Martin Polaschek und Sigrid Maurer.
"Ein Meilenstein": Bildungsminister Martin Polaschek und die grüne Klubchefin Sigrid Maurer präsentierten im Ministerrat die geplante Reform der Lehrerausbildung.
APA/HELMUT FOHRINGER

Es hat sich gezogen, die Gespräche in der türkis-grünen Koalitionen waren schwierig, aber am Mittwoch konnten Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) und die grüne Klubchefin Sigrid Maurer einen Gesetzesentwurf für eine Reform der Lehrer:innenausbildung präsentieren, der nun bis Mitte Februar in Begutachtung geht.

Die wichtigste Änderung: Künftig soll das Lehramtsstudium für alle – unabhängig von der Schulstufe, in der unterrichtet werden soll – fünf Jahre dauern, bis man als Lehrerin oder Lehrer "fertig" ausgebildet ist. Das bedeutet für Sekundarstufenlehrkräfte (Mittelschule, AHS, BMHS) eine Verkürzung des Studiums um ein Jahr, für Volksschullehrkräfte bleibt die bisherige Gesamtdauer bis zum Masterabschluss gleich, aber – und diese Änderung ist für beide Gruppen geplant: Der erste akademische Abschluss, der Bachelor, wird auf sechs Semester (wie in fast allen anderen BA-Fächern) verkürzt. Danach darf wie bisher bereits regulär unterrichtet werden. Allerdings bleibt auch in Zukunft, so wie bisher, der Abschluss des anschließenden Masterstudiums Voraussetzung für eine Fixanstellung.

Seit der vor rund zehn Jahren etablierten "Pädagog/innen-Bildung neu" dauerte die Ausbildung der Volksschullehrkräfte acht Semester im Bachelor und zwei für den Master. Wer Schülerinnen und Schüler in den daran anschließenden Schulstufen unterrichten wollte, musste nach dem achtsemestrigen Bachelorstudium noch einen viersemestrigen Master machen, war also erst nach sechs Jahren am Ende der universitären Lehrerausbildung.

Video: Lehrerausbildung - Bachelorstudium wird verkürzt.
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Akuter Personalmangel

Nicht zuletzt der bereits akute und sich verschärfende Lehrermangel sowie die anstehende Pensionierungswelle haben den Druck auf das Schulsystem zuletzt stetig erhöht. Die jetzt geplante Ausbildungsreform soll helfen, gegenzusteuern.

Die einjährige Induktionsphase in der Schule bleibt im Pflichtenheft für angehende Lehrkräfte erhalten, sie soll aber für jene Lehramtsstudierenden, die schon während des Studiums als Lehrerin oder Lehrer im Einsatz sind, als anrechenbare Praxis für das Studium gewertet werden. Außerdem sollen Einsteigerinnen und Einsteiger ins Schulsystem durch Mentoringprogramme besser unterstützt werden. Die Master-Studienphase wiederum soll für die Lehrpersonen in Ausbildung durch mehr berufsbegleitende Angebote eine Entlastung bringen. Ein weiteres Ziel der jetzigen Reform ist mehr Praxis im Lehrerstudium. "Damit erleichtern wir den Menschen den Schritt vom Uni-Hörsaal ins Klassenzimmer", sagte Maurer.

Als verpflichtende Ausbildungsbestandteile hinzu kommen für alle Lehramtsstudierenden die Themen "Inklusive Pädagogik" und "Deutsch als Zweitsprache". Polaschek ist jedenfalls hochzufrieden mit dem, was mit dem grünen Koalitionspartner letztendlich ausgehandelt werden konnte. Er sprach von einem "bildungspolitischen Meilenstein", einer Reform der "weltweit im Vergleich sehr langen" Lehrerausbildung, die eine "nachhaltige Maßnahme zur Attraktivierung des Zukunftsberufs Lehrerin oder Lehrer" sei – und das ohne Qualitätsverlust, ist er überzeugt.

Schutz vor Überlastung

Die koalitionsinternen Gespräche waren insofern schwierig, als die grüne Wissenschaftssprecherin Eva Blimlinger gegen eine Verkürzung des Studiums war. Sie sagte im STANDARD: "Die Vorstellung, dass der Lehrermangel an der Länge des Studiums hängt, halte ich für falsch: Es gibt genügend Anmeldungen von Studienanfängern." Es sei vielmehr ein Problem, dass oft schon während des Bachelorstudiums unterrichtet werde, was junge Lehrkräfte früh oder noch vor dem eigentlichen Berufseintritt ausbrennen lasse.

Um das in Zukunft zu verhindern, sollen in einer Novelle des Lehrerdienstrechts "Schutzfunktionen" für Junglehrerinnen und Junglehrer verankert werden, hob denn auch die grüne Klubchefin Maurer besonders hervor. Sie sollen bis zum Master-Abschluss maximal eine halbe Lehrverpflichtung erhalten, keine Klassenvorstandsfunktion übernehmen und auch keinen fachfremden Unterricht erteilen dürfen.

Die geplanten Änderungen für die Sekundarstufe treten realistischerweise erst ab 2025/26 in Kraft, zumal sich die Pädagogischen Hochschulen (PH) und die Universitäten dafür auf gemeinsame Studienpläne einigen müssen. Für die Primarstufe, für die die Ausbildung nur an den PHs angesiedelt ist, wäre ein Start schon 2024/25 möglich.(Lisa Nimmervoll, 10.1.2023)