Die Weihnachtszeit ist für Paare mit Kinderwunsch oft die schwierigste Zeit im Jahr. Strahlende Kinderaugen in jeder Fernsehwerbung, das Feiern im Kreis der Familie als krönender Abschluss einer Adventszeit, in der auf das Christkind gewartet wird. Die Lücke des fehlenden Kindes – oder auch der Verlust einer Schwangerschaft – schmerzen in diesen Tagen noch mehr als an anderen Tagen des Jahres. Ich erinnere mich noch an eine Schwangerschaftsverkündigung bei einer Feier zu Weihnachten, als wir kurz vor unserer ersten In-vitro-Fertilisation (IVF) standen. Heulend bin ich damals auf die Toilette gelaufen, damit es wenigstens nicht alle mitbekommen.

Das Leid eines unerfüllten Kinderwunsches bleibt oft im Verborgenen. Einer von sechs Menschen weltweit ist von Unfruchtbarkeit betroffen. Trotzdem ist das Thema nach wie vor ein Tabu. Schwanger zu werden ist scheinbar die natürlichste Sache der Welt – umso größer sind Trauer und Scham, wenn es jahrelang und auch trotz künstlicher Befruchtung nicht klappt. Die wenigsten sprechen über die psychischen und physischen Belastungen, die diese Zeit mit sich bringt: operative Eingriffe, Fehlgeburten, ständiges Spritzen und Hormone nehmen, Stimmungsschwankungen, depressive Verstimmungen.

Gehäufte Ängstlichkeit und Depressionen

In einer Umfrage von Fertility Network UK gaben fast die Hälfte der Befragten (47 Prozent) an, dass sie während der Fruchtbarkeitsbehandlungen unter Depressionen litten. 83 Prozent berichteten, dass sie sich oft besorgt, frustriert und traurig fühlten. Kinderwunschpaare leiden häufiger an Ängstlichkeit, Depressionen, Isolation, Ärger und Frustration. Nach einer erfolglosen Behandlung nehmen diese Probleme an Häufigkeit und Intensität deutlich zu.

Paar auf Weihnachtsmarkt
Kinderwunschpaare leiden häufiger an Depression und Ängstlichkeit. Insbesondere in der Weihnachtszeit kann ein unerfüllter Kinderwunsch besonders belastend sein.
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Sich in dieser Situation Unterstützung zu suchen, ist besonders schwer – aber umso wichtiger, um die körperliche und seelische Belastung durch Hormone und durch die Behandlung gut zu überstehen. Erst als ich selbst schwanger war, konnte ich Babys im Bus wieder anlachen und der Anblick von Schwangerschaftsbäuchen löste keine Hassgefühle mehr in mir aus. Derartige Gefühle sind leider normal.

In einer Umfrage von Fertility Europe mit 2.500 Teilnehmer:innen waren 80 Prozent der Befragten der Meinung, dass sie während ihrer gesamten Kinderwunschzeit psychologische Unterstützung von Fachleuten benötigen. Fast die Hälfte der österreichischen Patient:innen gab an, dass psychosoziale Aspekte niemals Thema bei Kinderwunsch-Behandlungen waren. Dabei ist eine psychologische Unterstützung auch im österreichischen Fortpflanzungsmedizingesetz vorgesehen: "Der oder die Ärztin hat den Ehegatten, eingetragenen Partnern oder Lebensgefährten oder dritten Personen, deren Samen oder Eizellen verwendet werden, eine psychologische Beratung oder eine psychotherapeutische Betreuung vorzuschlagen und sie auf die Möglichkeit hinzuweisen, andere unabhängige Beratungseinrichtungen zu konsultieren."

Wer diese unabhängigen Beratungseinrichtungen sein sollen, ist jedoch unklar. Patient:innen sind auf die einzelnen, meist privaten Kinderwunschzentren angewiesen oder müssen in Eltern-Kind-Zentren, wo sie zwischen Kinderwägen und schreienden Babys über ihren unerfüllten Kinderwunsch sprechen sollen. Niemals wäre das für mich eine Option gewesen.

Daher bleibt nur die Möglichkeit, sich selbst Unterstützung zu suchen. Die Kosten sind selbstverständlich nicht Teil der ohnehin kostspieligen Behandlungen. Die Teilnahme an den Treffen unserer Selbsthilfegruppe ist zwar kostenlos, aber wir können niemals die Einzelberatung durch Fachleute ersetzen. Als Verein fordern wir daher, dass es kostengünstige und kostenfreie Möglichkeiten geben muss, um psychologische Unterstützung zu erhalten – am besten bei einer unabhängigen Beratungseinrichtung, die auf den Kinderwunsch spezialisiert ist. Die gibt es jedoch nicht, obwohl sie im Gesetz steht. Und obwohl sie gerade in der Weihnachtszeit so wichtig wäre. (Christina Fadler, 21.12.2023)