Martin Strecha-Derkics (quergestreift) und Franz Stanzl (längs) hören als Gebrüder Moped auf.
Martin Strecha-Derkics (quergestreift) und Franz Stanzl (längs) hören als Gebrüder Moped auf.
© Christian Fischer

Als Humor im Netz noch meist unfreiwillig entstand, reagierten die Gebrüder Moped mit launigen Bild-Text-Postings auf absurde Auswüchse der heimischen Tagespolitik und machten sich damit schnell einen Namen. Gegründet 2008, wurde aus Franz A. Stanzl und Martin Strecha-Derkics schnell auch auf den Kabarettbühnen ein Fixgestirn im Mittelfeld der heimischen Szene. Sie schrieben zehn Programme, arbeiteten als Gagschreiber für TV-Shows wie Willkommen Österreich, veröffentlichten Bücher wie das Werner Faymann zugedachte Was macht der Kanzler eigentlich beruflich? und Podcasts. Jetzt ist Schluss mit lustig.

STANDARD: Vor Weihnachten kam die Nachricht, die Gebrüder Moped lösen sich auf. Warum?

Stanzl: Wir sind fertig. Die Luft ist draußen. Wir haben über viele Jahre wahnsinnig viel gemacht. Und es war immer eine tolle Arbeit, weil man nicht ins Büro muss und arbeiten kann, wann man will oder eine Idee hat. Wir haben uns breit aufgestellt, und es hat uns getaugt, dass wir mit verrückten Kleinigkeiten ganz gut über die Runden gekommen sind. Aber das hat nach dem Beginn des Ukrainekriegs und der Inflation nicht mehr so funktioniert. Aber man muss ja davon leben können. Da haben wir begonnen, darüber nachzudenken, wie lange wir das noch machen wollen. Und da war bald klar, die Luft ist raus.

STANDARD: Haben Sie sich auseinandergelebt?

Stanzl: Man lebt sich zusammen, das ist das Problem. Man wiederholt sich irgendwann. Es gab gegenüber uns eine gewisse Erwartungshaltung, und wir waren wie Dienstleister, und das habe ich sehr lange gern gemacht. Aber nach 15 Jahren wiederholen sich halt die politischen Ereignisse. Und wir uns. Da haben wir gesagt, dass wir aufhören werden, gemeinsam lustige Sachen nach außen zu bringen. Danke, Krise.

STANDARD: Aber die Krise und die Wiederholung von Themen drehen sonst keine Kabarettistenkarrieren ab, es beflügelt sie eher.

Strecha-Derkics: Aber es wird langweilig. Wir haben eh lange geliefert, aber irgendwann braucht man dann Urlaub von der Innenpolitik.

STANDARD: Und es ging sich finanziell nicht mehr aus.

Strecha-Derkics: Obwohl wir zu zweit waren, haben wir eine Zeitlang sehr gut davon gelebt. Wenn das so geblieben wäre, hätten wir wohl weitergemacht. Denn es sind in den letzten 15 Jahren viele Projekte und Dinge entstanden, von denen ich meinen Enkerln schon erzählen möchte.

STANDARD: Sie sind früh mit Humor im Netz aufgefallen. Wie viel Arbeit bedeutete das?

Stanzl: In der Blütezeit investiert man viel zu viel Zeit, da leidet das Privatleben, worüber man sich aber nicht beschwert, man sucht sich das ja aus. Aber man arbeitet schon jeden Tag, 24/7, ist im Hirn immer dabei. Wir haben oft mit Schnelligkeit gepunktet, zu aktuellen Themen noch am selben Tag T-Shirts gemacht, von denen in zwei Wochen keiner mehr wusste, was sie eigentlich bedeuten. Das hat Spaß gemacht. Die Energie dafür haben wir noch, aber wir haben gespürt, es hakt – und es wäre ein guter Zeitpunkt, das zu beenden.

STANDARD: Ihre Abschiedstour war in kurzer Zeit ausverkauft. Kriegt man da Gedanken, so Tina-Turner-mäßig regelmäßig Reunions und Abschiedstourneen zu veranstalten?

Strecha-Derkics: Aus heutiger Sicht nicht. Aber das sagen alle.

Stanzl: Nein, man schmeißt so eine Marke nicht leichtfertig weg, und wir sind ja nicht abhängig davon. Wir haben nach der Bekanntgabe der Auflösung wahnsinnig viele positive Reaktionen bekommen …

STANDARD: Gibt das zu denken?

Strecha-Derkics: Ja, jetzt, da es vorbei ist, hat es vielen plötzlich sehr gut gefallen.

STANDARD: Warum kamen die Leute nicht mehr so zahlreich wie früher?

Strecha-Derkics: Allein im Fernsehen gibt es heute viel mehr Comedy und Kabarett – und gleich mehrere Generationen davon. Als wir begonnen haben, haben uns ältere Kollegen erzählt, sie haben ein neues Programm zuerst einmal mehrere Wochen im kleinen Niedermair gespielt. Das war schon bei uns nicht mehr so, aber es ging sich aus. Jetzt kommen viele Junge nach, und das ist toll, es ist diverser. Das haben wir im Rahmen unserer Satire immer gewollt und gefordert. Aber dadurch wurde unser Platzerl zu klein, jetzt nehmen andere das ein, und das ist grundsätzlich auch super ...

Stanzl: ... wir haben so lange für mehr Frauen im Kabarett und im TV gekämpft, bis sie uns nicht mehr eingeladen haben – stattdessen eben Frauen.

STANDARD: Kam damit der Entschluss, aufzuhören?

Strecha-Derkics: Das ging schleichend und hat mit Corona begonnen – und sich dann wieder gelegt. Aber es sind nach Corona merkbar weniger Leute gekommen. Und wir waren nie die großen Burner. Dann kam die finanzielle Krise dazu, und da hatten wir den Eindruck, die Leute gehen eher zur Elite, schauen sich ihren Hader an, gehen dazu essen und trinken – und das kostet. Da verzichten sie halt auf die zweiten und dritten Acts.

Stanzl: Und davon gibt es viele. Wir waren immer im Mittelbau, und wenn man mit manchen Kollegen aus dieser Liga spricht, merkt man, die Krise trifft den Mittelbau.

STANDARD: Was wäre, wenn Sie jetzt solo weitermachen würden und wieder im Mittelfeld landen?

Stanzl: Da müsste man immerhin nicht mehr jeden Gewinn durch zwei dividieren. Aber da sind wir noch nicht. Es entwickelt sich gerade einiges, wir haben beide viele Werkzeuge in der Hand, um etwas Neues zu machen.

Strecha-Derkics: Ich würde das Interview ja lieber in einem halben Jahr geben, da gäbe es Konkreteres zu sagen. Ohne ständig ein "wir" zu verwenden.

STANDARD: Wie hat sich denn der Humor verändert durch Youtube, Fernsehen, Social Media?

Strecha-Derkics: Es gab diese gute alte österreichische Kabarettschule, die wichtig ist. Aber die Werkzeuge dafür, sprachlich, vom Aufbau her, das war relativ starr. Das hat sich ziemlich stark verändert.

STANDARD: Aber wenn man Netflix aufdreht und Ricky Gervais, Bill Burr oder Dave Chappelle anschaut, die größten Stars des Fachs, dann machen die Stand-up-Comedy, wie es sie seit Jahrzehnten gibt.

Stanzl: Das gibt es im klassischen Kabarett auch noch: Mann allein im Scheinwerferlicht. Als wir angefangen haben, war Facebook gerade der heiße Scheiß. Netzhumor war noch eher neu, aber heute wird ja auf Privataccounts schon Comedy betrieben, das hat sich extrem verbreitert. Und wenn du die Leute online schon dauernd siehst und ihnen folgst, überlegst du dir halt zweimal, ob du Geld ausgibst, um sie auf der Bühne auch noch anzuschauen.

STANDARD: Auch die Themen kommen und verschwinden sehr schnell.

Stanzl: Ja, wobei erstaunlicherweise waren Witze, die man nach zwei Tagen im Netz schon nicht mehr teilen konnte, weil sie durch waren, ein Jahr später auf der Bühne wieder die Kracher. (Karl Fluch, 13.1.2024)