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Trotz Unternehmensbeteiligungen in Multimilliardenhöhe galt die Muttergesellschaft Signa Holding als "kleine GmbH".
Regine Hendrich

Immobilien in den besten Lagen, Anteile an Handelsriesen wie Galeria Karstadt Kaufhof: Die Signa Holding, die Muttergesellschaft im Imperium von René Benko, versammelte unter ihrem Dach Unternehmensbeteiligungen in Multimilliardenhöhe. Im Firmenbuch legte die Gesellschaft aber dennoch keine von Wirtschaftsprüfern abgesegnete Bilanz vor. Der Grund: Zum einen wurde die Signa Holding als "kleine GmbH" ins Firmenbuch eingetragen. Zum anderen galt sie aus Sicht der Signa-Verantwortlichen nicht als Mutter des Konzerns.

"Kleine GmbH"

Ob eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) im Firmenbuch als "klein" gilt, hängt von drei Schwellenwerten ab. So darf das jeweilige Unternehmen etwa nicht mehr als 50 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigen, nicht mehr als zehn Millionen Euro Umsatz pro Jahr erwirtschaften und keine Bilanzsumme von mehr als fünf Millionen Euro aufweisen. Davon gibt es jedoch eine Ausnahme: Die Gesellschaft darf einen der Werte uneingeschränkt überschreiten, solange sie bei den anderen beiden darunterbleibt.

Bei der Signa Holding war das aus Sicht der Verantwortlichen der Fall: Die GmbH hatte aufgrund ihrer Beteiligungen zwar eine Bilanzsumme in Milliardenhöhe, beschäftigte aber weniger als 50 Mitarbeitende und machte laut den offiziellen Angaben weniger als zehn Millionen Euro Umsatz. Damit habe sie als "kleine GmbH" gegolten – mit allen bilanzrechtlichen Vorteilen.

Kein Konzernabschluss

Denkbar ist diese Spezialkonstellation im Prinzip nur bei Muttergesellschaften, die zwar millionenschwere Ausschüttungen von ihren Tochtergesellschaften bekommen, aber selbst kaum Umsatz generieren. Muttergesellschaften, die mehrere Tochtergesellschaften kontrollieren, wären zwar ihrerseits dazu verpflichtet, einen geprüften Konzernabschluss vorzulegen – doch auch hier fand die Signa Holding offenbar einen juristischen Ausweg.

Die Holding war aus Sicht der Verantwortlichen nämlich offiziell keine Konzernmutter. Wäre das der Fall gewesen, hätte die GmbH nicht nur einen Aufsichtsrat gebraucht, sondern wäre auch prüfpflichtig gewesen. Zudem hätte sie eine konsolidierte Konzernbilanz erstellen müssen, damit die wirtschaftlichen und finanziellen Verflechtungen zwischen den einzelnen Konzerngesellschaften transparent werden.

Bei der Signa war das aufgrund der bilanzrechtlichen Kniffe nicht der Fall. Zwar legten die großen Tochtergesellschaften Signa Prime und Signa Development jeweils geprüfte, konsolidierte Konzernabschlüsse vor, nicht aber die Signa Holding. Das macht den Überblick schwierig – vor allem für die Sanierungsverwalter, die sich in den Insolvenzverfahren durch ein Wirrwarr an gegenseitigen Krediten zwischen den verschiedenen Signa-Gesellschaften wühlen müssen.

Höhere Strafen?

Nicht zuletzt hat die Signa Holding auch die einfachen Jahresabschlüsse verspätet beim Firmenbuch hinterlegt. Jene der vergangenen drei Jahre trudelten erst im Herbst 2023 gesammelt ein. Das Justizministerium unter Alma Zadić (Grüne) und Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) fordern nun deutlich höhere Strafen für Unternehmen, die bei der Veröffentlichung ihrer Bilanzen säumig sind. (Jakob Pflügl, 15.1.2024)