Drei Polizeiautos vorm Stephansdom.
Die Sicherheitsmaßnahmen wurden unter anderem rund um den Stephansdom verstärkt.
APA/MAX SLOVENCIK

Wien - Die Staatsanwaltschaft Wien hat Sonntagmittag auf APA-Anfrage die Festnahme von drei Terrorverdächtigen bestätigt, die offenbar Teil eines Länder übergreifenden islamistischen Netzwerks waren, das Anschlagspläne in Wien, aber auch in Köln und Madrid erörtert haben soll. Medienberichten zufolge soll der Wiener Stephansdom ein potenzielles Anschlagsziel gewesen sein. Direkt vor der Umsetzung befindliche Attentatspläne dürfte es aber noch nicht gegeben haben. "Es gibt derzeit keine Anhaltspunkte, dass ein Anschlag in Wien unmittelbar bevorgestanden wäre", meinte Behördensprecherin Nina Bussek.

Hausdurchsuchungen

Dessen ungeachtet dürfte die Verdachtslage gegen die drei Festgenommenen beträchtlich sein. Bei den Männern, zu deren Herkunft, Alter und persönlichen Daten es aus kriminaltaktischen Gründen vorerst keine näheren Angaben gab, wurden Hausdurchsuchungen durchgeführt und Datenträger sichergestellt. Diese müssen nun ausgewertet werden.

Festgenommen wurden die drei mutmaßlichen Terroristen in Wien-Ottakring, wie zunächst die "Bild"-Zeitung berichtet hatte. Wie die Staatsanwaltschaft am Sonntagnachmittag präzisierte, sind die drei allesamt erwachsen. "Es ist kein Jugendlicher unter den Verdächtigen", sagte Bussek. Es sei im Zuge der Amtshandlung außerdem eine vierte Person festgenommen worden – allerdings nicht unter Terror-Verdacht. Dieser Mann war nicht von der staatsanwaltschaftlichen Festnahmeanordnung umfasst, war allerdings zufällig anwesend. Dabei stellte sich heraus, dass er wegen fremdenrechtlicher Bestimmungen gesucht wurde, er wurde daher in Gewahrsam genommen. "Ob er mit terroristischen Straftaten in Verbindung zu bringen ist, muss nun abgeklärt werden", erläuterte Bussek. Derzeit gebe es darauf keine Hinweise. Zuvor hatte das Innenministerium mitgeteilt, dass der Verfassungsschutz am Samstag vier Festnahmen bei einem islamistischen Netzwerk in Wien durchgeführt habe.

ZIB 9:00: Erhöhte Sicherheitsmaßnahmen in Österreich
ORF

Die drei Terror-Verdächtigen wurden bereits in die Justizanstalt Wien-Josefstadt eingeliefert. Im Lauf des Tages wird die Staatsanwaltschaft beim Landesgericht für Strafsachen U-Haft-Anträge einbringen, kündigte Bussek an. Ermittelt wird wegen terroristischer Vereinigung (§278b StGB) in Verbindung mit terroristischen Straftaten (§278c StGB).

Auf das Trio dürften die Staatsschutz- und Strafverfolgungsbehörden ein Mal mehr auf Grund von Hinweisen von ausländischen Partnerdiensten aufmerksam geworden sein. Die Sicherheitslage in Österreich und in Europa ist aktuell angespannt, weshalb die Sicherheitsbehörden über die Weihnachtsfeiertage Vorsichtsmaßnahmen getroffen haben.

Verstärkte Polizeipräsenz

Samstagabend hatte die Polizei in Wien und Köln mitgeteilt, Sicherheitsmaßnahmen zu erhöhen. Wie die "Bild" sowie die Deutsche Presse-Agentur berichteten, soll es Hinweise auf einen möglichen Anschlagsplan einer islamistischen Gruppe unter anderem auf Wien und Köln gegeben haben. Auch von Madrid war die Rede.

Laut Landespolizeidirektion Wien haben terroristische Akteure in ganz Europa zu Angriffen auf christliche Veranstaltungen aufgerufen, besonders rund um den 24. Dezember. "Aufgrund einer aktuellen Gefährdungseinschätzung des Verfassungsschutzes sowie der nach wie vor erhöhten Terrorwarnstufe gilt während der Weihnachtsfeiertage allgemein eine erhöhte Gefährdung in Österreich", hieß es. Die Polizei verstärke daher Ihre Präsenz bei christlichen Veranstaltungen und Orten – etwa Kirchen, Gottesdiensten und auf Weihnachtsmärkten. Zivile und uniformierte Einsatzkräfte seien mit besonderer Ausrüstung und Langwaffen im Einsatz, hieß es. Wenn notwendig, könne es auch zu Zutrittskontrollen kommen, hieß es. Am Sonntag waren schwer bewaffnete Polizisten vor dem Stephansdom zu sehen.

Schwer bewaffnete Polizisten kontrollieren den Eingang zum Stephansdom.
Schwer bewaffnete Polizisten kontrollieren den Eingang zum Stephansdom.
APA/MAX SLOVENCIK

Ob die drei in Wien festgenommenen Männer einen Bezug zur Terrorgruppe "Islamischer Staat Provinz Khorasan (ISPK)" hatten, ist unklar. Die dpa hatte über einen möglichen Bezug berichtet. Die Sprecherin der Staatsanwaltschaft bestätigte das vorerst nicht.

Laut dem Extremismusforscher Peter Neumann ist der ISPK der "momentan aktivste" Ableger der Terrororganisation Islamischer Staat und sitzt in Zentralasien. Khorasan sei eine historische Region in Zentralasien, schrieb der Experte vom Londoner King's College auf X, vormals Twitter. Der ISPK habe seinen "Ursprung in Afghanistan und kämpft dort gegen die (seiner Meinung nach zu lasche) Taliban-Regierung", erklärt Neumann. Der ISPK kontrolliere aber nur wenige Dörfer. Darauf habe die Gruppe mit einer Strategie der Externalisierung reagiert.

Kölner Dom mit Spürhunden durchsucht

Auch in Köln wurden die Sicherheitsmaßnahmen noch am Samstag erhöht. Bei einer Durchsuchung des Kölner Doms ist nach Angaben aus Sicherheitskreisen kein Sprengstoff entdeckt worden. Dafür soll im Saarland am Sonntag nach Medienberichten ein Mann im Zusammenhang mit den Hinweisen auf mutmaßliche islamistische Anschlagspläne festgenommen worden sein. Vom Generalbundesanwalt war zunächst keine Stellungnahme zu dem Bericht zu bekommen. Auch eine Sprecherin der Kölner Polizei konnte zu der Festnahme nichts sagen. Aktuell seien viele Einsatzkräfte vor Ort, um Besucher des Weihnachtsgottesdienstes zu untersuchen. (APA, red, 24.12.2023)

Mehrere Polizisten vor dem Kölner Dom.
Auch vorm Kölner Dom wurde die Polizeipräsenz erhöht.
IMAGO/Christoph Hardt