Der Weg für das Ende des Amtsgeheimnisses scheint so gut wie geebnet: Die Koalitionsparteien ÖVP und Grüne haben sich mit der SPÖ auf inhaltliche Adaptierungen des Informationsfreiheitsgesetzes geeinigt. Das hat DER STANDARD von den beteiligten Parteien erfahren, am Mittwoch bestätigten die beiden Regierungsparteien die Einigung offiziell am Rande des Ministerrats. Die Zustimmung der SPÖ ist für die verfassungsrechtlichen Bestimmungen im Gesetz notwendig, Anfang Jänner sollen die vereinbarten Änderungen in einen geänderten Gesetzestext geflossen sein – dann stünde einem Beschluss nichts mehr im Wege.

Vorweg: Die wesentlichen Punkte aus dem türkis-grünen Entwurf bleiben bestehen. Eingeführt wird ein Grundrecht auf Information für alle Bürgerinnen und Bürger, auf das sich diese bei Anfragen berufen können – das Amtsgeheimnis wird dafür aus dem Verfassungsrang gestrichen. Öffentliche Stellen müssen also Auskunft geben – sofern nicht einer der zahlreichen Ausnahmegründe dagegen spricht. Behörden können etwa unter Berufung auf Datenschutz, Vorbereitung einer Entscheidung oder die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit schweigen.

Werner Kogler und Karoline Edtstadler
Der grüne Vizekanzler Werner Kogler und ÖVP-Verfassungsministerin Karoline Edtstadler präsentierten den Koalitionsentwurf im Oktober.
APA/MAX SLOVENCIK

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) freuten sich vor dem Ministerrat am Mittwoch über diesen "Meilenstein" und dankten der SPÖ, deren Stimmen für eine Zweidrittelmehrheit nötig sind. Mit der Abschaffung komme es zu einem "monumentalen Kulturwandel in diesem Land", betonte der Vizekanzler: "Bye bye Amtsgeheimnis, welcome Informationsfreiheit." Damit bewahrheite sich, was man vor Monaten angekündigt habe, so Kogler.

Video: Informationsfreiheit: Abschaffung des Amtsgeheimnisses nun fix.
APA

Der stellvertretende SPÖ-Klubobmann Jörg Leichtfried, der für die Sozialdemokraten verhandelte, sprach von einer "historische Einigung", die einen Kulturwandel in der Verwaltung darstelle. Für Leichtfried ist die bestehende Ausnahme für kleine Gemeinden zwar ein "Wermutstropfen", "aber wir haben wichtige Verbesserungen durchgesetzt", verweist der Abgeordnete etwa auf die Ausnahmen für Journalisten und das gestärkte Fragerecht für Abgeordnete.

Wirksame Änderungen

Insgesamt wird der Weg zur Information für Bürgerinnen und Bürger leichter und wohl auch schneller, weil das neue Gesetz kurze Fristen vorsieht. Die von den Roten erwirkten Änderungen betreffen Details, können aber in Einzelfällen wirksam sein:

Jörg Leichtfried
SPÖ-Verhandler Jörg Leichtfried freut sich über gelungene Änderungen, auch wenn "Wermutstropfen" bleiben.
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Forum Informationsfreiheit ortet noch Lücken

Mit den Verhandlungserfolgen der SPÖ sind einige Kritikpunkte ausgeräumt, die das Forum Informationsfreiheit (FOI) zuletzt eingebracht hat. Einiges davon bleibt aber offen, das FOI hofft auf Änderungen im Jänner: So befürchten die Aktivistinnen und Aktivisten, dass durch eine Verfassungsbestimmung im Entwurf Bund und Länder die Informationsfreiheit mit einer einfachgesetzlichen Änderung "aushebeln" könnten. Wird das Gesetz tatsächlich noch im Jänner beschlossen und kundgemacht, beginnt eine Übergangsfrist zu laufen: Gültig wäre das neue Gesetz dann im Sommer 2025.

FPÖ und Neos mit Kritik

Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger sprach auf X (vormals Twitter) von einer guten Nachricht, immerhin hätten laut der Parteichefin die Neos seit zehn Jahren Druck gemacht für die Abschaffung des Amtsgeheimnisses. Knackpunkt seien allerdings die Details, "weitreichende Ausnahmen sind keine gute Idee, will man einem wirklich historischen Schritt", betont Meinl-Reisinger. Die Ausnahmeregelung für kleine Gemeinden seien für die Neos zudem "nicht nachvollziehbar". Auch die FPÖ sieht das Informationsfreiheitsgesetz in der geplanten Form, trotz "kosmetischer Korrekturen" an manchen Stellen, weiter kritisch. Ihr fehlen Punkte wie eine "Cooling-off-Phase" für Höchstrichterposten oder eine Prüfbefugnis für den Rechnungshof bei Unternehmen schon ab einer 25-prozentigen Beteiligung der öffentlichen Hand.

Christian Meidlinger, Vorsitzender der ehemaligen Gemeindebedienstetengewerkschaft Younion, begrüßte das Gesetz zwar grundsätzlich, warnte allerdings, dass das Personal wegen gestiegener Anforderungen der vergangenen Jahre schon jetzt überlastet sei. "Wenn die Politik mehr Leistung will, muss sie auch für ausreichend Personal und Mittel sorgen", pochte er auf mehr Geld etwa für IT und automatische Lösungen. Außerdem forderte er, dass die Offenlegungspflicht auch für Firmen gelten müsse, die sich um öffentliche Aufträge bemühen. (Sebastian Fellner, ste, 20.12.2023)