Personen, die sich in einer familienrechtlichen Krisensituation befinden, haben verständlicherweise das Bedürfnis, sich aus ihrer Umgebung Zuspruch und Unterstützung zu holen. Was aber, wenn Inhalte eines gerichtlichen Scheidungs- oder Obsorgestreits auf sozialen Medien wie Facebook, Instagram oder Tiktok geteilt werden? Wie sieht die rechtliche Situation aus? Was darf öffentlich – im Sinne der Meinungsfreiheit – geteilt werden, und ab wann wird unzulässig in die Privatsphäre von Ehegatten, Eltern und auch Kindern eingegriffen?

Gerichtshammer auf Computertastatur
Frust über die andere Person oder die Betreuungssituation der Kinder im Internet abzulassen kann rechtliche Konsequenzen mit sich bringen – vor allem wenn Personen identifizierbar werden.
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Meinungsfreiheit und Privatsphäre

Es gibt gesetzliche Möglichkeiten, gegen "Cybermobbing" vorzugehen. Das Problem ist aber: Des einen Cybermobbing ist des andere Bedürfnis, über die erlebten Schwierigkeiten zu sprechen und diese (öffentlich) zu teilen. Wir leben in einer Zeit, wo Menschen so gut wie alles in sozialen Netzwerken preisgeben. Das reicht von Geburtsberichten, Essen- und Kosmetiktipps über die persönliche Romanze bis hin zu Krisensituationen rund um Trennung, Scheidung und Streit. Häufig gibt es – wie so oft – zwei sehr unterschiedliche Seiten.

Besonders schwierig wird es, wenn erkennbar wird, über wen gepostet wird. Die Grenzziehung, ab wann etwas nicht mehr von der freien Meinungsäußerung gedeckt ist, sondern zu sehr in die Privatsphäre anderer Personen eingreift, ist nicht einfach. Es hat eine Interessenabwägung stattzufinden zwischen den Interessen der Person, die gern öffentlich über ihre Situation berichten möchte, und den Interessen der Person, die gerade nicht möchte, dass über ihre persönliche Situation berichtet wird.

Gerichtliche Geltendmachung

Wenn zwischen den Streitteilen eine außergerichtliche Klärung oder eine Aufforderung, bestimmte öffentliche Postings zu unterlassen oder auch zu löschen, nicht fruchtet, kann gerichtliche Hilfe angestrebt werden. Es bieten sich unterschiedliche Optionen an. Beispielsweise kann eine einstweilige Verfügung zum Schutz der Privatsphäre beantragt werden. Nach der Exekutionsordnung kann erwirkt werden, dass Postings, die die Privatsphäre verletzen, verboten und auch gelöscht werden müssen. Das Gericht wird eine Interessenabwägung vornehmen und prüfen, ob das Recht auf Privatsphäre oder das Recht auf Meinungsäußerung im konkreten Fall schwerer wiegt.

Was sagt der OGH?

Der Oberste Gerichtshof beschäftigte sich am 15. Jänner 2021 mit einem solchen Fall (7 Ob 197/21 b). Nach der Scheidung im Jahr 2014 kam dem Vater ein 14-tägiges Kontaktrecht zu den Kindern zu, die Kinder lebten bei der Mutter. Nach einem Urlaub im Jahr 2020 brachte der Vater die Kinder nicht mehr zur Mutter zurück und stellte einen Antrag auf alleinige Obsorge. Das Gericht hielt die gemeinsame Obsorge aufrecht, verfügte aber, dass der Hauptaufenthalt künftig beim Vater festgelegt werden sollte, und sprach der Mutter ein begleitetes Kontaktrecht zu. Das bedeutet, dass sie ihr Kontaktrecht nicht allein mit den Kindern ausüben durfte.

Die Mutter veröffentlichte schließlich auf ihrem öffentlich einsehbaren Facebook Profil Informationen über die familiäre Situation. Sie fühlte sich als alleinerziehende Mutter vom zuständigen Gericht ungerecht behandelt. Sie warf der Justiz Untätigkeit vor und monierte, dass, obwohl sie nachweislich nichts falsch gemacht habe, die Kinder sich dennoch beim Vater aufhalten würden, während ihr diese zunehmend entfremdet würden. 15 Personen kommentierten unter ihrem Posting.

Die Verwandtschaft beantragte mit Verweis auf die Erkennbarkeit der betroffenen Personen eine einstweilige Verfügung. Begehrt wurde Unterlassung und Löschung. Das Erstgericht entsprach dem Ansinnen, das Rekursgericht bestätigte. Der Oberste Gerichtshof teilte die Rechtsansicht von Erst- und Rekursgericht. Der OGH führte aus, dass die Mutter durch ihre Postings private Details über das Familienleben bekannt gemacht und durch ihre Duldung der dann erfolgten öffentlichen gehässigen Kommentare dritter Personen unzulässig in die Privatsphäre von Vater und Kinder eingegriffen habe. Auch wenn die Mutter keine Namensnennung vorgenommen habe, habe sie diese schon allein aufgrund der Namensgleichheit identifizierbar gemacht. Im konkreten Fall sah der OGH ein Überwiegen des Interesses am Schutz der Privatsphäre gegenüber dem Interesse auf freie Meinungsäußerung. Mitunter auch deshalb, weil der von der Mutter behauptete Zweck – die Kinder vor einer Kindeswohlgefährdung zu schützen – nicht mittels Facebook-Postings, sondern allein durch gerichtliche Pflegschaftsverfahren erreicht werden könne.

Vorsicht geboten

Aus anwaltlicher Sicht macht es Sinn, im Rahmen familiärer Konflikte Zurückhaltung zu üben, was soziale Medien betrifft. Man vergisst leicht, dass öffentliche Postings nicht nur einem unterstützenden Publikum zugänglich sind, sondern auch der "Gegenseite". Postings betreffend die gemeinsamen Kinder im Rahmen von Obsorge- oder Kontaktrechtsverfahren finden nicht selten Eingang in ein gerichtliches Vorbringen und sind meist nicht vorteilhaft. Ebenso wird es nicht hilfreich sein, sich selbst in einem Scheidungsverfahren kuschelnd mit dem neuen Partner oder der neuen Partnerin zu zeigen oder einen teuren und luxuriösen Lebenswandel darzustellen, wenn es um Unterhalt geht. Ebenso sind Dokumentationen über eigene Partyexzesse besser zu unterlassen. Manchmal hilft es, sich auf das Sprichwort "Reden ist Silber, Schweigen ist Gold" zu besinnen – oder im Zweifel etwas einfach besser nicht zu veröffentlichen. (Theresa Kamp, 16.1.2024)