Sie nennen sich Ameno-Girls und tragen kleinflächige Knautschlack-Outfits in Rot-Gelb: Aurelia van Kempen, Desi Bonato, Jessica Comis und Eva Sommer (v. li.). Dass sie hier
Sie nennen sich Ameno-Girls und tragen kleinflächige Knautschlack-Outfits in Rot-Gelb: Aurelia van Kempen, Desi Bonato, Jessica Comis und Eva Sommer (v. li.). Dass sie hier "Knochenarbeit" leisten, sieht man an der Form ihrer Hosenträger.
Daniel Rajcsanyi

Eines der Gauklersymbole, die sich die Performerinnen von ZAK (Zentrum für antidisziplinäre Kunst) maßgeschneidert haben, ist der vorn an den Zehen zu einer Spitze lustig aufgerollte Gauklerschuh. Aber weil es sich beim ZAK-Ensemble um keine gewöhnlichen Gauklerinnen handelt, erkennt man hier am Schuh bei genauer Betrachtung eine sich provokant aufrichtende Schlange. Gift wird dennoch nicht verspritzt. Vielmehr ist das neue Stück Piece of Love im Theater Drachengasse ein heiteres Sammelsurium von bildnerischen Artefakten, die von den vier Performerinnen plus jeweils einer Gastperformerin stolz zur Schau gestellt werden.

Kein Wunder, sind die Exponate doch im Verlauf einer einjährigen Nutzung des ehemaligen Wiener Bordells Tête-à-Tête entstanden und dementsprechend umfänglich. Sogar die Backstage-Räume des Theaters mussten dafür geöffnet werden. Bevor es losgeht, spaziert das Publikum also erst einmal durch eine Ausstellung. Und sieht Dinge, die dann bei der Performance zum Einsatz kommen. Dazu gehören etwa Hühnerhaut-Handtaschen (eh aus Latex), die die bildende Künstlerin und ZAK-Heroin Aurelia von Kempen kreiert hat.

Theaterferne Veranlagung

Auch Jessica Comis ist Akademie-Studentin und begreift Performance als idealen Vermittlungsweg für ihre bildnerischen Ideen. Das Besondere an ZAK ist also die theaterferne Veranlagung, das Ignorieren aller Codices und Gewohnheiten der Theaterbühne, um bildender Kunst im weiteren Sinn Raum zu verschaffen. Dabei täte ein dramaturgischer Blick noch ganz gut. Zu viert – mit Desi Bonato und Eva Sommer – formieren sie sich als Ameno-Girls, die eine dem Branding des Erdölkonzerns Shell (Muschel!) ähnelnde Fantasiewelt in Gelb-Rot bewohnen.

Ist das Kritik an kapitalistisch getriebener Rohstoffausbeutung (synchron zur Liebesausbeutung im Bordell)? Zumindest ist sie noch nie so provokant arglos dahingeplätschert, eingerahmt von Pyjamaparty und Bloody-Mary-Mixen plus frohlockendem Soundtrack.

Außenstehenden, die nicht in der Tête-à-Tête-Bar dabei waren, muss vieles rätselhaft erscheinen. Denen bleibt immerhin die aus Pappwänden errichtete "Tête Modern" (haha) – und das Programmheft. Piece of Love erinnert an Theaterinstallationen im Stile Vegard Vinges, minus Schrecken und minus Dauer. Das heißt, man sollte dranbleiben. (Margarete Affenzeller, 19.1.2024)