Eine Baustelle mit abgerissenen Signa-Abdeckungen
In den Jahresabschlüssen 2022 der Signa Prime und der Signa Development wurden schon gesunkene Überschüsse ausgewiesen, die Manager bekamen trotzdem höhere Boni.
Imago/Michael Gstettenbauer

Im Mai 2023 schien noch alles ganz gut zu laufen: "Sofern sich der Immobilienmarkt in naher Zukunft wieder erholt und eine Rezession in Europa abgewendet werden kann, kann wieder mit gesteigerten Jahresüberschüssen gerechnet werden", hieß es im Lagebericht zum Jahresabschluss 2022 der Signa Prime Selection AG – und damit jener Gesellschaft, die jüngst Insolvenz anmelden musste. Signa Prime und (die ebenfalls insolvente) Signa Development sind die beiden Filetstücke der Signa-Immobiliengruppe; zur Prime ressortieren bekannte Immobilien wie die Postsparkasse oder das Goldene Quartier in Wien, die Elbtower-Baustelle in Hamburg oder das Kaufhaus KaDeWe in Berlin. Der oben angesprochene Jahresüberschuss (Ergebnis nach Steuern) lag bei knapp 75 Millionen Euro (nach fast 400 Millionen im Jahr davor), wie sich aus dem Rechenwerk erschließt, das von der KPMG geprüft wurde.

Investorengeld hat die Signa Prime damals, 2022, noch gefunden: Im Rahmen einer Kapitalerhöhung hat sie sich 750 Millionen Euro geholt. Nach der Signa Holding war die Kühne Holding des gleichnamigen deutschen Logistikunternehmers mit zehn Prozent zweitgrößte Aktionärin. Die Pläne, die damals festgeschrieben wurden: Die Prime wolle sich auf ihr bestehendes Portfolio konzentrieren, eines der Hauptaugenmerke sollte auch auf die "Optimierung der Finanzierungsstruktur" gelegt werden, um das Risiko von Zinsänderungen "weiter einzudämmen und Anschlussfinanzierungen zu optimalen Bedingungen aufzustellen". Gekommen ist es bekanntlich ganz anders, Prime und Development haben vorige Woche Insolvenz angemeldet, es läuft ein Sanierungsverfahren in Eigenverwaltung. Die Signa Holding braucht ehebaldigst 350 Millionen Euro, um die Vorstandsmitglied und Sanierer Erhard Grossnigg die Investoren kurz vor Weihnachten gebeten hat. Fixe Zusagen hat er dafür noch nicht in der Tasche, Hans Peter Haselsteiner macht allerdings freundliche Nasenlöcher, und auch die deutsche RAG Stiftung denkt über die Einladung nach. Sie hält fünf Prozent an der Prime und 3,28 Prozent der Anteile der Development. Und sie hat Ende des Vorjahres knapp 25 Prozent der Tuchlauben GmbH gekauft, die zum Goldenen Quartier gehört.

Sonderprämien für Manager

Die für die Prime wichtigen Erträge aus Beteiligungen sind im Jahr 2022 von fast 500 Millionen auf 205 Millionen Euro gesunken – dafür ist der Personalaufwand ziemlich in die Höhe gerauscht, von 7,5 Millionen auf 23,6 Millionen Euro. Der Hauptgrund dafür: Die Gesamtbezüge des vierköpfigen Vorstands unter Timo Herzberg (von ihm hat sich die Signa vor kurzem getrennt) wuchsen von 2,7 Millionen auf mehr als 20 Millionen Euro. Rund 6,5 Millionen Euro davon entfielen auf variable Bezüge und 12,6 Millionen auf "Teilprämien für laufende Projekte" – Letztere hatte es im erfolgreicheren Jahr davor gar nicht gegeben. Im Vergleich dazu fiel die Bezahlung der zehn Aufsichtsratsmitglieder unter dem Vorsitzenden Alfred Gusenbauer und seinem Stellvertreter Karl Stoss gering aus: Ihre Vergütung betrug in Summe 860.000 Euro nach 761.500 Euro im Jahr davor; Sitz und Stimme haben dort beispielsweise auch Karl Sevelda oder Susanne Riess-Hahn.

Bei der für Projektentwicklung und Immobilienverwertung zuständigen Signa Development Selection AG, deren Jahresüberschuss 2022 bei 125 Millionen gelandet ist, war es etwas weniger. Dort bekamen die fünf Vorstandsmitglieder (Herzberg war auch da Vorsitzender des Gremiums) insgesamt 9,8 Millionen Euro und damit um rund sechs Millionen mehr als im Jahr davor. Und auch da wurden "Teilprämien für laufende Projekte" bezahlt: fast sieben Millionen Euro. Im Jahr 2021, das ja besser gelaufen war, hatte es diese Prämie nicht gegeben. Die sechs Aufsichtsratsmitglieder wie Gusenbauer (führt den Vorsitz), Sevelda, Christoph Stadlhuber oder Susanne Riess-Hahn und der Finanzvorstand der deutschen RAG Stiftung bezogen eine Vergütung von insgesamt 580.000 Euro, nach 500.000 Euro im Jahr davor.

Geldbeschaffungsgesellschaft eingekauft

Auch die Development hat sich 2022 wie berichtet noch eine Kapitalerhöhung geholt: 200 Millionen Euro. Und auch ihre Pläne waren laut dem im Mai 2023 von der KPMG fertiggestellten Prüfbericht zum Jahresabschluss hochfliegend: Die Gesellschaft, die damals 36 Projekte betreute, werde in den nächsten zehn Jahren rund 1,3 Millionen Quadratmeter an Nutzflächen fertigstellen und damit einen Entwicklungswert von brutto rund acht Milliarden Euro realisieren. Ein Ziel, das schwer zu erreichen sein dürfte.

Bis vor kurzem hatte der Prime-Konzern laut Lagebericht zum Jahresabschluss für die Beschaffung und das Management von Fremdkapital übrigens einen externen Dienstleister beschäftigt – Ende 2022 hat Signa Prime die Anteile an dieser Gesellschaft in Deutschland und in der Schweiz gleich selbst gekauft. Die Anteile am österreichischen Zweig wollte man 2023 erwerben; ob das dann auch geschah, ist offen. Die finanziellen Verpflichtungen der Prime sind weitreichend: Sie hat seit 2014 zwölf Tranchen an Genussrechten platziert, die zu bestimmten Anteilen am Gewinn berechtigen. Die längste, bei der es um 100 Millionen Euro geht, läuft von 2021 bis Ende 2041 und ist mit sieben Prozent verzinst. Insgesamt geht es dabei um rund 1,6 Milliarden Euro. (Renate Graber, 8.1.2024)