Elon Musk selbst will keine Prognosen über Verkaufszahlen mehr abgeben. Vor einem Jahr redete der CEO von Tesla noch von zwei Millionen Fahrzeugen im Jahr. Dieses Ziel dürfte das Unternehmen verfehlen.
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US-Autobauer Tesla hat zweifelsohne einen großen Beitrag zur Mobilitätswende geleistet. Das Unternehmen hat Elektroautos aus der Nische geholt und "cool" gemacht. Außerdem hat Tesla die Autobranche in die Moderne katapultiert: Touch-Displays und digitale Cockpits gab es natürlich schon vorher, aber es war der US-Autobauer, der für einen Schub sorgte. Viele Hersteller eifern dem nach und haben noch heute Probleme damit, gute Software für ihre Autos zu entwickeln.

Nicht zu Unrecht gehört das von CEO Elon Musk geleitete Unternehmen zu den sogenannten "Magnificent 7", also jenen US-Tech-Unternehmen, die für steigende Börsenkurse sorgen und den amerikanischen Index S&P500 im Alleingang vom Absturz bewahrt haben. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass die anderen Mitglieder Apple, Nvidia, Alphabet, Meta, Amazon und Microsoft sind. Ein mächtiges Umfeld, in das sich Tesla hineinreklamieren konnte.

Dank des Booms der KI-Entwicklung, der Cloud-Services und einer sehr technologiefreundlichen Stimmung durfte sich jeder freuen, der im Jahr 2023 Aktien der "Magnificent 7" im Portfolio hatte. Teslas Aktie stieg etwa im Jahresvergleich um 109 Prozent auf 227,65 Euro.

Unter den Analysten herrscht aktuell nicht immer Einigkeit darüber, ob es sich schon um eine Tech-Blase handelt. Dieser Meinung ist etwa Albert Edwards, Stratege der französischen Großbank Société Generale. Laut ihm handle es sich um genau eine solche Blase, die nur darauf wartet, zu platzen, schreibt der Analyst in einem Blogbeitrag des Unternehmens und warnt gleichzeitig von einer Schockwelle, die durch die Börsen rauschen könnte.

Andere teilen diese Meinung nicht und sehen die extrem starke Performance der "glorreichen sieben" deutlich entspannter. Aber die Fachwelt ist sich einig, dass es eine Schwachstelle in der nach einem Western aus den 60er-Jahren benannten Gruppe gibt, und die heißt Tesla.

Prognostizierter Rückgang

An der Börse wird der Konzern von Musk aktuell mit 746 Milliarden Euro bewertet. Dem gegenüber stehen aber Gewinne von nur 8,5 Milliarden Euro. Außerdem wird erwartet, dass der Gewinn im ablaufenen Geschäftsjahr 2023 noch niedriger ausfallen dürfte. Laut dem "Handelsblatt" ist von einem 30-prozentigen Rückgang die Rede.

Die anderen sechs haben dagegen große Gewinne eingefahren. Alphabet, Meta und Microsoft rangieren im zweistelligen Prozentbereich, Amazon schaffte nach Verlusten sogar einen Milliardengewinn. Nvidia versechsfachte seinen Gewinn gegenüber 2022, dem KI-Hype sei Dank. Einzig Apple bleibt in etwa auf dem Niveau des Jahres davor.

Analyst: "Tesla ist maßlos überbewertet"

Dass Tesla stark überbewertet ist, glaubt auch Craig Irwin, Analyst bei der Investmentbank Roth MKM. Er warnt im Interview mit CNBC davor, dass die Tesla-Aktie am Ende um bis zu 65 Prozent fallen könnte.

Irwin, selbst früher unter den "Tesla-Bären", geht davon aus, dass die Aktie auf 85 Dollar sinken wird. "Ich bin pessimistisch, weil ich die Aktie für maßlos überbewertet halte", sagte Irwin. Er verglich das Unternehmen mit Toyota, das rund neun Millionen Fahrzeuge pro Jahr produziert. Im Vergleich dazu stellte Tesla im vergangenen Jahr nur 1,37 Millionen Fahrzeuge her. "Es gibt nichts, was Tesla hat, was Toyota nicht hat. Warum sollte es mit einem hohen Multiplikator zu Toyota gehandelt werden, wenn es nur einen Bruchteil der Fahrzeuge verkaufen wird?", fragte Irwin.

Die einzige Möglichkeit für Tesla, den Aktienkurs zu halten, sei die Einführung eines Kleinwagens, so Irwin. Einen solchen hat Musk bereits mehrfach ins Gespräch gebracht. Eine offizielle Stellungnahme, ob diese Pläne tatsächlich existieren, gibt es aber nicht. Führungskräfte des Unternehmens sollen sich bereits mit indischen Beamten treffen, um den Bau einer Fabrik für ein Auto in der Preisklasse rund um 24.000 Dollar zu besprechen, wie Reuters berichtet.

Aber nicht überall herrscht Pessimismus, was die Zukunft von Tesla angeht. Andere Strategen der Wall Street sagen hingegen große Erfolge der Tesla-Aktie im Jahr 2024 voraus. So sieht das Investment-Beratungsunternehmen Wedbush die Aktien von Tesla auf 350 Dollar steigen, was ein Plus von 41 Prozent bedeuten würde. Das Unternehmen führt diesen Ausblick auf größere Gewinnmargen, Fortschritte bei selbstfahrenden Fahrzeugen und die starke Verkaufsdynamik in China zurück.

Klarheit dürfte die Bekanntgabe der Tesla-Zahlen für das vierte Quartal des Geschäftsjahres bringen. Noch im dritten Quartal enttäuschten die Zahlen, denn mit rund 1,32 Millionen ausgelieferten Fahrzeugen blieb man deutlich unter den Erwartungen. Tesla hatte 2023 das Ziel, insgesamt 1,8 Millionen Fahrzeuge zu verkaufen. Um diese Werte zu erreichen, müsste Tesla im vierten Quartal rund 480.000 Fahrzeuge verkaufen – statt der durchschnittlich 433.000 in den vorigen Quartalen.

Hoch gesteckte Ziele

Seit 2021 hat Tesla auch Wachstumsziele bekanntgegeben und war jedes Jahr von etwa 50 Prozent pro Jahr ausgegangen. CEO Musk selbst sprach von zwei Millionen verkauften Fahrzeugen im Jahr 2023. Doch er wollte im Oktober 2023 plötzlich keine Wachstumszahlen mehr nennen und will "nicht mit maximalem Tempo in die Unsicherheit fahren", sagte der Milliardär bei einer Investorenkonferenz.

Tesla Q3 2023 Financial Results and Q&A Webcast (Full Audio)
Tesla

Dazu kommt für Tesla starke Konkurrenz aus China. Der Autobauer BYD könnte Tesla bald in der Rolle des beliebtesten Elektroautoherstellers ablösen. Laut einem Bericht der Agentur Bloomberg wird Tesla im kommenden Jahr einen Umsatz von 114 Milliarden Dollar erzielen, BYD soll dem Platzhirsch mit 112 Milliarden Dollar dicht auf den Fersen sein. (pez, 2.1.2024)