Die Kabinentür sei eine "fehlende Schlüsselkomponente" zur Klärung der Unglücksursache, so die Leiterin der US-Verkehrssicherheitsbehörde.
via REUTERS/NTSB

Nach dem dramatischen Zwischenfall mit einem herausgebrochenen Kabinenteil bei einer brandneuen Boeing 737 Max 9 in knapp 4.900 Meter Höhe wurde das fehlende Paneel laut der US-Verkehrssicherheitsbehörde NTSB nun gefunden.

Ein Lehrer namens Bob habe das fehlende Teil eines Alaska-Airlines-Flugzeugs in seinem Garten in Portland entdeckt, sagte die NTSB-Vorsitzende Jennifer Homendy am Montag. Mehr Informationen zum Finder wurden nicht bekanntgegeben. Homendy sei "sehr erleichtert", dass die fehlende Klappe gefunden worden sei, berichtet Reuters. Zuvor hatte sie gegenüber Reportern erklärt, das Flugzeugteil sei eine "fehlende Schlüsselkomponente" zur Klärung der Unglücksursache.

Video: Airlines ziehen Maschinen nach Notlandung von Boeing 737 Max 9 aus dem Verkehr.
AFP

Acht Wochen altes Flugzeug

Das Bauteil war am Freitagabend nach dem Start bei einem erst acht Wochen alten Jet der Alaska Airlines mit 177 Menschen an Bord herausgebrochen und hatte ein türgroßes Loch auf Höhe der Sitzreihen gerissen. Die Piloten konnten mit der Maschine jedoch umkehren und notlanden. Es gab nur wenige Leichtverletzte.

Die Behörden hatten anschließend die Vororte in Portland im Bundesstaat Oregon – von dort aus war die Maschine gestartet – nach dem Teil abgesucht. Sie baten auch die Bevölkerung um Mithilfe. Es handelte sich um ein Paneel, das in einigen Flugzeugen anstelle eines zusätzlichen Notausgangs eingebaut wird.

Cockpit-Voicerecorder überschrieben

Der Cockpit-Voicerecorder dürfte für die weiteren Ermittlungen jedenfalls keine Hilfe mehr sein – die aufgezeichneten Daten seien Homendy zufolge überschrieben worden, da sie nicht innerhalb von zwei Stunden abgerufen wurden. In den USA müssen Cockpit-Voicerecorder bei Flugzeugen, die nach 2021 gebaut werden, zwei Stunden Daten aufzeichnen, in Europa dagegen 25 Stunden.

"Es war viel los, auf dem Flugdeck und im Flugzeug. Es war ein sehr chaotisches Ereignis. Der Stromkreisunterbrecher für den Cockpit-Voicerecorder war nicht gezogen worden. Das Wartungsteam ging raus, um ihn zu holen, aber das war erst kurz vor der Zweistundenmarke", sagte Homendy.

Offene Cockpittür

Laut der Vorsitzenden der US-Verkehrssicherheitsbehörde war es ein großes Glück, dass der Vorfall nicht tragischer ausgegangen sei. Die durch den Druckabfall ausgelöste Sogwirkung soll ihren Aussagen zufolge auch die Cockpittür geöffnet haben. Anschließend habe der erste Offizier sein Headset verloren.

Teile des Sitzes neben dem herausgebrochenen Teil des Rumpfes und die Kopfstütze fehlten. Der Sitz selbst war während des Fluges nicht besetzt. An der Stelle in der Kabine wird oft eine zusätzliche Ausgangstür von Billig-Airlines eingebaut, die mehr Sitze haben und zusätzliche Evakuierungswege benötigen. Bei Jets mit weniger Sitzen gibt es dies nicht. Für Passagiere sieht der Bereich wie ein normaler Fensterplatz aus.

Warnlicht bei früheren Flügen

Bei drei vorangegangenen Flügen habe im Flugzeug ein Warnlicht aufgeleuchtet, teilte Homendy außerdem mit. Die Lampe habe den Ausfall des automatischen Druckausgleichssystems angezeigt. Es habe sich um "harmlose" Vorfälle gehandelt, die gemeldet und überprüft worden seien. Ob es einen Zusammenhang zwischen dem Aufleuchten der Lampe und dem Abriss des Kabinenteils gebe, sei nicht bekannt.

Die Warnungen hätten aber dazu geführt, dass Alaska Airlines das Flugzeug nicht mehr für Flüge über den Ozean nach Hawaii eingesetzt habe, um im Fall eines erneuten Aufleuchtens schnell zu einem Flughafen zurückkehren zu können.

Überprüfung der betroffenen Flugzeuge

Am Sonntag hat die Europäische Agentur für Flugsicherheit (EASA) die Richtlinie der amerikanischen Federal Aviation Administration (FAA) für die Boeing 737 Max 9 übernommen. "Die FAA verlangt die sofortige Inspektion bestimmter Boeing 737 Max 9, bevor sie wieder fliegen dürfen", sagte FAA-Chef Mike Whitaker.

Die entsprechenden Flugzeuge seien mit einem speziellen Türaustauschpaneel ausgestattet und dürfen nicht fliegen, bis sie inspiziert und gegebenenfalls repariert wurden, so die FAA. Die Europäische Agentur für Flugsicherheit stellte jedoch fest, dass keine Fluggesellschaft aus einem EU-Mitgliedsstaat "derzeit ein Flugzeug in der betroffenen Konfiguration betreibt". (awie, Reuters, 8.1.2024)