Der Eingang des früheren Flüchtlingslagers Moria auf der griechischen Insel Lesbos. 
Expertinnen und Experten befürchten, dass es in den geplanten Asyllagern an den Außengrenzen bald so katastrophale Verhältnisse geben könnte wie einst im Lager Moria auf Lesbos.
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2016 schlug die EU-Kommission angesichts der Erfahrungen der großen Flucht- und Migrationsbewegungen nach Europa neue Regeln für das Migrations- und Asylmanagement vor. Am 23. September 2020 legte sie mit einem lang erwarteten Entwurf eines neuen Asyl- und Migrationspakets nach. Dieses sollte die Grundlage sein für ein gemeinsames Vorgehen, um die irreguläre Migration nach Europa endlich in den Griff zu bekommen. Mehr als drei Jahre später haben sich die EU-Institutionen am Freitag "auf ein wegweisendes Abkommen verständigt, um Migration und Asyl zu regeln", wie Europaparlamentspräsidentin Roberta Metsola auf X (vormals Twitter) schrieb.

Nach Jahren des Stillstands haben sich die EU-Organe heuer zusammengerauft, um die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (Geas) zu beschließen. Das Ziel, das nun erreicht ist: eine Einigung bis 31. Dezember, um die Reform bis zur Europawahl im Juni 2024 durch das Gesetzgebungsverfahren zu bringen. Sie muss noch vom Plenum des Europäischen Parlaments und von den Mitgliedsstaaten bestätigt werden. Das gilt aber als Formalität.

Video: EU-Mitgliedsstaaten und EU-Parlament einigen sich auf Asylreform.
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Nachverhandlungen im September

Begonnen hat dieser Prozess Ende März, als das Europäische Parlament seine Position zur Asylreform festgelegt hat. Anfang Juni zogen die EU-Mitgliedsstaaten nach, allerdings musste Ende September noch in strittigen Punkten nachverhandelt werden. In Trilogen haben dann das Europäische Parlament, der Europäische Rat, also das Gremium der Staats- und Regierungschefs und -chefinnen, sowie die Europäische Kommission auf die nun erfolgte Einigung hinverhandelt. Und das sind die wichtigsten Punkte der Reform, auch wenn einige Details noch nicht bekannt sind:

Lob und Kritik 

Während EU-Innenkommissarin Ylva Johansson nach der Einigung von einem "historischen Moment" sprach und Deutschlands Kanzler Olaf Scholz sich Entlastung für stark betroffene Staaten wie sein eigenes erwartet, gibt es auch viel Kritik daran. Ländern wie Ungarn ist sie nicht restriktiv genug. Die deutsche NGO Pro Asyl hingegen sieht einen "Abbau von Menschenrechten", die Seenotretter von Sea-Watch gehen davon aus, dass diese Maßnahmen "kein einziges Menschenleben retten werden".

Asyl- und Migrationsexperten bezweifeln, dass dadurch das Sterben im Mittelmeer ein Ende findet und die Ankunftszahlen sinken. Sie monieren vor allem, dass es an Abkommen mit Herkunfts- und Drittstaaten fehlt, um die Menschen nach den Schnellverfahren wie geplant rasch abzuschieben. Dadurch würden Massenlager mit katastrophalen Bedingungen drohen, wie es sie einst im Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos gab. (Kim Son Hoang, 20.12.2023)