Erbil, die Hauptstadt der kurdischen Autonomieregion im Nordirak, hat eine blutige Bombennacht erlebt: Die iranischen Revolutionsgarden griffen mit zehn ballistischen Raketen Ziele an, die laut Teheran als "Spionagezentren" antiiranischer Gruppen fungierten. Die Behauptung, der israelische Geheimdienst Mossad sei in Kurdistan stationiert, erhebt der Iran regelmäßig. Dass als Rechtfertigung unter anderem die Vergeltung für das Attentat des "Islamischen Staats" (IS) in der iranischen Stadt Kerman genannt wurde, passt zu diesem iranischen Narrativ: Demnach stecken hinter dem IS in Wahrheit ohnehin die USA und Israel.

Die nordirakische Stadt Erbil war Ziel eines Raketenangriffs des Iran.
EPA/GAILAN HAJI

Die iranischen Raketen trafen keine US-Einrichtungen, sie kamen dem neuen US-Konsulat in Erbil aber sehr nahe. Parallel zur Verurteilung betonte Washington, dass unter den Opfern keine US-Bürger seien: Noch widerstehen beide Seiten, einen direkten US-iranischen militärischen Schlagabtausch für eröffnet zu erklären. Auch der Iran hatte gegen die US-Angriffe auf militärische Stellungen der Huthis im Jemen vorige Woche zwar gewettert, aber selbst nicht weiter eskaliert.

Zumindest vorerst nicht: Dass der Iran nicht nur seine Stellvertreter – die im Irak reichlich vorhanden sind – vorschickt, sondern selbst Hand anlegt, ist beunruhigend. Noch waren es nur Ziele "bei" US-Einrichtungen. Aber der Eindruck besteht, dass beide Seiten auf einen offenen Konflikt zusteuern. (Gudrun Harrer, 16.1.2024)