Hinter den Kulissen wurden noch eifrig die Details besprochen. Dann gelang ein kleines "Weihnachtswunder". Das rumänische Innenministerium gab am Mittwoch bekannt, dass es am 23. Dezember eine politische Einigung mit den Innenministerien von Österreich und Bulgarien über den Beitritt zum Schengen-Raum erzielt habe. Demnach werden die Schengen-Kontrollen ab März 2024 an den Luft- und Seegrenzen wegfallen. Passagiere, die etwa von Bukarest nach Wien fliegen wollen oder umgekehrt, müssen keine Passkontrollen mehr durchlaufen. Auch der Schwarzmeerhafen in Constanța erlangt durch die Einigung eine größere Bedeutung, weil einige Kontrollen wegfallen werden.

Innenminister Gerhard Karner und sein rumänischer Kollege Lucian Bode befinden sich weiterhin in animiertem Austausch.
AP

Seit dem 26. Dezember und auch am Donnerstag laufen Gespräche zwischen Unterorganen des EU-Rats, um die Entscheidung zum schrittweisen Schengen-Beitritt auch rechtlich zu verankern. Dies erfordert nämlich die Zustimmung aller EU-Staaten.

Wie DER STANDARD bereits Anfang Dezember berichtete, ist Wien nach unentwegten diplomatischen und politischen Bemühungen seitens Rumäniens und Bulgariens bereit, wenigstens einen schrittweisen Schengen-Beitritt zuzulassen. Das österreichische Innenministerium hatte völlig überraschend im November 2022 ein Veto gegen den bereits mit Österreich ausgemachten Schengen-Beitritt der beiden südosteuropäischen Staaten ab Jänner 2023 eingelegt.

"Verhandlungen laufen"

Aus dem österreichischen Innenministerium hieß es am Donnerstag, dass "derzeit die Verhandlungen weiterliefen". Dabei lägen die österreichischen Bedingungen auf dem Tisch: die Aufstockung des Frontex-Einsatzes in Bulgarien und Geld von der EU-Kommission für mehr Außengrenzschutz an der bulgarisch-türkischen Grenze sowie die Verstärkung der Kontrollen an den Landgrenzen und die Übernahme von Asylwerbern, insbesondere aus Afghanistan und Syrien durch Rumänien und Bulgarien, die bereits vorher dort registriert waren. Darüber, dass auch an den Landgrenzen die Schengen-Kontrollen wegfallen sollen, "gibt es derzeit keine Verhandlungen und damit auch keinen Termin", heißt es aus dem Innenministerium in Wien.

Das sieht man in Bulgarien und in Rumänien anders. Der Wegfall der Kontrollen auf den Flughäfen ist für die beiden Staaten nur ein erster Schritt. Der rumänische Premier Marcel Ciolacu zeigte sich nach der formellen Einigung mit Österreich überzeugt davon, dass die Verhandlungen über den vollständigen Beitritt zu Schengen im nächsten Jahr abgeschlossen werden. Auch der bulgarische Premierminister Nikolaj Denkow sagte, dass Österreich bereit sei, die Verhandlungen zur Aufhebung der Kontrollen an den Landgrenzen weiterzuführen.

Rumänien will "Würde nicht aufgeben"

Bulgarien war in den vergangenen Wochen dagegen gewesen, dass man sich auf Wunsch Österreichs auf einen "schrittweisen Schengen-Beitritt" verständigen sollte. In Sofia fürchtet man nämlich, dass sich Österreich abermals querstellen könnte. Deshalb basierte die Einigung vom 23. Dezember vor allem darauf, dass Bulgarien umgestimmt werden konnte und nun doch zustimmte.

Aber auch in Rumänien ist man weiterhin vorsichtig. Der konservative Europaabgeordnete Eugen Tomac erklärte nochmals, dass Rumänien sich nicht anders behandeln lassen solle als andere EU-Staaten. "Wir müssen mehr Würde haben und diesen inakzeptablen Ansatz aufgeben, denn die anderen Staaten sind dem Schengen-Raum nicht mit zusätzlichen Bedingungen beigetreten." Er verwies darauf, dass Rumänien bereits seit 16 Jahren auf den Schengen-Beitritt warte.

Den Haag stimmt zu

Das rumänische Innenministerium dankte indes dem rumänischen Präsidenten Klaus Iohannis, Premierminister Ciolacu und dem Außenministerium für ihren Einsatz, um Österreich umzustimmen. Ein Dank wurde aber auch an die österreichischen und die bulgarischen Ministerien sowie an die EU-Kommission und die spanischen Ratspräsidentschaft vermittelt.

Neben Österreich hatten auch die Niederlande ein Veto gegen die Schengen-Erweiterung eingelegt, allerdings nur im Fall von Bulgarien. Deshalb war die rumänische Regierung in den vergangenen Monaten vor allem über Österreich verärgert gewesen. Nachdem auf Veranlassung der Niederlande im November eine EU-Delegation in Bulgarien war und danach einen positiven Bericht ablieferte, fielen nun auch die Einwände der Niederlande weg. Die Niederlande haben auch formell ihr Veto aufgehoben. Österreich steht in der Folge mit seinem Veto völlig allein da. (Adelheid Wölfl, 28.12.2023)