Kinderoper Staatsoper Richard Wagner
Hochsee-Bild mit Wasserratte in der Wiener Staatsoper: v. li. Das redselige Tier (Christina Kiesler), Sentas biederer Möchtegern-Lover Erik (Lukas Schmidt) und Senta selbst (Jenni Hietala).
Staatsoper/Michael Pöhn

Ein verfluchter Kapitän, der seine Füße nur alle sieben Jahre an Land setzen darf. Ein Vater, der seine verträumte Tochter mehr oder minder an diesen Düsterling verschachert. Eine seltsame Beziehung, die daraus erwächst und mit dem Opfertod der Braut endet: Richard Wagners Fliegender Holländer ist eher nicht die Sorte Stoff, aus der man Kinderunterhaltung macht.

Die Wiener Staatsoper hat ihre neue Wanderoper für junges Volk (empfohlen ab sechs Jahren) dennoch aus dem dunklen Seemannsgarn gesponnen, der Düsternis aber ausreichend Farbtöne beigemengt.

Keine Angstschluchzer also am Samstag im Premierenpublikum: Rund 90 Minuten vagabundiert es sichtlich gut unterhalten von Spielort zu Spielort und lernt gleich zu Beginn eine unverhoffte Figur kennen: Eine redselige Wasserratte (Christina Kiesler) seilt sich aus luftiger Höhe auf die Feststiege ab und kommt rasch auf Senta zu sprechen, ihre beste Freundin, die sich ausgerechnet für die Schauerlegende vom Fliegenden Holländer begeistert.

Dieses Faible sieht man der jungen Frau mit dem intensiven Sopran dann auch deutlich an. Jenni Hietala ist zwar knallbunt wie eine Manga-Heldin gewandet, trägt dazu aber ein schwarzes T-Shirt mit Holländer-Gesicht. Aus der unschuldigen Schwärmerei wird rasch Ernst.

Opulentes Geburtstagsfest

Der Holländer platzt just in das opulente Geburtstagsfest, das Papa Daland (Simonas Strazdas) für die Tochter im Mahlersaal schmeißt. Da staunt die Ratte, da erblasst auch Sentas biederer Möchtegern-Lover Erik (klangschön: Lukas Schmidt), erstarrt das fröhliche Matrosenballett im üppigen Dekor: Ein verfluchter Kapitän als Partycrasher! Noch dazu von seinem Darsteller Jusung Gabriel Park mit einem so rabenschwarzen Blick und Bariton ausgestattet, dass einem Angst und Bang wird um die Kinderstimmung im Raum.

Doch genau ab hier entfernt sich Das verfluchte Geisterschiff von der Vorlage. Während Wagner mit vollen Segeln ein Todesmysterium ansteuert, tuckert Nina Blums Neufassung (Text: Margit Mezgolich) auf den Hafen eines Happyends zu. Eine Rätselrallye beginnt: Um den Holländerfluch aufzuheben, gilt es, drei Perlen aus den Meerestiefen zu bergen und mehrere Kindermelodien zu erraten. Erinnert ab hier zwar mehr an Fluch der Karibik als an den Fliegenden Holländer. Doch Blums flott-fröhliche Regie mildert den Eindruck eines Bruchs und mündet zu guter Letzt abermals in Wagner-Klängen.

Komponist Gerald Resch hat aus dem Partiturkuchen die Melodierosinen und packendsten Szenen herausgepickt, für Kleinorchester arrangiert und mit atmosphärischen Eigenschöpfungen angereichert: ein pfiffiges, kinderkompatibles Wagner-Plädoyer, gewinnend dirigiert von Markus Henn. Extra-Applaus für die märchenschöne bis Pop-bunte Ausstattung von Ágnes Hamvas (Kostüme) und Marcus Ganser (Bühne). Prädikat: sehens- und hörenswert. (Christoph Irrgeher, 17.12.2023)