Bundeskanzler Karl Nehammer überreicht Verdienstmedaillen an mutige Helferinnen und Helfer:
Bundeskanzler Karl Nehammer überreicht Verdienstmedaillen an mutige Helferinnen und Helfer: "Lebensretter 2023" am Dienstagabend im ORF.
Screenshot ORF

Am 13. April 2023 geht auf der Westautobahn bei Haag im Bezirk Amstetten ein Lkw in Flammen auf. Lorenz Reisinger ist auf der Heimatfahrt nach Maria Laach, als er zu dem Unfall kommt. Als er sieht, dass in der Fahrerkabine zwei Menschen eingeschlossen sind, handelt der Feuerwehrmann kurzentschlossen. Der 23-Jährige schlägt mit anderen Ersthelfern die Windschutzscheibe ein. Reisinger gelingt es, die beiden Fahrzeuginsassen aus dem brennenden Lkw zu befreien. Kurz danach ging der gesamte Lkw in Flammen auf.

Es sind beeindruckende Geschichten, die Dienstag in der ORF-Sendung "Lebensretter 2023" vorgestellt wurden und für die stellvertretend jene des Niederösterreichers Lorenz Reisinger steht. Zum bereits sechsten Mal fand diese Gala statt. Neun mutige Menschen aus neun Bundesländern hatten ihren Auftritt. Die Sendung soll die einsatzbereiten Helferinnen und Helfer von Feuerwehr, Bundesheer und Rotem Kreuz für ihren außergewöhnlichen Einsatz würdigen und zu mehr Zivilcourage ermutigen. Im Grunde genommen ist das eine gute Sache.

Es bleibt jedoch auch im sechsten Jahr ein schaler Beigeschmack. Diese Sendung wurde vom Bundeskanzleramt unter Sebastian Kurz erfunden, der sich und dem Kooperationspartner "Kronen Zeitung" damit Medienpräsenz zur besten Sendezeit sicherte. Der ORF weist nach außen immer wieder auf seine redaktionelle Unabhängigkeit hin. Hier wird sie zum wiederholten Male nicht beachtet.

So auch heuer. Die Lebensretterinnen und Lebensretter werden von Gastgeberin Barbara Stöckl auf die Bühne gebeten, immer gut sichtbar dabei ist der applaudierende Karl Nehammer. Ausgiebige Medienpräsenz bekommen Staatssekretärin Claudia Plakolm (ÖVP), "Krone"-Chefredakteur Klaus Herrmann und ORF-Generaldirektor Roland Weißmann. Beim Kanzlergespräch erinnert sich Nehammer an die eigene Zeit beim Militär und an die "Kameradschaft", im Hinblick auf seinen heutigen Job klingt es fast wehmütig: "Man hat ein gemeinsames Ziel, man verfolgt es, und man erreicht es." Am Ende überreicht Nehammer Verdienstmedaillen und ist minutenlang im Bild. Win-win für die Politik. Der schale Beigeschmack: Die Politik macht sich hier eine große Selbstbeweihräucherungsschau.

Mehr Substanz hatten die Aussagen der Helferinnen und Helfer, von Lorenz Reisinger zum Beispiel, der zu mehr Zivilcourage aufrief: Viel zu viele Autos würden bei Unfällen immer noch vorbeirasen, und zwar so, "dass man als Retter fast Lebensangst haben muss". Man würde gern mehr von diesen Menschen hören und sehen als von sich selbst auf die Schulter klopfenden Politikern. (Doris Priesching, 20.12.2023)