Mannschaftsfoto in rot-weißen Dressen.
Das Meisterteam von Bayern München aus dem Jahr 1969: Franz Beckenbauer, Gerd Müller, Franz Roth, der Österreicher August Starek, Helmut Schmidt, Georg Schwarzenbeck, Rainer Ohlhauser (stehend, von links). Der Österreicher Peter Pumm, Tormann Sepp Maier, Trainer Branko Zebec, Werner Olk und Dieter Brenninger durften auf diesem historischen Bilddokument in die erste Reihe.
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Der Wiener Gustl Starek kickte zwei Jahre lang mit dem am Sonntag in seiner Wahlheimat Salzburg verstorbenen Franz Beckenbauer bei Bayern München. Sie gewannen 1969 die Meisterschaft und den Pokal. Der 78-jährige Starek erinnert sich an den Kaiser des Fußballs. Gelernt hat er von der Ikone übrigens nichts.

STANDARD: Wie bleibt Ihnen Franz Beckenbauer in Erinnerung?

Starek: Als lockerer Sportler, dem alles ganz leicht vom Fuß ging. Er hatte Automatismen, die man gar nicht lernen konnte. Die waren ganz einfach angeboren.

STANDARD: Sie haben zwischen 1968 und 1970 gemeinsam bei Bayern München gespielt, wurden 1969 Meister und Pokalsieger. Wie war er als Mensch, als Mannschaftskollege?

Starek: Er hat das Leben sehr leicht genommen. Der Franz war nicht ernst, er war zum Teil lustig und für Blödsinn zu haben.

STANDARD: Und als Fußballer?

Starek: Wie bereits angedeutet, er hat Sachen gemacht, von denen andere maximal geträumt haben. Er hatte ein unglaubliches technisches Gefühl, eine überragende Übersicht. Franz hat zu meiner Zeit in der Abwehr gespielt, er ist kaum nach vorne gekommen, das ist dann erst später passiert. Im Mittelfeld war der Bulle Roth gesetzt. Ist der Franz nach vorne gegangen, um mit Gerd Müller einen Doppelpass zu spielen, hat ihn der Bulle abgesichert. Hinten war der Schwarzenbeck der Fels in der Brandung.

STANDARD: Hat er die Position des Liberos neu interpretiert, den Fußball weiterentwickelt?

Starek: Ja, das kann man sagen. Er spielte ja zunächst im deutschen Nationalteam im Mittelfeld, bei den Bayern wurde er zum Libero. Er hat diese Position neu erfunden, diese Spielart gab es davor nicht.

STANDARD: Konnten Sie etwas von ihm lernen?

Starek: Nein, wir sind gleicher Jahrgang. Ich hatte eine ganz andere Position, bin aus dem Sturm gekommen, Rechtsverbinder, Linksverbinder. Zu Beginn seiner Karriere war der Franz übrigens auch Stürmer. Libero war aber eine Lieblingsposition für kreative Fußballer, du hattest Freiheiten, niemand hat dich gedeckt. Das hat Franz erkannt und ausgenutzt.

Starek Kopffoto
Gustl Starek über Franz Beckenbauers fußballerische Fähigkeiten: "Er hat Sachen gemacht, von denen andere maximal geträumt haben."
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STANDARD: Zählt Beckenbauer zu den besten Kickern aller Zeiten?

Starek: Ranglisten sind immer problematisch. Im Laufe der Jahrzehnte sind immer wieder geniale Fußballer erschienen, zuletzt Cristiano Ronaldo oder Lionel Messi. Im Gesamtpaket war Beckenbauer sicher einer der Allergrößten, er überzeugte später als Trainer und auch in der Wirtschaft, hatte dort Superauftritte.

STANDARD: Beckenbauer wurde verdächtigt, die WM 2006 in Deutschland, das Sommermärchen, quasi gekauft zu haben. Trotzdem hinterließen diese schweren Vorwürfe maximal kleine Kratzer. Ist das auch ein Ausdruck seiner Einmaligkeit?

Starek: Da muss ich widersprechen, das war weitaus schlimmer. Kein kleiner Kratzer, sondern eine große Delle. Das hat ihm bis zum Ende seines Lebens zu schaffen gemacht.

STANDARD: Hatten Sie nach der gemeinsamen Zeit bei den Bayern noch Kontakt?

Starek: Ganz wenig. Wenn ich bei den Bayern eingeladen war, hat man sich gesehen und kurz Hallo gesagt. Er hatte einen unglaublich großen Bekanntenkreis. Ich war ja nur zwei Jahre bei den Bayern, das hat sich dann verflüchtigt.

STANDARD: Wie schaut Beckenbauers Vermächtnis aus?

Starek: Das ist ein großes Wort, da fehlen mir die Worte. Er hat niemanden öffentlich attackiert, konnte seinen Unmut nach außen hin verbergen, wurde nie untergriffig. Er hatte Stil. (Christian Hackl, 9.1.2024)

Video: Fußballlegende Franz Beckenbauer ist tot.
AFP