Der Mars erscheint heute als unwirtlicher und staubtrockener Planet, das war er aber nicht immer. Vor etwa 3,5 Milliarden Jahren war unser Nachbarplanet der Erde gar nicht so unähnlich: Eine dichtere Atmosphäre schützte den Mars vor der lebensfeindlichen UV-Strahlung der Sonne, die Temperaturen waren höher als heute – und es gab Flüsse und Seen auf der Oberfläche, deren Spuren noch zu sehen sind. Heute kann sich auf dem Marsboden kein flüssiges Wasser mehr halten, immerhin gibt es an den Polen aber noch Eiskappen aus Kohlendioxid und Wassereis. Ob es unter der mächtigen Südpolkappe auch flüssiges Salzwasser geben könnte, wird seit einigen Jahren kontrovers diskutiert.

Nun gibt es starke Hinweise auf andere gigantische Wasserreserven auf dem Mars: Wie Daten der europäischen Sonde Mars Express nahelegen, könnten sich unter einer dicken Schicht aus Staub und vulkanischer Asche in der Formation Medusae Fossae am Marsäquator enorme Eismassen befinden. Das Volumen würde ausreichen, um das Rote Meer zu füllen, hieß es von der Europäischen Weltraumorganisation (Esa) – oder den gesamten Mars mit einer bis zu 2,7 Meter tiefen Wasserschicht zu fluten.

Meduase Fossae
Vieles spricht dafür, dass es sich bei Ablagerungen unter einer dicken Staubschicht in der Formation Medusae Fossae um Eis handelt.
Esa/Planetary Science Institute/Smithsonian Institution

Verräterische Radaraufnahmen

Medusae Fossae ist eine riesige geologische Formation, die vulkanischen Ursprungs ist und aus leicht erodierbaren Ablagerungen besteht, hauptsächlich aus Vulkangestein, Staub und Asche. Durch starke Erosionsprozesse erscheint die Oberfläche der Formation, die sich über mehr als 5.000 Kilometer am Übergang zwischen den Hoch- und Tiefebenen des Mars entlang des Äquators erstreckt, ungewöhnlich glatt.

Schon 2007 deuteten erste Untersuchungen mit der 2003 gestarteten Raumsonde Mars Express auf massive, bis zu 2,5 Kilometer dicke Ablagerungen im Untergrund der Formation hin. Unklar war jedoch, worum es es sich dabei handelt: Einige Forschende mutmaßten bereits damals, dass sich dort Eis befinden könnte, andere gingen eher von vulkanischem Material und Sedimenten aus. Neue Radaraufnahmen von Mars Express sprechen nun deutlich stärker für die Eisvariante.

Eumenides Dorsum,
In dieser Region mit dem Namen Eumenides Dorsum dürfte sich die dickste Eisschicht befinden.
Caltech/JPL Global CTX Mosaic of Mars/Smithsonian Institution

"Wir haben festgestellt, dass die Ablagerungen noch dicker sind, als wir dachten: bis zu 3,7 Kilometer dick", sagte Thomas Watters von der Smithsonian Institution in Washington, D.C., der schon 2007 an der Erforschung der Formation beteiligt war. "Außerdem stimmen die Radarsignale mit denen überein, die wir von geschichtetem Eis erwarten würden, und sie ähneln den Signalen, die wir von den Polkappen des Mars kennen, die bekanntlich sehr eisreich sind."

Medusae Fossae Formation
Die Lage der mutmaßlichen Eisvorkommen in Äquatornähe ist für künftige Marsmissionen interessant.
Esa

Wertvolle Ressource

Würde es sich bei den Ablagerungen nur um Staub und Sedimente handeln, wäre zu erwarten, dass sich das Material im Lauf der Zeit unter seinem eigenen Gewicht verdichtet – die gemessene Dichte passt nicht zu diesem Szenario. Auch Modellierungen mit anderen Materialien brachten nicht die Eigenschaften, die Mars Express beobachtet hat, berichtete Andrea Cicchetti vom Nationalen Institut für Astrophysik in Italien. Man brauche Eis, um zu diesem Ergebnis zu kommen.

Für künftige Marsmissionen könnten die Eisreserven von Medusae Fossae äußerst wertvoll sein. Astronautische Missionen müssten in der Nähe des Marsäquators stattfinden, fernab der eisigen Pole. Wasser ist für sie eine unverzichtbare Ressource, nicht nur zum Trinken. Daraus lassen sich Sauerstoff und Treibstoff gewinnen, die nicht von der Erde mitgebracht werden müssten. Einfach zu heben wäre der eisige Schatz aber nicht: Er liegt unter hunderten Metern Staub begraben. (David Rennert, 20.1.2024)