Der Biathlon-Weltverband ist mit schweren Vorwürfen konfrontiert.
APA/AFP/CHRISTOF STACHE

Mit Beginn des norwegischen Gerichtsverfahrens gegen Anders Besseberg, dem in seiner Zeit als Präsident des Biathlon-Weltverbands (IBU) "korruptes und unethisches" Verhalten mit teuren Uhren, kostenlosen Jagdausflügen, Jagdtrophäen, Diensten von Prostituierten und einem Leasingauto abgegolten worden sein soll, ist auch Klaus Leistner in den Fokus geraten. Gegen den früheren langjährigen Funktionär des Österreichischen Skiverbands (ÖSV) und der IBU wurde und wird seitens der österreichischen Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelt, wie er selbst bestätigt. Im Besseberg-Verfahren soll Leistner per Videokonferenz zugeschalten werden und als Zeuge aussagen, dieser Ladung wird der Jurist "wahnsinnig gerne nachkommen".

STANDARD: Laut der norwegischen Staatsanwaltschaft wird in Österreich auch gegen Sie ermittelt, und zwar nicht wegen Dopings, sondern da stehen Vorwürfe wegen Untreue und Korruption im Raum. Können Sie diese Ermittlungen der WKStA bestätigen?

Leistner: Ich möchte vorweg sagen, dass ich in meinem Leben nie etwas angenommen habe und dass mir auch nie etwas angeboten wurde. Richtig ist, dass man auch gegen mich ermittelt hat. Dass ich dazu auch einvernommen wurde und dass ich, wie ich meine, das, was da in den Raum gestellt worden ist, auch klarstellen konnte.

STANDARD: Dass Sie als Beschuldigter geführt werden, stimmt oder stimmt nicht?

Leistner: Wie das genau bezeichnet wurde, weiß ich nicht. Es ist schon möglich. Sonst wird man ja nicht einvernommen. Ich bin zweimal einvernommen worden, hab auch eine Menge Fragen der Norweger beantwortet, soweit ich das konnte. Da ist es gegangen um eine Geschichte wegen eines Autos für den Herrn Besseberg, die sich aus meiner Sicht als Blödsinn herausgestellt hat. Dass ihm die IBU ein Auto zur Verfügung stellt, hat der IBU-Vorstand schon vor meiner Amtszeit beschlossen und während meiner Amtszeit noch einmal ausdrücklich bestätigt. Damit war das für mich und alle anderen erledigt. Wer das ausgegraben hat, hat sich offenbar nicht erkundigt. Wie gesagt: Ich hab nie etwas angeboten bekommen und auch nie etwas angenommen. Das hat man schon gewusst, daher hat man mir auch nie etwas angeboten. Ich hab auch keine Ahnung, was mir der Herr Besseberg angeboten hätte. Ich bin kein Fischer und auch kein Jäger. Ich weiß nur, jagen kann man nur, wenn es einem der, der das Jagdrecht hat, gestattet. Wenn man die Zustimmung nicht hat, ist man ein Wilderer. Es ist kein elitäres Wissen, dass Herr Besseberg ein Jäger war und diesem Hobby gefrönt hat. Unter welchen Voraussetzungen aber, das entzieht sich jedenfalls einmal meiner Kenntnis.

STANDARD: Hat sich an Ihrer Meinung über Besseberg etwas geändert?

Leistner: Meine Wahrnehmung ist, dass er ein militanter Dopinggegner war. Eine andere Wahrnehmung hab ich nicht. Wobei ich zugeben muss, dass ich von diesem ganzen Thema ja nichts verstehe, es daher auch nicht beurteilen kann.

STANDARD: Laut der Staatsanwaltschaft in Norwegen geht es, abgesehen von möglicher Vertuschung von Dopingfällen, um Verträge der IBU mit Infront, also wohl um Geschäfte mit Marketing- und TV-Rechten. Da steht der Verdacht im Raum, dass Infront sozusagen bevorzugt behandelt worden wäre.

Leistner: Schauen Sie, der Herr Besseberg hat ja weder einen TV-Vertrag abschließen können noch Geld verteilen noch Veranstaltungen vergeben können. Und was die IBU an Verträgen gemacht hat im Bereich der TV-Rechte und des Marketings, hat immer der Vorstand beschlossen. Es war ja auch nicht so, dass es früher so ein G'riss um Biathlonrechte gegeben hätte. Sagen wir so: Der Konkurrenzkampf um diese Rechte war überschaubar.

STANDARD: Wissen Sie, ob Sie jetzt noch als Beschuldigter geführt werden? Oder wurden Sie es und werden es jetzt nicht mehr?

Leistner: Ich bin als Beschuldigter geführt worden, habe aber, denke ich, in den Einvernahmen alles klarstellen können, was da im Raum gestanden ist.

STANDARD: Wird man informiert, wenn man nicht mehr Beschuldigter ist?

Leistner: Das wird man wahrscheinlich auch. Aber ich nehme an, das dauert.

Klaus Leistner: "Ich habe nie etwas angenommen, und mir wurde nie etwas angeboten."

STANDARD: Aber das ist bis jetzt nicht passiert?

Leistner: Das ist bis jetzt nicht passiert.

STANDARD: Es ist also möglich, dass es stimmt, wenn die norwegische Staatsanwaltschaft vor Gericht verliest, dass Sie in Österreich als Beschuldigter geführt werden?

Leistner: Das ist durchaus möglich, ja. Aber wie gesagt, um das zu wiederholen: Ich habe nie etwas angenommen, und mir wurde nie etwas angeboten, weil es eh schon jeder gewusst hat und ich ja nur für die finanzielle Abwicklung der IBU zuständig war. Und während meiner Amtszeit hat sich die finanzielle Situation der IBU erheblich verbessert.

STANDARD: Wann haben die Einvernahmen stattgefunden?

Leistner: Ich glaube, im letzten Herbst, im Herbst 2023. Sie werden sich etwas dabei gedacht haben. Aber wie sich in den Einvernahmen ergeben hat: Das, was da dahergekommen ist, war halt nichts. Also: mal sehen.

STANDARD: Aber eine Hausdurchsuchung hat nicht stattgefunden bei Ihnen?

Leistner: Nein. Was hätte man denn da suchen wollen? Alle Unterlagen, meinen Arbeitsbereich betreffend, waren ja in Salzburg.

STANDARD: Sie stehen auf einer Zeugenliste im norwegischen Verfahren, sollen per Video zugeschalten werden. Werden Sie dieser Ladung nachkommen?

Leistner: Da gibt es einen Termin Ende Jänner, den ich wahnsinnig gerne wahrnehme und wo ich nur auf das verweisen kann, was ich eh schon gesagt habe. Ich werde dort nichts Neues beitragen können. Ich kannte Besseberg zwar lange, aber nicht wirklich gut. Wenn es stimmt, was man liest, dass es Geschenke gegeben hätte und man ihm die Dienste von Damen vermittelt hätte, ist das natürlich kein elegantes Verhalten gewesen. Elegant wäre das nicht gewesen, es fiele sicher unter die Kategorie: tut man nicht. Ich kann es auch nur nachlesen – und mich in dem Fall wundern.

STANDARD: Aber Ihnen sind zum Beispiel nie teure Uhren angeboten worden?

Leistner: Ich war nie ein Adressat für irgendwas. Es mag schon sein, dass man sich das Wohlwollen hochrangiger Vertreter sichern möchte. Aber ich kenn das nicht einmal vom Hörensagen. (Fritz Neumann, 13.1.2024)