Nun ist es also amtlich. Die Inflation lag im Dezember laut Statistik Austria bei 5,6 Prozent, womit feststeht, wie hoch die Jahresinflation in Österreich 2023 war: Um die 7,8 Prozent sind die Preise gestiegen. Das ist deutlich mehr als im Schnitt der übrigen Eurozone, wo die Preise nur um etwa 5,5 Prozent angezogen haben. Das kann aus gleich mehreren Gründen zum Problem für den heimischen Wohlstand werden.

Die Inflationsentwicklung gibt den Takt für die Lohnsteigerungen vor. Diese fallen in Österreich, so viel lässt sich nach dem Abschluss der Tarifrunden in der Industrie und im Handel schon sagen, höher aus als in der übrigen Eurozone. Das ist herausfordernd, weil damit jene Bereiche der Wirtschaft unter Druck geraten können, die im internationalen Wettbewerb stehen, allen voran die Industrie. Das Ganze geschieht auch noch vor dem Hintergrund einer Rezession, also einer schrumpfenden Wirtschaftsleistung. Stellt sich also die Frage: Wer ist schuld an der Misere?

Geld verteilen, Markt nicht antasten

Die Auslöser der Krise sind nicht hausgemacht gewesen. Die Lieferkettenprobleme als Folge der Pandemie und die Energiekrise als Folge von Russlands Krieg in der Ukraine haben im ersten Schritt die Teuerung angetrieben. Wohl aber hat die heimische Politik mit ihrem Management das Problem verschlimmert und die Krise verlängert. So hat sich die türkis-grüne Regierung zu lange gegen Eingriffe in die Marktmechanismen gesträubt. Natürlich lässt sich eine Teuerungskrise nicht mit einem Schnipser der Politik bekämpfen und natürlich hat jeder Eingriff in den Markt Nebenwirkungen.

Dennoch hätte es trotz aller Einwände viel früher einen Eingriff in die Energiemärkte geben müssen. Die Strompreisbremse kam zu spät – und auch die Mietpreisbremse am staatlich regulierten Wohnmarkt hätte wohl schon 2022 und nicht erst Anfang 2024 verankert werden müssen. Der zweite Fehler der Regierung: Sie hat zu lange auf das System Gießkanne gesetzt und Haushalten wie Unternehmen Schecks ausgestellt, um die Folgen der Teuerung zu dämpfen, anstatt nur jenes Drittel der Bevölkerung zu unterstützen, das dieses Geld tatsächlich braucht.

Damit wurde die Inflation extra befeuert, mehr Kaufkraft bedeutet mehr Nachfrage und treibt die Preise – ganz gut aktuell an der Preisentwicklung in der Gastronomie abzulesen.

Die Inflation lag in Österreich 2023 deutlich höher als im übrigen Europa.
APA

Allerdings ist für das Schlamassel nicht allein die Koalition verantwortlich. Von den Oppositionsparteien FPÖ und SPÖ kam im Regelfall nur der Ruf nach noch mehr aktionistischen Interventionen. Mitverantwortlich sind auch die Landeschefs. Ein Grund, warum die Energiepreise in Österreich, insbesondere bei Gas, auch noch 2024 höher als im Resteuropa sein werden, ist, dass die Energieversorger hierzulande zurückhaltender dabei sind, Preissenkungen weiterzugeben. Die großen Energieversorger stehen im Regelfall aber alle im Eigentum der Länder. Die Landespolitik gibt die Richtung vor. Warum drängt sie nicht auf Preissenkungen? Statt Preise von vornherein zu senken, wird lieber Geld verteilt wie im Falle des Wiener Energiebonus von Michael Ludwig (SPÖ). Das zugesteckte Geld bemerken die Leute eher als eine niedrigere Rechnung, so die Idee. Der Nachteil der Strategie: Die Inflation bleibt höher.

Zur Wahrheit gehört aber eben auch, dass die heimische Politik lange Zeit von führenden Ökonomen davor gewarnt worden war, die Wirkungskräfte des Marktes überhaupt anzutasten. Der fehlende Eingriff am staatlich regulierten Mietmarkt, wo dies leicht geht, hat auch damit zu tun. Die Kehrtwende vollzogen Experten zu spät.

Aktionismus im Wahljahr?

Eine gute Nachricht gibt es dennoch: Die Chancen stehen gut, dass Österreich trotzdem mit einem blauen Auge davonkommt. Laut Josef Baumgartner vom Forschungsinstitut Wifo dürfte sich die Inflation heuer in Österreich auf vier Prozent abschwächen. Damit geht die Krise zu Ende. Das liegt zwar immer noch über dem Schnitt der vergangenen Jahre. Aber durch die Lohnsteigerungen heuer tut die Entwicklung den Menschen nicht mehr ganz so weh. Dazu kommt, dass die Differenz zur Teuerung im übrigen Europa zurückgehen wird. Die vorübergehend höheren Lohnsteigerungen wird die heimische Industrie, die gut aufgestellt ist, verkraften.

Aus all dem folgt auch, was für die Politik im Wahljahr 2024 wichtig wäre: An Aktionismus ist kein Bedarf. Statt wieder die Fördergießkanne für Haushalte und Unternehmen auszupacken und Wahlgeschenke zu verteilen, wäre es klüger, langfristig mehr zu investieren, etwa in die Energie- und Verkehrswende, den Ausbau der Ladeinfrastruktur von E-Autos. Also in alles, was uns von fossilen Brennstoffen unabhängiger macht. Auf lange Sicht wirkt das auch preisdämpfend. Aktionismus der anderen Art wär falsch, etwa über Sondersteuern für Branchen, die hohe Gewinne gemacht haben. Das lässt sich nicht rechtfertigen. Intelligenter ist es, die zaghaften Versuche für mehr Wettbewerb strategisch weiterzuentwickeln. Wenn Menschen etwa öfter ihren Energieanbieter wechseln, könnte auch das preisdämpfend wirken.

Schließlich wäre es fein, wenn das Bewusstsein wieder geschärft wird, bei Bürgerinnen und Bürgern wie auch Unternehmern, dass der Staat nicht für alle Lebensrisiken einspringen kann und wird. Eine solche Debatte ist im Wahljahr aber vermutlich zu viel verlangt. (András Szigetvari, 5.1.2024)