Donald Trump mit einer roten Baseballkappe, auf der
Ex-Präsident Donald Trump warb für Hydroxychloroquin als Heilmittel gegen Corona und nahm die Tabletten sogar präventiv ein.
APA/AFP/REBECCA DROKE

Donald Trump hat realistische Chancen, wieder Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika zu werden. Trotz – manche vermuten sogar: wegen – seiner umstrittenen bis kriminellen Tätigkeiten. Von seiner Rolle beim Sturm aufs Kapitol bis hin zu Wirtschaftsbetrug leistet er sich vieles, was andere Kandidatinnen und Kandidaten längst zum Rücktritt veranlasst hätte. Darunter waren auch gesundheitsgefährdende Aussagen. So schwor er zu Beginn der Corona-Pandemie auf das Medikament Hydroxychloroquin. Es wird eigentlich zur Prophylaxe und Behandlung von Malaria verwendet sowie gegen Rheuma und Lupus. Trump sagte angesichts der Wirksamkeit der Tabletten gegen Covid-19: "Ich denke, das könnte etwas Unglaubliches sein."

Seine Überzeugung war offenbar so groß, dass er das Mittel 2020 vorbeugend gegen Covid-19 einnahm und auf Twitter Heilsversprechen teilte. Doch das Medikament stellte sich nicht nur als nicht wirksam gegen Covid heraus: Die Nebenwirkungen waren mitunter lebensgefährlich. Laut einer Metastudie zu streng überwachten klinischen Tests des Medikaments führten sie zu Todesfällen. Einer aktuellen Berechnung zufolge erhöhte Hydroxychloroquin die Mortalität um elf Prozent. Die damit behandelten Patientinnen und Patienten hatten also eine um elf Prozent höhere Wahrscheinlichkeit, an der Viruserkrankung zu sterben, wenn sie das Malariamedikament bekamen. Das schreibt eine französische Forschungsgruppe um Jean-Christophe Lega von der Universität Lyon im Fachjournal "Biomedicine & Pharmacotherapy".

Hohe Dunkelziffer

Die Forschungsgruppe schätzt, dass rund 17.000 Covid-19-Erkrankte in sechs Ländern infolge einer Behandlung mit Hydroxychloroquin verstarben. Das leiten sie von Probandinnen und Probanden ab, die von März bis Juli 2020 an 44 klinischen Tests in den USA, Spanien, Frankreich, Belgien, Italien und der Türkei teilgenommen hatten. Dabei wurde geprüft, ob das Mittel wirksam und sicher bei einer Anwendung gegen Corona sein kann. Die Dunkelziffer dürfte wesentlich höher sein. Nachdem es unter anderem durch Donald Trump und den damaligen brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro prominent bekannt gemacht worden war, wurde es zu Beginn der Pandemie so häufig verschrieben, dass es zu Lieferengpässen kam.

Hydroxychloroquin-Tabletten
Hydroxychloroquin sollte nur auf ärztliche Empfehlung hin eingenommen werden.
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Zugelassen war Hydroxychloroquin für die Anwendung bei Corona nicht, es handelte sich also um einen Off-Label-Use. Auch Österreich wurden die Tabletten ab April 2020 für den Kampf gegen Corona im Rahmen klinischer Studien zugesichert. Zunächst hatte es einen Hinweis darauf gegeben, dass das Mittel das Virus an der Vermehrung hindert. Die US-amerikanische Behörde für Lebens- und Arzneimittel FDA erteilte damals sogar eine Notfallzulassung, die aber im Juni zurückgezogen wurde. Im Laufe des Jahres erschienen immer mehr Analysen, die zeigten: Hydroxychloroquin kann bei Covid-19 nicht helfen und sogar schwere Schäden anrichten.

Von Beginn an hatten Medizinerinnen und Mediziner gewarnt, dass nichts über eine etwaige Wirksamkeit bekannt sei und man die Risiken beachten müsse. Das Medikament kann Herzrhythmusstörungen verursachen und im Ernstfall zu Herzversagen führen. Auch vor neurologischen Störungen wurde gewarnt. Eine Überdosierung kann ebenfalls tödliche Folgen haben. Im Zuge der Studien an Betroffenen, die im Spital behandelt wurden, konnte die Dosis kontrolliert auf kritische Vorfälle schnell reagiert werden. Gefährlicher ist die Lage freilich, wenn man sich Hydroxychloroquin für die Anwendung daheim verschreiben lässt (oder im Darknet kauft), also wenn die kontrollierten Bedingungen fehlen.

Fragwürdige Tipps

Die vielfache Anwendung schadete also nicht nur Personen, die aufgrund anderer Krankheiten auf Hydroxychloroquin angewiesen waren und das vergriffene Mittel nicht mehr bekamen. Die Fachleute hinter der neuen Studie schätzen, dass in den USA allein im Zuge der klinischen Tests etwa 13.000 Personen durch die Anwendung des Medikaments bei Covid-19 starben sowie rund 2.000 Personen jeweils in Italien und Spanien. In der Türkei, in Belgien und in Frankreich dürften es rund 100 bis 250 Personen gewesen sein. Studienautor Lega betonte gegenüber dem Fernsehsender France 3, dass es sich um eine grobe Schätzung für wenige Länder und einen kurzen Zeitraum handle. Man müsse sich auch darüber im Klaren sein, "dass die Gesamtzahl der Todesfälle wahrscheinlich viel höher ist".

Die französischen Fachleute folgern daraus, dass man künftig vorsichtiger sein solle, wenn bekannte Präparate gegen neue Erreger eingesetzt werden und die Datenlage begrenzt sei. Neu auftretende Erkrankungen machen es demnach nötig, schnell aussagekräftige Ergebnisse aus klinischen Studien zu bekommen.

Auch andere Mittel, die als wirkungsvoll gegen Covid-19 gepriesen wurden, haben sich schnell als problematisch herausgestellt. Das gilt etwa für Ivermectin, das gegen Parasiten wirkt und vom heutigen FPÖ-Obmann Herbert Kickl beworben wurde. Gesundheitstipps, denen die wissenschaftliche Grundlage fehlt, schadeten erwiesenermaßen vor allem Fans von Donald Trump: Laut einer 2023 veröffentlichten Studie waren Trump-Wählerinnen und -Wähler besonders gefährdet, an Corona zu sterben. Das dürfte daran gelegen haben, dass sie wirksame Maßnahmen gegen Infektionen eher verweigerten. Trump hatte sich selbst lange geweigert, eine Schutzmaske zu tragen. Und Hydroxychloroquin hatte sich ebenfalls als fragwürdiger Wirkstoff herausgestellt. (sic, 17.1.2024)