in vielen Fällen nicht nur schneller, sondern auch wesentlich günstiger als das Zugfahren. Das ergab eine aktuelle Analyse der Umweltschutzorganisation Greenpeace. Die NGO hat dafür die Preise von 15 Strecken von und nach Wien im Dezember analysiert und zwischen Zug- und Flugangeboten verglichen. Zu den Zielen zählten unter anderem Barcelona, Rom, Paris, Brüssel, Amsterdam, London und Stockholm.

Bis zu fünfmal teurer

Das Ergebnis: Zwölf von 15 Zielen sind von Wien aus mit dem Flugzeug wesentlich günstiger zu erreichen als mit der Bahn. Im Durchschnitt seien Bahnreisen doppelt so teuer wie Flugreisen. Manche Ziele, beispielsweise Barcelona, seien von Wien aus sogar fünfmal teurer mit dem Zug zu erreichen. Auch auf den Strecken Wien–London und Wien–Stockholm sei eine Flugreise im Schnitt mehr als dreieinhalbmal günstiger als eine Reise mit der Bahn.

Beispielsweise kostete eine Zugreise von Barcelona nach Wien am 28. Dezember rund 269 Euro, während es ein Flug mit Ryanair auf lediglich 37 Euro brachte. Am teuersten sei das Bahnticket von Stockholm nach Wien, das am 28. Dezember 433 Euro kostete. Auch eine Zugfahrt von London nach Wien kostete an diesem Tag 357 Euro.

Lediglich auf drei Strecken sei die Reise mit dem Zug billiger als mit dem Flugzeug: von Wien nach Berlin, Zagreb und Zürich. In diesen Fällen seien es vor allem direkte Nachtzugverbindungen, die relativ preiswert sind.

Zugfahren ist meist teurer als Fliegen
Untersuchte Fahrten: Je drei Fahrten pro Richtung am 21.12., 23.12. und 28.12.
Greenpeace, Dezember 2023

Fehlende Anbindungen

Generell sei jedoch auch die Anbindung mit dem Zug schlechter als mit dem Flugzeug: Während von Wien aus alle 15 untersuchten Ziele direkt angeflogen werden können, gibt es nur zu elf Städten eine direkte Zugverbindung. Speziell nach Kroatien und Slowenien seien die Zugstrecken besonders schlecht ausgebaut. Von Wien gebe es jeweils nur einen Zug pro Tag nach Ljubljana und nach Zagreb. Auch Zugverbindungen nach Südfrankreich, Spanien oder in die skandinavischen Länder sind laut Greenpeace ausbaufähig.

Dass viele Menschen zu Weihnachten lieber mit dem Flugzeug als mit der Bahn in den Urlaub reisen oder ihre Verwandten besuchen, wundert angesichts dieser Zeit- und Geldersparnis wenig. Aus ökologischer Sicht sind die Preisunterschiede zwischen Flug- und Bahnreisen jedoch nach wie vor bedenklich. Denn Flugreisen sind im Durchschnitt fünfmal klimaschädlicher als Bahnreisen.

Preisverzerrung

Ursache für die großen Preisunterschiede ist laut Greenpeace, dass Flugreisen immer noch steuerlich extrem begünstigt werden. Denn nach wie vor gebe es keine europaweite Kerosinsteuer. Auf internationalen Flugtickets falle auch keine Mehrwertsteuer an. Zudem erhalten Flughäfen und Fluggesellschaften jährliche hohe staatliche Subventionen.

Im Gegensatz dazu müssen Bahnbetreiber Steuern auf die von ihnen verbrauchte und erzeugte Energie und für die sogenannte Schienenmaut zahlen: also jenes Geld, um das Schienennetz nutzen zu dürfen. Auch komplizierte Buchungssysteme und fehlende Bahnverbindungen tragen dazu bei, Zugreisen gegenüber Flügen eher unbeliebt zu machen.

Europaweites Klimaticket

Umweltschutzorganisationen fordern deshalb schon seit längerem, dass Staaten eine Steuer auf klimaschädliches Kerosin einführen und internationale Flugtickets besteuern. Auf der anderen Seite müsste man laut Greenpeace die Schienenmaut und die Mehrwertsteuer auf Zugreisen abschaffen. Für Familien und Reisende mit geringem Einkommen brauche es spezielle Tarife.

Staaten, die bereits Klimatickets eingeführt haben, wie beispielsweise Österreich und Deutschland, sollten diese Tickets wechselseitig anerkennen und integrieren, fordert Greenpeace. Zudem brauche es ein europaweites Klimaticket, das ähnlich wie das Klimaticket in Österreich für alle öffentlichen Verkehrsmittel gilt und günstiger und einfacher ist als der Interrail-Pass. (Jakob Pallinger, 18.12.2023)