Eine Haubenlerche im Schnee
Feldlerche oder Haubenlerche, das ist die Frage. (Belichtungszeit 1/500 Sek., Lichtempfindlichkeit ISO 720, Spiegeltele mit fixer Brennweite 400 mm und fixer Blende f8)
Michael Simoner

Eines wussten wir gleich: Es war sicher nicht die Nachtigall. Es war die Lerche, die da unlängst am Straßenrand bei Oberwart im Südburgenland herumstocherte und uns zu einem Zwischenstopp veranlasste. Lerchen sind uns bisher nicht so häufig untergekommen (im Garten noch nie), also packten wir die Gelegenheit beim Schopf. Aber welche Lerche ist es, war die Frage. Die Feldlerche, deren Gesang, wie wir seit Shakespeares "Romeo und Julia" wissen, ein untrügliches Zeichen dafür ist, dass die Nacht vorbei ist? Oder war es die nicht so bekannte Heidelerche? Oder gar die Haubenlerche, die mittlerweile in Teilen Europas so selten ist, dass zur Brutzeit Hauskatzen der Ausgang verboten wird?

"Kleine braune Vögel"

Lerchen sind prinzipiell eine recht artenreiche Familie in der Ordnung der Sperlingsvögel, in Österreich brüten nur die drei erwähnten Arten. Alle tragen ein bräunliches Gefieder, das eine markante Strichzeichnung aufweist. Diese Beschreibung trifft auch auf eine ganze Menge anderer Vögel zu, weshalb sich unter englischsprachigen Birdwatchern der Sammelbegriff "Little brown Birds" (LBB) – kleine braune Vögel – eingebürgert hat. Kurioserweise gibt es so etwas Ähnliches auch in der Botanik: "Damn yellow Composite" (DYC) steht für gelbe Astern-Arten, die eben verdammt schwer zu unterscheiden sind.

Zurück zu unseren Lerchen. Es lag noch Schnee, in dem sich aber schon kleine Grasinseln gebildet hatten. Und genau dort, einen Meter neben der Straße, suchte eine Gruppe von sechs Vögeln auf dem Boden nach Futter. Die vorbeifahrenden Autos waren ihnen schnurz, doch als wir uns zu Fuß näherten, nahmen alle bis auf einen Reißaus.

Spezielles Objektiv

Ich hatte zufällig eine Kamera dabei, an der ich gerade ein Spiegelteleobjektiv testete. Bei diesen Objektiven gibt es keinen Autofokus, man muss also manuell scharf stellen. Außerdem hat es eine fixe Brennweite (hier 400 mm) und eine fixe Blendenöffnung (f8). Man kann also nur die Belichtungszeit und die Bildempfindlichkeit (ISO) variieren. Die Bilder werden insgesamt weicher als bei Linsenoptiken. Bei sich bewegenden Motiven ist das Scharfstellen eine echte Herausforderung, aber ich bin mit den Ergebnissen ganz zufrieden.

Nach ein paar Aufnahmen zogen wir uns wieder zurück. Beim späteren Betrachten der Fotos war uns klar, dass es nur eine Feldlerche (Alauda arvensis) oder eine Haubenlerche (Galerida cristata) sein kann. Denn unser Lercherl hatte eine Federhaube, und die haben nur männliche Feldlerchen und beide Geschlechter bei den Haubenlerchen. Damit waren wir aber mit unserem Latein am Ende.

Es war die Haubenlerche

Also baten wir Birdlife Österreich, den gemeinnützigen Verein mit der größten ornithologische Expertise im Lande, um Hilfe. Nach Übermittlung von zwei Fotos kam die freundliche Bestätigung, dass es sich tatsächlich um eine Haubenlerche handeln dürfte. Haubenlerchen haben im Gegensatz zu Feldlerchen einen leicht gebogenen Schnabel. Außerdem ist die namensgebende Federhaube auch sichtbar, wenn sie nicht aufgestellt ist. Und das war der Fall. Birdlife Österreich bietet auch die App "Vögel in Österreich" an, die ein Tool zur Bestimmung enthält. Die Basisfunktion ist kostenlos.

In Westeuropa ist der Bestand von Haubenlerchen in den vergangenen Jahrzehnten drastisch eingebrochen, in Bayern sind sie vom Aussterben bedroht. In Ostösterreich sind sie noch zu sehen. Aber auch hier wird das trockene Grasland, das die Bodenbrüter brauchen, immer rarer. Die G'stettn stirbt aus. Haubenlerchen sind aber nicht blöd, als gelernte Kulturfolger weichen sie u. a. auf geschotterte und begrünte Flachdächer in Industriegebieten aus. Das Dach des Briefzentrums der Post in Wien-Liesing ist mittlerweile so ein Ausweichhabitat. Das schreit nach einer Sonderbriefmarke! (Michael Simoner, 20.12.2024)

Haubenlerche im Schnee
Nur bei Haubenlerchen ist die Federhaube wie hier auch dann zu erkennen, wenn sie nicht aufgerichtet ist. (1/500 Sek., ISO 800, Spiegeltele mit fixer Brennweite 400 mm und fixer Blende f8)
Michael Simoner
Blickkontakt unter Haubenträgern. Meine war gestrickt. (1/500 Sek., ISO 900, Spiegeltele mit fixer Brennweite 400 mm und fixer Blende f8)
Michael Simoner
Haubenlerche im Schnee
Mal kurz aufplustern. (1/500 Sek., ISO 720, Spiegeltele mit fixer Brennweite 400 mm und fixer Blende f8)
Michael Simoner
Haubenlerche im Schnee
Wo sind die anderen? (1/500 Sek., ISO 800, Spiegeltele mit fixer Brennweite 400 mm und fixer Blende f8)
Michael Simoner