Vatikanstadt – Der zu fünf Jahren und sechs Monaten Haft verurteilte italienische Kardinal Angelo Becciu hat in einem TV-Interview am Montag seine Unschuld beteuert. "Es ist nicht schön, verurteilt zu werden. Ich war nach der Urteilsverkündung bestürzt und fühlte das Gewicht für mich selbst, meine Familie und auch für die Kirche", so Becciu im Interview in der von Rai 1 ausgestrahlten Sendung "Cinque minuti".

Kardinal verurteilt
Ein Gericht im Vatikan hat einen einst einflussreichen italienischen Kardinal wegen Finanzverbrechen zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt.
AFP

Er werde daran arbeiten, seine Unschuld zu beweisen. "Ich möchte der Welt sagen, dass ich unschuldig bin, dass ich diese Verbrechen, derer ich beschuldigt werde, absolut nicht begangen habe", so der Kardinal. Es liege in der Tradition des Heiligen Stuhls, Immobilien zu kaufen. "Schon seit 1929, nach den Lateranverträgen, begann der Heilige Stuhl in Paläste zu investieren, in London, Paris, Rom, das ist eine Tradition, die der Heilige Stuhl hat", betonte der Kardinal.

Lange wird der Kardinal dafür nicht Zeit haben. Bereits am Mittwoch läuft die Einspruchsfrist ab, wie die italienische Tageszeitung "Il Messaggero" am Dienstag laut Kathpress berichtete. Dann muss der Antrag beim vatikanischen Berufungsgerichtshof eingegangen sein.

Dem Appellationsgericht, das in zweiter Instanz zuständig ist, gehören ein Präsident und mindestens drei ordentliche Richter an. Sie sind für fünf Jahre vom Papst ernannt und arbeiten mit einem Gremium aus Richtern zusammen, die aufgrund ihrer beruflichen Kompetenz vom Gerichtspräsidenten ernannt werden. Die Rolle des Staatsanwalts übernimmt im Berufungsverfahren ein Richter aus dem Büro von Vatikan-Staatsanwalt Alessandro Diddi.

Immobilienskandal

Der Vatikan-Gerichtshof verhängte am Samstag gegen den italienischen Kardinal Angelo Becciu wegen seiner Verwicklungen in einen verlustreichen Immobilienskandal eine Haftstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten. Noch nie zuvor war ein Kurienkardinal von einem Vatikan-Gericht zu einer Haftstrafe verurteilt worden. Beccius Anwälte kündigten an, gegen das Urteil Einspruch einzulegen.

Kardinal Angelo Becciu
In der Sendung "Cinque minuti" beteuert Kardinal Angelo Becciu seine Unschuld.
EPA/RICCARDO ANTIMIANI

Der Strafprozess zählt zu den bisher größten im Vatikan. Erstmals stand ein hochrangiger Kardinal als Angeklagter vor dem Gericht. In dem seit mehr als zwei Jahren andauernden Prozess ging es im Kern um den verlustreichen Kauf einer Luxusimmobilie im Londoner Stadtteil Chelsea durch das vatikanische Staatssekretariat, in dem Becciu mehrere Jahre ein wichtiger Abteilungsleiter war. Der Deal ging schief, weil der Vatikan mehr Geld investierte als geplant. Am Ende stand ein Verlust in dreistelliger Millionenhöhe. (APA, 19.12.2023)