Verschaffen die üppigen Staatshilfen Chinas E-Autos einen Wettbewerbsvorteil? Diese Frage stand hinter der Ankündigung der EU-Kommission vergangenen Herbst, die E-Auto-Bauer aus dem Reich der Mitte genauer unter die Lupe zu nehmen – und damit in Kauf zu nehmen, einen Handelskrieg loszutreten, wie Kritiker schnell befürchteten. EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis hatte im September das Vorhaben in der FAZ verteidigt: "Wir wollen unsere Unternehmen, unsere wirtschaftlichen Interessen nachdrücklicher verteidigen, wenn andere nicht nach den Regeln spielen." Es gebe belastbare Hinweise darauf, dass China handelsverzerrende Staatshilfen zahle und dass davon eine Gefahr für die europäische Industrie ausgehe.

Beschäftigte arbeiten im Geely-Werk in Chengdu.
Durch die rosarote Brille will die für Wettbewerb zuständige EU-Kommission die Konkurrenz aus China nicht sehen.
REUTERS/STAFF

Das Argument, die Branche werde auch in der EU subventioniert, ließ Dombrovskis nicht gelten. Die EU-Hilfen seien vor allem Kaufprämien, die den Handel nicht verzerrten. Für andere Hilfen, etwa für Batteriefabriken, setze das EU-Beihilferecht enge Grenzen. Was er damals auch ankündigte: Treffen könne das Prüfverfahren gegen China auch nichtchinesische Hersteller, die dort produzieren. Danach sieht es zumindest derzeit nicht aus.

Nach Angaben der Europäischen Kommission befinden sich die Ermittlungen in der Anfangsphase, berichtet dieser Tage die Nachrichtenagentur Reuters. Demnach erhalten zunächst einmal die chinesischen Autobauer BYD, Geely und Saic Besuch von Inspektoren. Die im Oktober eingeleitete Untersuchung sei auf dreizehn Monate angesetzt, sagten mit der Angelegenheit vertraute Personen gegenüber Reuters. Mit Besuchen vor Ort sollen die Inspektoren überprüfen, in welchem Ausmaß die E-Auto-Bauer in China von staatlichen Subventionen profitieren.

Subventionierter Boom

China hat erstmals 2016 Subventionen für Elektrofahrzeuge eingeführt. Eigentlich hätten sie auslaufen sollen. Aufgrund der sich verschlechternden wirtschaftlichen Situation wurden die Hilfen aber im Sommer vergangenen Jahres verlängert. Seit Anfang 2023 tobt zudem ein Preiskampf, der vom US-Elektroautobauer Tesla ausgelöst wurde. Die Preisnachlässe und die Subventionen sorgten dafür, dass das Feuer für die E-Mobilität nicht erlosch.

Seit 2018 hat sich die Produktion von E-Autos verfünffacht. Die Verkäufe rein batteriebetriebener Fahrzeuge stiegen im vergangenen Jahr um gut ein Fünftel. Die Ausfuhren aller Pkws schnellten gar um 62 Prozent auf den Rekordwert von 3,83 Millionen Fahrzeugen. China dürfte damit Japan als weltgrößten Autoexporteur überholt haben.

Einen wesentlichen Anteil an dem – wohl auch künstlich befeuerten – Exportboom haben Chinas E-Auto-Bauer. Allein BYD verkaufte rund drei Millionen Stromer, knapp 62 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Zu den bekanntesten nach Europa exportierten E-Autos gehören daneben die einst britische Marke MG von Saic und der zu Geely gehörende schwedische Autobauer Volvo samt der E-Auto-Marke Polestar. Die Kehrseite des Booms: Ohne die Subventionen aus Peking könnten viele Autobauer gar nicht überleben. (Regina Bruckner, 16.1.2024)